Bangladesch: Eine goldene Gelegenheit für die USA
Umsturz in Bangladesch war wohl keine Farbenrevolution. Dennoch sind die USA gut aufgestellt, um Einfluss zu nehmen. Warum ist das so?
"Junge Menschen haben Bangladeschs repressive Führung gestürzt. Werden sie jetzt in der Lage sein, einen echten Wandel herbeizuführen?", fragt das Portal The Conversation und spricht damit vielen aus der Seele, die um die menschenverachtende Blutspur der Regierung von Ex-Premierministerin Sheik Hasina wissen und dem Land einen Neuanfang wünschen.
Doch die Wirklichkeit ist weit weniger prosaisch. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete vor wenigen Tagen, dass es eine Entscheidung der Militärs war, die Proteste nicht weiter zu unterdrücken.
In der Nacht, bevor die langjährige Regierungschefin Sheik Hasina aus Bangladesch floh, hielt ihr Armeechef eine Sitzung mit seinen Generälen ab und die Herren beschlossen, dass ihre Truppen nicht auf Zivilisten schießen würden, um eine Ausgangssperre durchzusetzen.
Der General ruft an
Anschließend wandte sich General Waker-Uz-Zaman an das Büro der Premierministerin und teilte mit, dass seine Soldaten nicht in der Lage seien, die von ihr verhängte Ausgangssperre durchzusetzen. Es war wohl diese Entscheidung, die Hasina zur Flucht im Helikopter veranlasst hat.
Dass die Militärs allerdings politisch entschieden und nicht dem Druck der Straße nachgaben, zeigt unter anderem die Tatsache, dass sofort nach dem Umsturz Soldaten bereitstanden, um die Textilfabriken vor Plünderungen zu schützen. Das Land gehört zu den weltweit größten Textilproduzenten.
Es ist zudem davon auszugehen, dass General Zaman ein offenes Ohr für die Anliegen der USA und des Vereinigten Königreiches hat. Schließlich hält er einen Master of Arts in Verteidigungsstudien des renommierten King’s College in London.
USA gut mit Hasinas Gegnern vernetzt
Und es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass das Militär in die politischen Geschicke des südasiatischen Landes eingreift.
Die Hindustan Times weist außerdem darauf hin, dass die USA seit fast zwei Jahrzehnten unzufrieden mit der Dominanz Hasinas in Dhaka waren. Washington favorisierte und förderte dagegen insbesondere den Gründer der Grameen-Bank, Muhammad Yunus.
Yunus, der 2006 den Friedensnobelpreis erhielt, plante im Jahr darauf die Gründung einer politischen Partei, zu der es dann jedoch nicht kam. Dieser Umstand belegt dennoch die politischen Ambitionen des heute 84-Jährigen.
Yunus politische Ambitionen
Yunus‘ gute Beziehungen zu den USA reichen bis 1965 zurück, als er ein Stipendium der Fulbright Foundation erhielt und seinen Doktortitel im Graduiertenprogramm Ökonomische Entwicklung der privaten Vanderbilt University in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee erwarb.
Die von ihm 1983 gegründete Grameen-Bank wurde denn auch von westlichen Gebern stark unterstützt. Und diese waren es wohl auch, die im Jahr 2000 einen Bankrott der Mikrofinanzinstitution verhinderten.
Heute ist die "De-facto-Großbank", wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages Grameen nennt, in über 100.000 Dörfern in Bangladesch präsent. Das hat den Studierendenführern die Auswahl des Kandidaten für die Ablösung Hasinas sicherlich erleichtert.
USA fordern keine Wahlen
Einen wichtigen Hinweis, dass den USA die Interimsregierung unter "Chefberater" Yunus gut zupasskommt, liefert M.K.Bhadrakumar. Er macht darauf aufmerksam, dass US-Außenminister Antony Blinken bei einer Pressekonferenz die Möglichkeit vorgezogener Wahlen in Bangladesch schlichtweg unterschlug.
Blinken beschied auf Nachfragen lediglich: "Ich möchte nur sagen, dass alle Entscheidungen, die die Übergangsregierung trifft, die demokratischen Prinzipien respektieren müssen, die Rechtsstaatlichkeit aufrechterhalten und den Willen des Volkes widerspiegeln müssen."
Auch die Asia Times sieht die USA als Nutznießer der jüngsten Entwicklung in Bangladesch. Das Blatt spekuliert, dass das Hauptinteresse der USA derzeit darin bestehe, "einen Servicehafen für mittelgroße US-Marineschiffe einzurichten, der Amerika dabei helfen könnte, die Risiken von Marineoperationen zu bewältigen, die durch Chinas Zugang zu Häfen im benachbarten Myanmar verursacht werden".
Einladung zum Quad
Ob die USA versucht haben, die abgesetzte Regierung unter Druck zu setzen, wie Hasina, behauptet hat, sei dahingestellt. Doch schon vor den Wahlen war Bangladesch laut Dhaka Tribune eingeladen worden, dem Quadrilateralen Sicherheitsdialog (Quad) beizutreten.
Diesen Punkt betonte die US-Unterstaatssekretärin für zivile Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte, Uzra Zeya, bei ihrem Besuch in Dhaka kurz vor den Wahlen. Solch eine Einladung ist selbstverständlich völlig im Rahmen des internationalen Austausches. Sie macht aber die Stoßrichtung Washingtons deutlich.
Die Hasina-Regierung übte diesbezüglich Zurückhaltung, da der QUAD in Opposition zu China steht, einem bedeutendem Entwicklungs- und Handelspartner Bangladeschs. Wie die Regierung unter Yunus auf den Westen zugehen und mit der Einladung umgehen wird, muss die Zeit erst noch erweisen.
Doch spätestens, wenn die Washington zum Beispiel auf einer der zu Bangladesch gehörenden Inseln im Golf von Bengalen einen Militärstützpunkt errichtet, werden die geopolitischen Absichten der US-Regierung manifest.
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