Aufruhr in Sri Lanka
Wirtschaftskrise: Der südasiatische Inselstaat wird seit Wochen von massiven Protesten durchgeschüttelt
Seit Anfang April gibt es ein Protest-Camp vor dem Sitz des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa. Am Sonntag demonstrierten Tausende Studierende vor dem Wohnhaus seines älteren Bruders, Mahinda Rajapaksa, und forderten dessen Rücktritt. Der Bruder ist nämlich der Premierminister.
Der Aufmarsch blieb verhältnismäßig friedlich, schreibt die in Hongkong erscheinende South China Morning Post. Bei früheren Protesten war ein Demonstrant von einem Polizisten erschossen worden.
Inzwischen bröckelt auch der Zusammenhalt im Regierungslager, wie der Sender al-Jazeera berichtet. Einige Minister unterstützen die Demonstrationen inzwischen offen, und Präsident Gotabaya Rajapaksa, der von den Demonstranten ebenfalls zum Rücktritt aufgefordert wird, scheint über eine Übergangsregierung nachzudenken.
Vor kurzem hatte er bereits zwei weitere seiner Brüder und einen Neffen von ihren Ministerposten entlassen müssen.
Inflation, Stromausfälle, Treibstoffknappheit
Der Unmut der Studierenden und sehr vieler anderer Bürgerinnen und Bürger entzündet sich an der prekären Wirtschaftslage, in der sich viele kaum noch ausreichend Lebensmittel leisten können. Die Inflation galoppiert, Kraftstoff gibt es nur noch in homöopathischen Dosen und der Strom wird immer wieder stundenlang abgeschaltet.
Elektrische Energie muss derzeit zu einem erheblichen Teil mit importiertem Schweröl und ebenfalls eingeführter Kohle produziert werden. Zu allem Überfluss herrscht nämlich noch Trockenzeit, und die Speicher der Wasserkraftwerke geben nicht mehr viel her.
Erneuerbare Energien
Sollte die bald beginnende Monsun genug Niederschlag bringen, wäre das immerhin eine deutliche Erleichterung. Im Jahresdurchschnitt können die Turbinen der Staudämme immerhin rund 40 Prozent des Strombedarfs abdecken. Solar- und Windenergie sind bisher kaum ausgebaut, was sich nun rächt.
Würde der Strom mit Solar- und Windkraftanlagen produziert, könnte auf die derzeit sehr teure Kohle und Erdölimporte verzichtet werden. Das wäre nicht nur fürs Klima, sondern auch für Sri Lankas Volkswirtschaft besser.
Hintergrund der Misere ist ein akuter Mangel an Devisen. Am Montag letzter Woche konnte das Land erstmalig in seiner Geschichte eine Ratenzahlung für einen Auslandskredit nicht bedienen. Mit Indien, China und dem Internationalen Währungsfonds laufen daher Verhandlungen über Kredite, die eine Umschuldung erlauben würden.
Der Devisenmangel ist vor allem eine Folge der Pandemie, die zum einen die Einnahmen aus dem Tourismus hat wegbrechen lassen. Zum anderen gingen die Überweisungen von im Ausland arbeitenden Bürgerinnen und Bürgern stark zurück.