Autoritäre Phalanx: Trump, Vance und die Tech-Elite um Paypal-Milliardär Thiel

Seite 2: Big Data will Krieg führen und Bürger überwachen

Thiel konnte schon in Trumps Amtszeit als Präsident Einfluss auf die Regierung nehmen. Die Beziehungen des Pentagon zu dem von Thiel finanzierten Unternehmen Anduril Industries wurden ausgebaut, unterstützt von Personalbesetzungen aus dem Thiel-Freundeskreis.

Das Rüstungsunternehmen Anduril baut jetzt eine "virtuelle Grenzmauer" nach Mexiko für die US-Regierung. Trump, der lange Zeit für den Bau einer kompletten physischen Barriere an der Grenze zwischen den USA und Mexiko warb, verfolgt dieses Projekt nicht mehr und unterstützt nun die Lösung, die Anduril verkauft.

Das Unternehmen spielt auch eine wichtige Rolle beim Einsatz von unbemannten Drohnen bei den ukrainischen Militäroperationen. Auch andere von Thiel finanzierte Unternehmen wie Palantir (ein CIA-Auftragnehmer) und Clearview AI, das hauptsächlich auf Facebook gepostete Fotos (ein weiteres von Thiel unterstütztes Unternehmen) zur Entwicklung einer Überwachungsdatenbank zur Gesichtserkennung verwendet, sind darin involviert.

Über die Ukraine hinaus verändert das Netzwerk von Thiel-finanzierten Rüstungsunternehmen die Kriegsführung und ersetzt langsam aber sicher menschliche Entscheidungen durch Künstliche Intelligenz. Thiel ist zudem Architekt eines modernen Überwachungsstaates.

Er gründete Palantir, ein Unternehmen, das auf der Idee des gescheiterten Überwachungsprogramms Total Information Awareness (TIA) basiert. Palantir hat enge Verbindungen zur CIA und spielt eine Schlüsselrolle in der Überwachung und Datenerfassung für die US-Regierung.

Trump-Vance-Thiel als perfekter Sturm

Die investigative US-Journalistin Whitney Webb warnt auf dem Online-Magazin unlimitedhangout.com, dass Thiels Einfluss auf die US-Politik und seine Bemühungen, ein umfassendes Überwachungssystem zu etablieren, eine Gefahr für die Demokratie darstellen.

Während die Verbindungen an sich schon beunruhigend sind, sollte der potenzielle Einfluss Thiels auf eine mögliche Trump-Regierung jeden Amerikaner beunruhigen, unabhängig davon, wo er im politischen Spektrum steht. Denn Thiels Bemühungen um die Wiederbelebung und Weiterentwicklung einiger der Orwellschen und verfassungswidrigen Bestrebungen der Nachrichtendienste, abweichende Meinungen in den USA zu bekämpfen, sind besorgniserregend.

Es ist tatsächlich nicht übertrieben, in der Dreiecksbeziehung Trump-Vance-Thiel einen perfekten Sturm zu erkennen, aus dem ein autoritärer Oligarchenstaat erwachsen könnte. Ein solcher Staat würde als schrankenloser Agent der Superreichen und der Business-Elite agieren (siehe Trumps 1,5-Billion-Dollar-Geschenk an diese Klasse in seiner ersten Amtszeit), gepaart mit einer High-Tech-Überwachung zur Bevölkerungskontrolle (Big-Tech, Big-Data) und angetrieben von einem ebenso repressiven wie egomanischen Konservatismus (inklusive rechtem Terror gegen Minderheiten und Andersdenkende).

Auf der Jagd nach Arbeiterstimmen

Vance ist für die autoritäre Allianz das perfekte Bindeglied, das eine Lücke schließt, um die Partei für breite Schichten wählbar zu machen. Auf dem Parteitag der Republikaner war deutlich zu spüren, dass man sich als Arbeiter-freundlich präsentieren will. Man lud sogar einen Gewerkschaftsführer ein, dort zu sprechen.

Das Problem ist: Die Politik der Republikaner ist seit Jahrzehnten für jeden erkennbar gegen die Interessen der Arbeiter und auf die Bedürfnisse der Business-Elite ausgerichtet. Man kann großen Teilen der arbeitenden Bevölkerung schlicht keine politisch glaubwürdigen Angebote machen oder auf Verdienste in der Vergangenheit verweisen.

So hat Trump als Präsident nicht, wie versprochen, die Kohle und Industriearbeitsplätze zurückgebracht. Erfolgreich war er nur dabei, den Wohlhabenden und Ultrareichen mit Steuererleichterungen weiter die Koffer zu füllen, während er dem Sozialverfall tatenlos zuschaute.

Die Republikaner um Trump können also nicht mit konkreten Vorschlägen punkten. Sie müssen auf andere Weise versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass sie eine Kümmerer-Politik für die "Kleinen Leute" betreiben werden.

Für diese "Blue-Collar"-Kampagnenaufgabe ist Vance perfekt geeignet. Er verkörpert schon in seiner persönlichen Geschichte das abgehängte Hinterland Amerikas mit seinen Arbeiterfamilien, dem er in einer Art American Dream entstieg.

Der ökonomische Populismus von Vance

In der Vergangenheit, vor seinem Schwenk hin zu Trump, präsentiert er sich außerdem als Anwalt der Arbeiter, der dafür sorgen werde, dass die Zeiten von Wall Street vorbei sind.

Er kritisierte dabei das neoliberale Freihandelsabkommen Nafta, prangerte "unbegrenzten Welthandel" an, lobte Sozialversicherungen, benutzte den Begriff "Big Business" abwertend und erklärte, dass Trump "die Wall Street bedient". "Wir werden uns für den arbeitenden Menschen einsetzen", fügte er hinzu.

An dieses Image kann nun die Trump-Regierung anknüpfen und davon profitieren. Allerdings steht das Projekt auf wackeligen Beinen. Denn der "ökonomische Populismus" von Vance besitzt so gut wie keine Bodenhaftung. Er bestehe lediglich aus leeren Worten, wie Mitherausgeber und Mitbegründer von The American Prospect, Robert Kuttner, betont:

Er ist ein sehr gefährlicher Schwindler. Und seine ganze Geschichte, vom Schreiben der Hillbilly Elegy über die 180-Grad-Wende von einem Kritiker zu einem Loyalisten von Trump bis dahin vorzugeben, sich für die arbeitenden Amerikaner einzusetzen, wenn er tatsächlich immer dagegen gestimmt hat, zeigt, dass er ein Fake ist. Und er ist ein attraktiver Fake. Er ist persönlich sympathisch.

Vance habe nichts getan, um Gewerkschaftsanliegen zu unterstützen. Alle politischen Reformen, die von Gewerkschaften gefordert und von der Biden-Regierung auf den Weg gebracht wurden – sie sollen es den Arbeitnehmern u.a. leichter machen, sich zu organisieren, verlangen von staatlichen Auftragnehmern, einen existenzsichernden Lohn zu zahlen oder wenden sich gegen unlautere Arbeitspraktiken – wurden von den Republikanern einzeln bekämpft, entweder vor Gericht, per Gesetz, in Form von Abstimmungen oder durch republikanische Vertreter in Regulierungskommissionen.

In Richtung autoritärer Oligarchenstaat

Vieles am autoritären Projekt der Phalanx Trump-Vance-Thiel erinnert an faschistische Strategien, die vom Naziregime in den 1930er-Jahren in eine totalitäre Politik gegossen wurden: Stimulierung xenophober Überfremdungshysterie (damals vor allem Juden betreffend, heute propagiert als dunkelhäutige "Invasion der Migranten" aus dem Süden, die Kriminalität einschleppen und den Amerikanern die Jobs klauen), Hetze gegen und Repression von gesellschaftlicher Opposition, konservativer Kulturkampf für eine bereinigte Heimat und ökonomischer Populismus fürs Volk.

Sollte sich das Team Trump-Vance, mit der Tech-Elite um Milliardär Thiel als Triebrad im Hintergrund, im November durchsetzen können, werden sich die Vereinigten Staaten sehr wahrscheinlich in Richtung auf einen autoritären Oligarchenstaat bewegen, mit allen Folgen, die das nach sich zieht.

Sicherlich, auch unter demokratischen Präsidenten regiert das große Geld in der US-Politik. So ist der Ex-Vorstandsvorsitzende von Google, Eric Schmidt, eng mit der Clinton-Familie verbunden.

Dass aber zentrale Institutionen der US-Demokratie eine zweite, radikalisierte Amtszeit von Trump unbeschadet überleben, darf bezweifelt werden angesichts der Agenda derjenigen Kräfte, die sich um Trump-Vance und die Maga-Bewegung versammeln.

Trump hat bei einer Wahlkampfveranstaltung gerade seinen Anhängern erklärt, dass sie in Zukunft nicht mehr wählen müssen: "Es wird dann alles geregelt sein!"