Belgien zeigt Probleme bei Verlängerung der Laufzeiten von AKW

Seite 2: Betrieb von 40 Jahren war nie geplant

Allerdings sind auch Doel 4 und Tihange 3 schon seit 1985 am Netz. Eigentlich sollte der Atomausstieg bis 2025 vollzogen sein, damit die Meiler nicht länger als 40 Jahre laufen. Das Ziel sei, bis zum Jahresende ein endgültiges Abkommen mit Engie zu schließen, "damit unser Land angesichts der instabilen geopolitischen Lage über ausreichend Strom verfügen kann", teilte Regierungschef Alexander De Croo im Juli mit. Auch er argumentierte mit dem Ukraine-Krieg für eine gefährliche Laufzeitverlängerung weitere zehn Jahre.

Anders als in Deutschland wurde aber die Innenministerin bei ihrem Vorstoß für einen gefährliche Weiterbetrieb von Riss-Reaktoren auch von den Grünen im Land zurückgepfiffen. "Wir sind schockiert, dass die FANC wegen der Möglichkeit einer Laufzeitverlängerung des AKW Doel 3 befragt wurde, nur wenige Tage vor der angekündigten Abschaltung des Kraftwerks", sagte die grüne Vize-Premierministerin Petra De Sutter.

Sie erinnerte daran, dass die Regierung bereits im Sommer die Antwort erhalten haben, dass ein Weiterbetrieb von Doel 3 nicht möglich sei. Zugleich distanzierte sie sich von der Innenministerin. "Wir waren alle ein wenig überrascht davon", denn die habe das nicht im Namen der Regierung vorgeschlagen: "Ich hoffe, die Lektion wurde verstanden und es wäre besser, wenn so etwas nicht mehr passieren würde."

Ganz anders stellt sich die Lage in Deutschland dar, wo gerade der Atomausstieg von den Grünen erneut verschoben wurde. Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat verkündet, dass die deutschen Atomkraftwerke Isar II und Neckarwestheim II "wohl" im ersten Quartal 2023 am Netz bleiben.

Er habe sich mit den Betreibern der Meiler auf Eckpunkte zur Umsetzung der Einsatzreserve verständigt. Demnach sollen sie "in eine neue Einsatzreserve" versetzt werden. Die Betreiber sollen alles vorbereiten, damit sie über Dezember hinaus Strom produzieren und einen "Stromnetzengpass" verhindern zu können.

Dabei hat man es wenigstens im Fall von Neckarwestheim 2 bekanntlich ebenfalls mit einem Riss-Meiler zu tun, aber auch Isar 2 hat Sicherheitsprobleme. Hatten anfänglich auch die Kraftwerkbetreiber sich gegen einen Weiterbetrieb ausgesprochen und auf Sicherheitsprobleme verwiesen, haben die ihre Position nun verändert.

Es könnte aber im Dezember der Verwaltungsgerichtshof Mannheim sein, der Habeck in die Parade fährt. Dann wird dort über das Atomkraftwerk verhandelt. Dass es auch dort zahlreiche Risse in dem Reaktor gibt, ist bekannt. Atomkraftgegner, die die Klage angestrengt haben, erklären, dass der Betreiber EnBW keine Sicherheitsnachweise dafür habe erbringen können, die ein Bersten, Abriss oder einen Bruch der von Rissen durchzogenen Rohre sicher ausschließen würden.

Komme die Klage durch, müsse das Umweltministerium den weiteren Betrieb des Riss-Reaktors unterbinden. So ist es kein Zufall, dass erst im Dezember die Regierung definitiv über den Weiterbetrieb entscheiden will.

Die Grünen in Deutschland liegen in der Frage des Weiterbetriebs auf einer Linie mit der belgischen Christdemokratin Verlinden und nicht auf der mit ihren Parteifreunden im Nachbarland.

Habeck und seine deutschen Parteifreunde möchten offensichtlich Sicherheit einer angeblichen Versorgungssicherheit unterordnen. Dabei ist allen in der Partei klar, dass seit 2009 keine Sicherheitsüberprüfungen an den Reaktoren mit dem Blick auf die geplanten Abschaltungen zum Jahresende durchgeführt wurden. Schon das war gesetzwidrig.

So erklärte auch die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke noch im August: "Die letzte periodische Sicherheitsüberprüfung fand 2009 statt – und hätte nach EU‑Vorgaben 2019 erneut durchgeführt werden müssen."

Im geltenden Atomausstiegsgesetz von CDU/CSU und FDP sei das Ende der Laufzeit für den 31.12.2022 festgelegt und nur deshalb sei die Überprüfung für die drei Jahre Restlaufzeit ausgesetzt worden. "Es war also eine Ausnahme. Und weil die Prüfung so lange ausgesetzt war, müsste sie bei einer Laufzeitverlängerung nachgeholt werden." Das würde einen mehrmonatigen Stillstand der Kraftwerke bedeuten.

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