Autoindustrie: Die Bremser mit den schnellen Schüsseln

Beim Bremsen und beim Greenwashing: BMW ist der Champion. Foto: Bull-Doser / CC0 1.0

"InfluenceMap": Wenn es um Klimaschutz geht, tritt die deutsche Autoindustrie auf die Bremsklötze. Gleichzeitig will sie der Öffentlichkeit weismachen, sie werde klimafreundlicher

Tricksen und Täuschen gehört zum Handwerk deutscher Autokonzerne. Der sogenannte Diesel-Skandal ist noch immer nicht überwunden, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erst kürzlich aufzeigte. Offenbar gibt es immer noch bei manchen Marken und Typen heimliche Abschalteinrichtungen, welche die Autoabgase bei Tests sauberer erscheinen lassen, als sie es auf der Straße sind.

Die deutsche Autoindustrie geht mit ihren Aktivitäten noch weiter, wie eine aktuelle Untersuchung des in London ansässigen Instituts "InfluenceMap" zeigt. Nach Ansicht des Instituts spielen die deutschen Autobauer ein doppeltes Spiel beim Klimaschutz: Auf der einen Seite steht ihre grüne Öffentlichkeitsarbeit, auf der anderen Seite ihr tatsächliches Handeln. Verbände und Unternehmen würden zwar klimaneutrale Mobilität bewerben, gleichzeitig setzten sie sich auf der Ebene der EU für schwächere Klimaregeln ein.

Dem Bericht zufolge dominieren die deutschen Autokonzerne diesen Kampf gegen eine ehrgeizigere Klimapolitik – allen voran: BMW. Auch der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) war demnach mit von der Partie. Für den Bericht hat "InfluenceMap" einerseits öffentlich verfügbare Daten ausgewertet und Dokumente, auf die durch Informationsfreiheitsanfragen zugegriffen werden konnte.

"Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors ist ein wesentlicher Bestandteil zur Begrenzung der globalen Erderwärmung", erklärte Ben Youriev von "InfluenceMap". Doch einflussreiche Akteure wehrten sich gegen die Bemühungen, das Ziel zu erreichen. "Die deutsche Automobilbranche will die Öffentlichkeit eindeutig davon überzeugen, dass sie 'grün' wird, aber ihr negatives Lobbying deutet darauf hin, dass sie ein starker Gegner ehrgeiziger Klimaregulierung bleibt."

BMW: im Widerspruch zur eigenen Nachhaltigkeits-PR

Ein paar Beispiele: Der Vorstandsvorsitzende von BMW, Oliver Zipse, ist in diesem Jahr auch der Präsident des europäischen Automobilherstellerverbandes (ACAE). Im Juni 2021 hatte er sich demnach mit der EU-Verkehrskommissarin Adina Ioana Vălean getroffen und dafür geworben, dass es "keine Vorschriften zur Abschaffung des Verbrennungsmotors geben sollte". In diesem Einsatz, der laut "InfluenceMap" gegen die E-Mobilität gerichtet ist, sieht das Institut einen deutlichen Widerspruch zu der jüngsten globalen Nachhaltigkeits-PR-Kampagne von BMW.

Der VDA hat sich ebenfalls gegen das Verbot von Verbrennungsmotoren engagiert. Im Juni habe der Verband in einem Schreiben an Frans Timmermans, der maßgebend für den europäischen Green Deal verantwortlich ist, aufgefordert, auf zentrale Bausteine der Klimaschutzpolitik zu verzichten. Einmal solle ein Nullemissionsziel für die EU für das Jahr 2035 aufgegeben werden, zum anderen solle ein "De-facto-Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor" abgelehnt werden.

VW: für Fahrradförderung, aber gegen Verkehrsverlagerung

Während die deutschen Autokonzerne scheinbar zunehmend unterstützten, dass die Mobilität auf Bus, Bahn und Fahrrad verlagert wird, torpedierten sie das gleichzeitig über VDA und ACEA. Der VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess habe zum Beispiel in einem LinkedIn-Statement im Oktober 2021 die Notwendigkeit betont, das Fahrrad stärker in Innenstädten zu nutzen. Er sprach sich auch dafür aus, dass die neue Bundesregierung Fahrräder und E-Bikes fördert. In einer Pressemitteilung vom Juni 2021 hatte demnach auch BMW das Fahrradfahren in Städten unterstützt.

Dagegen steht das Engagement von VDA und ACEA. In ihren Stellungnahmen zu einer EU-Konsultation im Jahr 2020 sprachen sich beide Verbände gegen europaweite Ziele für die Verkehrsverlagerung aus. Gleichlautend erklärten sie demnach, dass "mehr als 30 Jahre Verkehrspolitik, die auf einem Ansatz der Verkehrsverlagerung basiert, (…) immer gescheitert ist".

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