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Dänische Wissenschaftler haben einen wichtigen Schritt in Richtung in Richtung Quantencomputer und Teleportation geleistet

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Da ist intelligentes Leben auf diesem Planeten und Scotty kann sich mit dem Beamen noch etwas Zeit lassen. Die neueste Ausgabe des Wissenschafts-Magazins Nature enthält den Artikel von Brian Julsgaard, Alexander Kozhekin und Eugene S. Polzik von der Aarhus Universitet in Dänemark), in dem sie ihre experimentelle Verschränkung von zwei makroskopischen Objekten vorstellen. Ihnen ist gelungen, zwei Gasproben mithilfe eines Lichtimpulses miteinander zu interagieren zu lassen und den verschränkte Spin-Zustand über den Zeitraum einer halben Milli-Sekunde aufrecht zu erhalten. Jede Gasblase enthielt 1012 Cäsium-Atome. Dieser Verschränkungszustand ist kein maximaler "Schrödingers Katze"-Zustand, der mit der Versuchsanordnung nur sehr viel kürzer (weniger als eine Femtosekunde) möglich wäre. Der etwas losere, also nicht maximal verschränkte Zustand ist aber ausreichend für viele potenzielle Anwendungen, wie die Teleportation von Atomen.

Die Forscher sind sich sicher, dass das Experiment von grundlegendem Interesse ist: "Wir erwarten, dass die robuste und lang anhaltende Verschränkung von materiellen Objekten, die wir hier demonstrieren, für die Quanteninformationsverarbeitung nutzvoll sein wird, inklusive Teleportation von Quantenzuständen von Materie und Quanten-Speicher."

Verschränkung und Teleportation

Verschränkung bedeutet, dass ein Paar Photonen durch die Messung die gleichen Eigenschaften hat, auch über große Entfernungen. Der Effekt wurde 1935 entdeckt und Albert Einstein bezeichnete ihn eine "spukhafte Fernwirkung". Wird nun ein Photon eines solchen verschränkten Paares in seinen Eigenschaften verändert, dann ändert sich das zweite, entfernte Photon parallel und gleichzeitig. Die Eigenschaften werden in Nullzeit über eine große Entfernung übertragen. Lässt man ein drittes Photon (das Photon, das teleportiert werden soll) mit einem Photon dieses verschränkten Paares interagieren, dann ändert sich das zweite Photon des verschränkten Paares am anderen Ort.

Teleportation, die Herstellung einer exakten exakten Kopie eines Quantensystems an einem anderen Ort durch Ausnutzung verschränkter Zustände, wobei wird das Original eigenschaftslos wird, wurde 1997 von Prof. Anton Zeilinger erfolgreich durchgeführt ("Es stellt sich letztlich heraus, dass Information ein wesentlicher Grundbaustein der Welt ist"). Die Teleportation entspricht dem Beamen aus der Sience-Fiction Serie Star Trek, das Original erlischt dabei, alle Informationen werden auf die Kopie übertragen. Nur ist bisher niemanden gelungen, einen Menschen zu teleportieren und die dafür nötige Informationsmenge wäre überwältigend groß. Dem Team um Prof. Zeilinger gelang die Informationsübertragung bei einzelnen Lichtquanten (Photonen).

Das Teleportieren größerer Objekte schien bisher noch in weiter Ferne zu liegen, daher stellt das Experiment der dänischen Physiker einen echten Durchbruch dar. Noch im Mai sagte Prof. Zeilinger im Interview gegenüber Telepolis: "Derzeit gibt es mehrere Probleme, warum Teleportation eines Menschen nach wie vor reine Science Fiction ist und nichts mit naturwissenschaftlicher Experimentation zu tun hat. Eines der Probleme ist die große Datenmenge, das zweite ist, dass völlig unklar ist, ob es je gelingen wird, komplexe makroskopische Systeme in einen Quantenzustand zu setzen."

Das Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon

1935 entwarfen Albert Einstein, Boris Podolsky und Nathan Rosen ein Gedankenexperiment der Quantenmechanik, das seitdem nach Einstein-Podolsky-Rosen = EPR-Korrelationen oder EPR-Effekt genannt wird. Ursprünglich als Paradoxon formuliert, gilt EPR nach der Bestätigung durch Experimente in den 80er Jahren als Phänomen. Prof. Zeilinger verdeutlicht das scheinbare Paradox gerne mit dem Beispiel von Würfeln:

"Haben wir also zwei Würfel, der eine, sagen wir, in Wien, der andere in Budapest, und würde mit diesen Würfeln gleichzeitig gewürfelt, so werden wir erwarten, dass die Resultate vollkommen voneinander unabhängig sind. Das heißt also, wenn der Würfel in Budapest '6' zeigt, so kann bei dem Würfel in Wien jede beliebige Zahl auftreten. Das Verblüffende ist nun, dass, wenn diese Würfel Quantenwürfel sind, wir die Situation haben können, dass, wenn immer mit beiden Würfeln gewürfelt wird, sie genau das gleiche zeigen. Das Resultat für jeden der beiden Würfel ist vollkommen ungewiss, es herrscht der objektive Zufall, wie oben erwähnt. Die beiden Quantenwürfel können jedoch in einem solchen quantenmechanischen Zustand sein, etwa wenn sie gemeinsam im entsprechenden Quantenzustand präpariert wurden, dass sie zwar nicht 'wissen', wenn dieser anthropomorphe Ausdruck gestattet sei, welche Zahl jeder von ihnen zeigen wird, sie wissen aber, dass sie beide immer genau das gleiche Resultat zeigen müssen.

In der Quantenmechanik befinden sich die beiden verschränkten Objekte in einer Superposition, einem Überlagerungszustand, der den Zustand beider zugleich bestimmt. Entscheidend ist dabei, dass die Messung zugleich den Zustand des nahen wie des fernen verschränkten Objekts bestimmt.

Schrödingers Katze

Schrödingers Katze kann - zumindest im Gedankenexperiment - sowohl tot wie lebendig wie beides sein, wenn sie sich in der quantenmechanischen Superposition befindet. Theoretisch wird sie aus ihrem möglicherweise völlig aufgelösten Zustand erst durch die Messung erlöst, bis dahin existiert sie in einem nicht genau definierten Seinszustand.

Kürzlich hat sich ein amerikanischer Wissenschaftler der armen Katze erbarmt und gezeigt, dass und mit welcher Empfindlichkeit die Wechselwirkung mit der Umwelt, die so genante Dekohärenz, durch Interaktion selbst mit den umgebenden Luftmolekülen das Tier in berechenbarer Zeit aus der Ungewissheit erlöst. (Vgl. Quanten im Chaos) Das bedeutet, selbst geringste Umwelteinflüsse destabilisieren die quantenmechanischen Superposition und heben die Verschränkung auf. Folglich ist die Dekohärenz bei der Erhaltung der quantenmechanischen Superposition ein Grundproblem, da sie die Dauer des Zustands stark begrenzt, v.a. bei komplexen Objekten.

In Nature erläutert J. Ignacio Cirac von der Universität Innsbruck mit welchem "Trick" Julsgaard und seine Kollegen der raschen Dekohärenz ausgewichen sind:

"Der Trick ist, eine Superpositionen von zwei Zuständen zu haben: einer in dem etwas mehr als die Hälfte der Atome in jeder Probe Spin-oben sind und ein anderer, in dem etwas mehr als die Hälfte Spin-unten sind. Wenn die Umgebung mit einem (oder mehreren) Atomen interagiert und 'feststellt', dass es Spin-oben ist, dann ist das kompatibel mit beiden Zuständen, so dass die Superposition nicht zerstört, sondern nur leicht beschädigt wird. Letztlich müssen Billionen Atome mit der Umgebung interagieren, bevor die Verschränkung verschwindet."

Cirac ist überzeugt, dass weitere derartige Versuche folgen werden und sich die neue Methode durchsetzen wird. Dieses Experiment könnte nicht nur wertvolle neue Erkenntnisse über die seltsame Welt der Quantenmechanik liefern, sondern auch den Bereich der Quanteninformationsübermittlung revolutionieren.

"Nachdem nun dieses Experiment durchgeführt wurde, sollte es relativ einfach sein, mehr als zwei atomare Proben miteinander zu verschränken, oder die Zustände atomarer Proben zu teleportieren. Die Arbeit von Julsgaard und Kollegen zeigt, dass es in bestimmten Situationen praktischer und robuster sein könnte, viele Atome schwach zu verschränken, anstatt nur einige stark zu verschränken."