Auf dem Weg in die Ökodiktatur?

1993 veröffentlichte der Journalist und Autor Dirk C. Fleck das Buch "GO! Die Ökodiktatur" und zieht jetzt angesichts des drohenden ökologischen Kollapses im Interview Bilanz

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1993 veröffentlicht der Journalist und Autor Dirk C. Fleck den Roman "GO! Die Ökodiktatur" mit dem vielsagenden Untertitel "Erst die Erde, dann der Mensch". Das Buch ähnelt mehr einem Sachbuch, da es faktenreich über eine mögliche Diktatur der nahen Zukunft berichtet. Die Ökodiktatur entsteht, da es angesichts des ökologischen Kollapses der Erde keine Alternative zu geben scheint. Die Borniertheit und Unachtsamkeit der Bevölkerung, von Ausnahmen abgesehen, bringt eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern dazu, das Regiment zu übernehmen.

Rechtfertigen katastrophale Zustände eine Diktatur und wie sieht eine solche aus? Sind wir möglicherweise bereits auf dem Weg in eine solche? Der Autor Dirk C. Fleck zeigt in einem langen Telefonat unsere Ängste auf. Wer sich mit dem Klimawandel und mehr noch: mit Ökologie beschäftigt, sieht die Dringlichkeit zum Handeln. Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt.

Wenn Leser heute den Titel Ihres Romans "GO! Die Ökodiktatur" hören, werden viele direkt Verbindungen zum jetzigen Zustand ziehen. Wie sehen Sie das?

Dirk C. Fleck: Diese Frage bekomme ich in letzter Zeit öfter gestellt. Die Leute stellen häufig eine Verbindung her. Ich glaube, dass Ökologie bei Corona keine Rolle spielt. Um ehrlich zu sein, habe ich meine Probleme mit der aktuellen Krise.

Können Sie das noch ausführen?

Dirk C. Fleck: Mich erschreckt, dass die Leute das so einfach annehmen. Sie stellen all jene in eine Ecke, die ihren Verstand walten lassen und dagegen protestieren. Das heißt, das Denunziantentum wird hoffähig gemacht. Da gibt es eine Parallele zur "Ökodiktatur". In dem Roman werden nämlich Menschen, die elektrischen Strom nach 22 Uhr abends benutzen, denunziert und bekommen für jede Denunziation einige Kilowatt Stunden Strom zusätzlich. Da gibt es wie gesagt Parallelen in der Obrigkeitshörigkeit der Deutschen. Wie es in anderen Ländern ist, weiß ich nicht, aber zumindest in Deutschland funktioniert es.

Es wird damit argumentiert, dass aufgrund der aktuellen Gefahrenlage diese Maßnahmen dringend erforderlich sind.

Dirk C. Fleck: Ja, das Alibi funktioniert. Es funktioniert, weil man dadurch Angst sät, und Angst ist etwas, das viele Menschen erstarren lässt. Widerstand ist dann auf diese Art und Weise nicht mehr möglich. Das Erschreckende ist, dass dieses Narrativ der Pandemie widerspruchslos hingenommen wird.

Wie zeigt sich diese Gedankenlosigkeit?

Dirk C. Fleck: Die Menschen lassen es mehrheitlich zu, dass der Staat willkürlich unsere Gesichter verunstaltet, dass sie uns nicht mehr richtig atmen lassen. Ich kann mit dem Ding zum Beispiel nicht richtig atmen. Aber wenn ich im ICE sitze und die Nase für einen Moment freimache, steht das ganze Abteil auf, wie mir neulich geschehen ist. Da schreit die eine: Warum ich denn Menschenleben gefährde? Und die anderen schreien, dass die Maßnahmen auch für mich gelten. Ein Dritter will die Polizei holen. Man kann sich das gar nicht schlimmer vorstellen.

Was Sie gerade schildern, findet sich auch in Ihrem Roman aus den neunziger Jahren so wieder.

Dirk C. Fleck: Ja. Da lässt sich der Vergleich durchaus ziehen. Die Ökodiktatur hat ein klar formuliertes Ziel, das das Publikum zwar drangsaliert, aber auch klar mitgeteilt wird: Ökologisch schädigende Aktivitäten sind zu unterlassen! In der Coronakrise wird aber nichts mitgeteilt! Warum macht es niemand stutzig, dass es weltweit zur selben Zeit gleichermaßen gehandhabt wird? Wie gesagt, ich halte es für ein gesellschaftspolitisches Experiment.

Von regierungspolitischer Seite wird das Argument der Verschwörungstheorie angebracht. Seit langem ist das ein "Totschlagargument". Wenn Sie etwas gegen den allgemeinen Beschluss der Pandemie sagen, können Sie in gefährliche Nähe zu diesen Theorien kommen.

Dirk C. Fleck: Das ist schon richtig, aber das kann man dann nicht verhindern. Dass sehr vieles als Verschwörungstheorie bezeichnet wird, hat sich ja verselbstständigt. Das macht inzwischen fast jede Zeitung aus dem Mainstream, um Antworten auf gewisse Fragen im Diskurs unmöglich zu machen. Das ist das Tragische an dieser Situation, dass die Diskussionskultur, die mal ein wesentlicher Teil der Demokratie war, abgeschafft wird. Es ist nicht mehr möglich, über Corona zu diskutieren. Entweder ist man ein braver Staatsbürger oder man wird ins Abseits gestellt. Welche Argumente man dabei anführt, die werden überhaupt nicht mehr gehört oder untersucht.

Das verbindet sich gut mit Ihrem Roman. Die handelnden Figuren sind uneindeutig. Die Lage spitzt sich zu und die Menschen müssen sich dazu positionieren. Es geht gar nicht anders!

Dirk C. Fleck: Wir befinden uns in einer ganz bestimmten Sachlage. Ich habe das hochgerechnet, wie gerade der Ausverkauf aller Lebensgrundlagen betrieben wird. Daher habe ich mir einen politischen Notwehrreflex vorzustellen versucht, dem ökologischen Kollaps Einhalt zu gebieten. Das ist auch eine Illusion. Das wird so nicht passieren. In meinem Buch schließen sich internationale Wissenschaftler kurz und legen das weltweite Computersystem lahm. Das führt dann zu einem Zusammenbruch aller Systeme und auf dieser Basis haben sie ihre Diktatur errichtet. Dort gelten nur zehn Grundgesetze. Das ist, wenn man so will, im Ansatz zu begrüßen, wenn man jetzt vom Jahr 2050 ausgeht. Aber natürlich führt dann eine Diktatur - das ist es ja zweifellos - zu solchen Auswüchsen.

Welche Auswüchse meinen Sie?

Dirk C. Fleck: Zu Willkür und Unmenschlichkeit. Wenn man mit Soldaten hantieren muss, die einen Chip implantiert bekommen, um auf Befehl töten zu können, dann ist das natürlich erschreckend. Inzwischen ist das durchaus denkbar. Ich konnte mir damals gar nicht vorstellen, wie schnell sich die Realität diesem Roman annähert. Die Implantierung von Chips ist schon ziemlich weit vorangeschritten und wird vor allem kritiklos angenommen, in Skandinavien zum Beispiel. Wenn man sich dann vorstellt, dass alles durch diese Techniken möglich ist, dann ist man nah dran an dem, was ich in der "Ökodiktatur" versucht habe, zu beschreiben.

"Brauchen wir eine Ökodiktatur? Ja, sofort. Her damit!"

Die Soldaten sind dann Cyborgs. Durch dieses Enhancement in der Technologie sind sie im Vorteil zu den Menschen, die "rein" biologisch sind.

Dirk C. Fleck: Wobei häufig vergessen wird, wenn über das Buch gesprochen wird, dass der Staat den Bürgern einen Erneuerungsweg einräumt: In den sogenannten Meditationskommunen kann man ein alternatives Leben entwickeln, ohne natürlich die Grundgesetze zu verletzen, aber dort ist man autark. Dort greift der Staat nicht ein. Wenn sich irgendwo eine Gemeinde oder eine Gesellschaft meldet, dann bekommt sie ein Gebiet zugesprochen, auf dem sie sich selbstständig verwirklichen kann. Das sind die sogenannten Meditationskommunen. Diesen Ausweg habe ich in der "Ökodiktatur" inszeniert, weil es darum geht, die Menschen wieder an ihr altes Wissen anknüpfen zu lassen. Ihnen bewusst zu machen, wie wunderbar die Schöpfung ist, was es zu verteidigen gilt. Das soll in diesen Kommunen von Schamanen gelehrt werden. Das haben wir heute nicht. Heute kann sich der Mensch verhalten, wie es ihm gerade einfällt. Er kann ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Empathie jegliches Lebewesen auf diesem Planeten unter die eigene Knute bringen! Respektlos zu sich nehmen, was man glaubt, sich nehmen zu müssen!

Die von Ihnen erwähnten Meditationskommunen wären dann ein Schwenk in die andere Richtung. Stichwort: Entschleunigung.

Dirk C. Fleck: In der Ökodiktatur behandeln die Schamanen die Entzugserscheinungen der Zivilisation. Das mit der Absicht, die Menschen wieder in ein Leben zurückfinden zu lassen, das sich nicht um diese manipulierten Systeme dreht. Damals habe ich das Buch als Warnung geschrieben. So war es gemeint. Wenn Sie mich heute aber fragen: Brauchen wir eine Ökodiktatur? Würde ich sagen: Ja, sofort. Her damit!

Warum?

Dirk C. Fleck: Aus einem einfachen Grunde: Weil wir uns bereits auf dem Weg in eine Diktatur befinden, und zwar in eine Gesundheitsdiktatur, da muss man sich einfach mal fragen: Was ist denn besser? Eine Diktatur zur Zerstörung der Erde oder eine zu ihrem Schutz? Es gibt diese Diskussion: oben, unten, links, rechts meiner Meinung nach nicht mehr. Es geht nur noch um zukunftsfeindlich oder zukunftsfreundlich! An diesen dramatischen Punkt sind wir angelangt.

Kann man die Menschen zu ihrem Glück zwingen?

Dirk C. Fleck: Die Grundgesetze sind das Einzige, was es an Gesetzgebung gibt. Wer dagegen verstößt, wird in Straflager überwiesen. Für die unnützen Elemente in der Gesellschaft gibt es die Altenheime, wo all die Elemente untergebracht werden, die gesellschaftlich nicht mehr gebraucht werden, wie zum Beispiel Medien- und Werbeleute.

Es ist auch eine Zuspitzung. Man könnte es daher als Science Fiction bezeichnen, weil dort häufig eine Zuspitzung neben der Darstellung von Alternativen stattfindet?

Dirk C. Fleck: Ich habe mir nur vorgestellt, was passieren könnte. Wie ich dazu persönlich stehe, weiß ich gar nicht. Bevor wir hier alle vor die Hunde gehen, ist das natürlich eine Möglichkeit, die Menschheit im Zaum zu halten. Es betrifft in meinem Buch nur die sogenannte Erste Welt. Die sogenannte Dritte Welt wird hier völlig vergessen, abgeschrieben. Dort findet ein milliardenfaches Massensterben statt. Die Kapitalmacht wird immer brutaler.

Wir können davon ausgehen, dass wir auch jetzt, unter den jetzigen Umständen, die wir erleben, einen Verlust an Humanität beklagen müssen, an zwischenmenschlichem oder solidarischem Verhalten, das ohnegleichen ist. Zumal die Mächtigen der Welt mit ihrem Latein am Ende sind und es immer offensichtlicher wird, dass es ihnen ausschließlich ums Geld geht. Alles andere spielt keine Rolle mehr. Die Lebensqualität des Einzelnen verlangt aber nach mehr, und das begreifen immer mehr Menschen. Gottseidank! Es ist erstaunlich, wie schnell dieser Prozess vonstattengeht.

Woran liegt das?

Dirk C. Fleck: Das kann man am besten am Verhältnis zwischen den Mainstream- und alternativen Medien festmachen. Die Massenmedien nehmen rapide ab, das heißt, ihre Auflagezahlen fallen rapide. Während ihre Alternativen immer mehr Aufmerksamkeit erlangen. Deshalb wird so stark von den Massenmedien auf die sogenannten Fake News geschossen. Das ist ein Existenzkampf, den die Medien zurzeit betreiben. Sie haben sich längst vom gesellschaftlichen Korrektiv entfernt, und sind zu einer reinen Propagandamaschine für die Mächtigen geworden. Das ist leider keine freie Presse mehr.

Dirk C. Fleck

"Europa ist das schlimmste Geschwür für diesen Planete"

Sie haben 1994 einen Vortrag im Anschluss an Ihren Roman gehalten. Der ist in der Neuauflage auch abgedruckt. Da steht: "Die Menschen scheinen dem Druck der niederschmetternden Sachinformationen nicht mehr gewachsen." Das ist heutzutage noch extremer geworden!

Dirk C. Fleck: Sie fragten mich vorhin: Ob das Science Fiction ist? Oder was Science Fiction mag oder sollte? Meine Bücher kommen unter dem Signet Science Fiction auf den Markt, weshalb die Leute es auch als Science Fiction lesen. Ich werde nicht sagen, dass es SF ist. Ich betrachte sie als literarische Hochrechnung. Wenn man einmal begriffen hat, wie der Hase läuft, wie ein natur- und menschenverachtendes System agiert, dann kann man die Dinge in etwa hochrechnen. Das habe ich getan. Der Beweis ist, dass viele Sachen in meinen Büchern bereits von der Realität eingeholt wurden, wenn nicht überholt.

Ein Beispiel?

Dirk C. Fleck: Die "Ökodiktatur" fängt mit einem Kapitel an, das ich 1992 geschrieben habe, in dem geschildert wird, wie sich Flüchtlinge aus Afrika ihre Flösse zusammenzimmern und im Mittelmeer von Schnellbooten der GO!-Staaten untergepflügt werden. Das ist nicht mehr weit entfernt von dem, was wir heute erleben. Da könnte ich viele Beispiele anführen, wo das Buch eigentlich von der Realität längst überholt wurde.

Abschließend die Frage: Die Ökodiktatur - ist sie notwendig?

Dirk C. Fleck: Ich wüsste jetzt nicht, wie man sie installieren könnte. Im Roman ist das einfach. Ich glaube aber, dass sie notwendig ist. Es findet eben nur in der Ersten Welt statt, wo das Kapital ist. Afrika bekommen Sie nicht mehr unter Kontrolle. Das können Sie nicht mehr renovieren, da haben wir ja nun reichlich herumgefuhrwerkt und ausgebeutet. Das ging übrigens immer alles von Europa aus. Das darf man nicht vergessen. Europa ist das schlimmste Geschwür für diesen Planeten. Von Europa wird, wenn überhaupt, auch eine Ökodiktatur installiert werden. Das glaube ich schon, wenn überhaupt.

Auf dem Gebiet der EU dann?

Dirk C. Fleck: Nein, weit über Europa hinaus: bis nach Amerika, Russland, China, vielleicht noch Indien. Wie das stattfinden soll, kann ich mir gerade nicht vorstellen. Da haben Sie mit der EU wahrscheinlich eher Recht, dass da Anfänge gemacht werden. Was den Überwachungsstaat angeht, ist ja die EU sehr weit. Die EU hat nun beschlossen, die Verschlüsselung von privaten Nachrichten im Internet zu verbieten. Man darf nicht mehr verschlüsseln, was man versendet. Wenn das kein gewaltiger Schritt in den Überwachungsstaat ist, dann weiß ich nicht! Es ist die einzige Möglichkeit noch gewesen, so etwas wie eine Intimsphäre zu bewahren.

Diese ganzen Muster sind bekannt und wer glaubt, dass wir in unsere alte Normalität vor Corona zurückkehren können, der träumt. Da ist schon so viel kassiert worden, sodass wir alles nicht mehr zurückbekommen. Zumal es so gut funktioniert hat. Es gab kaum Widerstand. Die Eliten waren selbst erstaunt, wie reibungslos das alles lief. Jetzt haben sie diese Gesetze kassiert. Ich kann nur sagen: Selbst schuld Leute! So ist das in einer Demokratie.