Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg

Aufklärung über rechtsradikale Propaganda

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Rechtsradikale Propaganda zu entlarven und Argumentationshilfen zur Verfügung zu stellen, hat sich der Verlag an der Ruhr zur Aufgabe gemacht. Bereits vor einigen Jahren veröffentlichte der Verlag das Buch In Auschwitz wurde niemand vergast und bot damit Gegenbeweise zu immer wieder auftauchenden rechtsradikalen Phrasen. Das neue Buch Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg greift 44 propagandistische Behauptungen auf, die nicht nur von rechtsradikal gesinnten Menschen am Stammtisch in die Runde geworfen werden. Die aktuelle Zuwanderungsdiskussion zeigt, dass es immer noch einen keimenden und latent vorhandenen Rassismus in unserer Gesellschaft gibt. In der politischen Auseinandersetzung wird die Ausländerproblematik als Schreckgespinst für drohende sozial-wirtschaftliche Folgen und die angeblich hohe Verbrechensrate herangezogen.

Es sind nicht nur die plumpen Phrasen von Neonazis, die einen auf die Palme bringen. Vielmehr sind es Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen, die mal eben in einer politischen Diskussion einen Satz loslassen, der den Atem stocken lässt. Da hört man von einem Feuerwehrmann, dass man die Junkies doch einfach in der Gosse liegen lassen solle, dann würde sich das Problem allein erledigen. Oder während eines netten Abendessens in großer Runde bei einem Aussteller der Bildungsmesse fällt der Satz: "Was wollen die eigentlich hier, das sind doch alles Wirtschaftsflüchtlinge!" Rassismus und insbesondere Ausländerfeindlichkeit sind alltäglich und kaum noch jemand macht sich die Mühe, den kurzen - aber eindrucksvollen Sätzen - eine Erwiderung entgegen zu schleudern. Rechtsradikale Propaganda ist in allen Kreisen und allen Lebenslagen alltäglich.

Der Verlag an der Ruhr bietet mit dem neuen Buch die Möglichkeit, den Hohlköpfen und Dumpfbacken unserer Gesellschaft fundierte Argumente entgegen zu stellen. Kaum einer dieser Mitmenschen würde es auf sich sitzen lassen, wenn man sie wegen ihrer unbedachten Äußerungen als Verfassungsfeinde (siehe Grundgesetz Artikel 1 bis 4) bezeichnen würde. Das Buch sucht in den zehn Kapiteln Bevölkerung, Arbeit, Wohnen, Bildung, Kriminalität, Soziales, Integration, Frauen, Vergangenheitsbewältigung und Staatliche Ordnung 44 propagandistische Behauptungenzu entlarven und bietet umfassendes Material, sich näher mit der Thematik auseinander zu setzen.

Wenn ich einen deutschen Freund hätte, könnte ich die Sprache und Mentalität der Deutschen besser verstehen lernen. Aber so, wie die Gesellschaft hier organisiert ist, ist es sehr schwierig für mich, einen deutschen Freund zu finden. Es ist schwer zu verstehen, was die Deutschen wirklich denken.

Aus: Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg

Fragt sich nur, ob man den geistigen Glatzköpfen dieser Republik die Tatsachen wirklich verdeutlichen und einen Gesinnungswandel herbei diskutieren kann. So lange die Schere zwischen Armut und Reichtum noch weiter auseinander klafft, so lange wie fast 10 Millionen Menschen von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe leben müssen, so lange wird der Sozialneid weiter geschürt werden können. Was wir als Armut bezeichnen, wenn ein deutscher Mitbürger Sozialhilfe bezieht und die Miete bezahlt bekommt, ist kein Vergleich zur existenziellen Armut in vielen Ländern, in denen nicht einmal der monatliche Sozialhilfesatz im ganzen Jahr zum Leben reichen muss. Niemand will sich daran erinnern, dass es auch einmal in Deutschland eine Ausreisewelle aus wirtschaftlichen und politischen Gründen gab.

Deutscher werden

Schwarz oder weiß, viele Menschen können nur in ganz einfachen Kategorien denken. Zum einen sollen die Ausländer alle deutsch sprechen können, deutsche Kulturgewohnheiten annehmen und möglichst auch noch die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen. Doch liest man die Zeitung, hört oder sieht man Nachrichten, wird immer noch die Abstammung deutlich hervorgehoben. Die deutsche Staatsbürgerschaft zu fordern, ist nur eine Alibidiskussion, um die Menschen ihrer letzten kulturellen Identität zu berauben.

Es gibt heute schon Quartiere, die so sind, dass man sagen kann: Dort befindet man sich nicht in Deutschland.

Jörg Schönbohm, CDU, Innenminister Brandenburg

Dennoch nehmen inzwischen viele das Angebot der deutschen Staatsangehörigkeit an. 1994 waren das rund 60.000 und in den Jahren 2000 und 2001 - als die Erlangung der Staatsbürgerschaft erleichtert wurde - nahmen sogar 180.000 Menschen das Angebot an. Vorteile hat der deutsche Pass jedoch nicht, denn mit alltäglichen Diskriminierungen müssen sie weiter leben. Übrigens müssen auch Deutsche ihren Pass abgeben, wenn sie eine andere Staatsanghörigkeit annehmen.

Die alltäglichen Phrasen

Es sind immer die gleichen Argumente, die vorgetragen werden, wenn es um das Thema Ausländer in Deutschland geht. Kaum jemand macht sich konstruktive Gedanken zur Integration

Beispiele:

  1. Nur eine verschwindend kleine Minderheit der Asylbewerber wird anerkannt. Das beweist, dass die meisten nur Wirtschaftsflüchtlinge sind.
  2. Viele Ausländer sind illegal hier. Aber die Behörden dulden das. Sie arbeiten für ein Taschengeld, drücken die Löhne und zahlen als Schwarzarbeiter keine Steuern.
  3. Ausländische Schüler sind viel aggressiver als deutsche. Deshalb verwandeln sie jeden Schulhof in ein Schlachtfeld.
  4. Ausländer sind krimineller veranlagt als Deutsche. Das beweist jede Statistik.
  5. Es ist doch längst bekannt, wie schnell sich Ausländer vermehren. So viele Kinder können wir doch niemals bezahlen.
  6. Es muss doch mal Schluss sein. Nach 50 Jahren muss endlich mal Gras über die Nazisache gewachsen sein. Wir Deutsche können es nicht mehr hören.

Der Herausgeber Wilfried Stascheit macht in seinem Vorwort zum Buch deutlich, warum dieses Buch im Jahr 2003 immer noch notwendig ist. Es ist ihm klar, dass er mit den 246 Seiten keinen Rechtsradikalen von seinen Rechfertigungen, Anschuldigungen oder Anfeindungen abbringen kann. Aber es gibt auch sonst wenige Argumentationshilfen, um das Lügengebäude mit Sachinformationen zum Einsturz zu bringen. Es waren aber zwei Alltagssituationen, die Stascheit zu dieser weiteren Veröffentlichung bewegten.

Da gab es eine Situation in einem Obst- und Gemüseladen, in dem eine Kundin den Einkauf von Erdnüssen verweigerte, weil auf der Tüte ein Stern abgebildet war: "Da ist ein Judenstern drauf. Die Nüsse nehme ich nicht!" Auf dem Cover des Buches sollte eine italienische Eisdiele zu sehen sein, doch der Besitzer zog seine schon erteilte Genehmigung zum Abdruck zurück. Er rechnete mit Unannehmlichkeiten.

Hier der öffentliche Antisemitismus - dort das prophylaktische "Sich-Wegducken" vor einer vermeintlichen Gefahr. Das ist keine Schlagzeile auf der ersten Seite der Zeitung, das ist schlichte Realität.

Stascheit