Batman statt Marx: Ex-Banker übernimmt Linkspartei in Griechenland

Seite 2: Rechtskurs der Syriza kam bei Griechen nicht gut an

Zudem hat sich Kasselakis unwidersprochen öffentlich damit gebrüstet, von Tsipras auserwählt worden zu sein. Damit meinte er seine Kandidatur auf dem aussichtslosen Listenplatz neun. Der Lebenslauf des neuen Parteichefs ist gespickt mit Übertreibungen und Behauptungen, die einer näheren Überprüfung bedürfen.

Tsipras selbst, sein Cousin Giorgos Tsipras, der lautstarke Populist Pavlos Polakis, der wegen Amtsmissbrauchs verurteilte Tsipras-Intimus Nikos Pappas, die ehemalige Pasok-Politikerin Theodora Tzakri und der ehemalige Admiral Evangelos Apostolakis gehören neben dem Newcomer Nikos Pappas zur Kernmannschaft, die die beiden Parlamentswahlen im Mai und Juni haushoch verloren hat.

Ihr Rechtskurs und die Unterstützung neoliberaler "Reformen" kamen bei den Wählern nicht an. Auch die frühere Regierungskoalition mit den nationalistisch-populistischen "Unabhängigen Griechen" hat ihre Spuren hinterlassen. Als die Koalition 2019 endete, übernahm Syriza eine Reihe von Parlamentariern und Funktionären.

Aus dem pluralistischen linken Sammlungsbündnis Syriza wurde unter Tsipras eine ganz auf den Chef zugeschnittene Partei. Statt einer linken Debattenkultur bestimmten Anordnungen von oben das Geschehen. Eine Praxis, die Kasselakis beibehalten will.

Er sieht sich nur seinen Wählern verpflichtet. Der vor der Wahl des Parteichefs vereinbarte Parteitag im November wurde auf unbestimmte Zeit nach den Europawahlen im kommenden Jahr verschoben. Wem das nicht passe, der könne ja gehen, heißt es aus dem Umfeld des neuen Parteichefs. Die innerparteilichen Strömungen sollen sich anpassen oder verschwinden.

Die Fraktion nahm dies mit gemischten Gefühlen auf. Von den nach den Wahlen verbliebenen 48 Abgeordneten verweigerten 16 Kasselakis die Zustimmung für die Besetzung der Fraktionsposten.

Ob es seitens der Europäischen Linken klug und für die Stärkung der Linken hilfreich ist, ausgerechnet jetzt Alexis Tsipras, dem verantwortlichen Architekten des griechischen Chaos, den Vorsitz der Linksfraktion in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates anzubieten?

Auf die Frage nach Kasselakis und einer Debatte mit ihm antwortete der konservative Premierminister Kyriakos Mitsotakis spitz: "Er ist ein politisches Vakuum. Mit einem Vakuum kann ich keinen Dialog führen".

Zudem zeigte sich Mitsotakis, der Kasselakis noch vor seinem eigenen Aufstieg zum Parteichef der Nea Dimokratia kennengelernt hatte, überrascht, dass er bei den Linken gelandet war.

Kasselakis selbst outete sich als früherer Anhänger von Mitsotakis. Er sei aber besser als dieser und spreche verständlicher Englisch, ließ er das Publikum wissen. Kasselakis, der sich als der bessere Mitsotakis präsentiert, will nun erst einmal den obligatorischen Militärdienst ableisten. Nebenbei will er lernen, besser Griechisch zu sprechen und die lokale Politik zu verstehen. "Ich lerne schnell", sagt er über sich.

Für die potenziellen Wähler lernt er offenbar zu langsam. In ersten Umfragen sackte Syriza trotz der momentanen Schwäche der Regierungspartei weiter ab. Nutznießer ist die Kommunistische Partei, deren Generalsekretär Dimitris Koutsoubas inzwischen der zweitbeliebteste Politiker des Landes ist.

Der Kommunist ist auch der Politiker, der in den Umfragen die geringste Ablehnung erfährt. Eine Position, von der auch Kasselakis träumt, der in beiden Punkten auf den hinteren Plätzen rangiert. Darauf reagiert er mit weiteren Worthülsen: Er möchte den Griechen den "griechischen Traum" zurückgeben und sie "wieder stolz auf Griechenland machen".

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