Belgien zeigt Probleme bei Verlängerung der Laufzeiten von AKW

Seite 3: Einen Blackout in Frankreich verhindern

Das ist alles ganz offensichtlich nun Schnee von gestern. Dies hängt unter anderem auch mit der selbstverschuldeten Stromknappheit in Bayern zusammen, weshalb Habeck auch von einem "Stromnetzengpass in Süddeutschland" spricht. Das ist aber bestenfalls die halbe Wahrheit.

Immer deutlicher wird, dass es vor allem darum geht, eine "Katastrophe" in Frankreich zu verhindern, vor der Experten schon seit dem Frühjahr warnen.

Der Grund für den möglichen Weiterbetrieb der zwei deutschen Meiler ist nicht der momentan hohe Strompreis, gab Habeck zu. Es gehe vielmehr darum, dass sich die Lage in Frankreich "deutlich schlechter entwickelt" habe, als noch im Stresstest Anfang September angenommen worden war.

Da in Frankreich bekanntlich fast die Hälfte der Meiler wegen Korrosion – Risse im besonders gefährlichen primären Kühlkreislauf – und Wartungsarbeiten keinen Strom liefern, fehlt Energie, die Deutschland zum Teil mit Strom aus Gaskraftwerken ausgleicht. Nicht nur Habeck, sondern auch die Fraktionschefin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Britta Haßelmann, bestätigt nun: Die Debatte um Streckbetrieb, Notreserve oder Einsatzreserve wird vor allem geführt, um Frankreich im Winter vor einem Blackout zu retten.

Haßelmann erklärte im Deutschlandfunk, es wäre "am Ende sicher bitter, wenn wir wegen der verfehlten Energiepolitik in Frankreich hier eine Reserve der zwei AKW ziehen müssten". Man gehe aber auch in der Grünen-Fraktion wegen der "besorgniserregenden Lage in Frankreich" davon aus, dass Isar 2 und Neckarwestheim 2 als Notreserve benötigt würden.

Die Grünen-Fraktion werde diese Entscheidung voraussichtlich mittragen. "Der Zustand der Energieversorgung in Frankreich ist miserabel", erklärte sie und behauptete, man werde jetzt "alles gut und sorgfältig" vorbereiten.

Von den zehnjährigen Sicherheitsüberprüfungen, von denen Lemke noch kürzlich sprach, ist nun aber keine Rede mehr. Dabei waren es die hier seit drei Jahren überfälligen Überprüfungen, die in Frankreich die gefährlichen Risse erst zu Tage gefördert haben.

Auch Haßelmann stellt "Versorgungssicherheit" vor Sicherheit und verbrämt das sozial. Es gehe auch um die Frage, "wie wir die Preise dämpfen, die Frage, wie wir die Bürgerinnen und Bürger in der Krise entlasten und helfen, durch viele andere Maßnahmen jetzt bearbeiten müssen."

Dabei ist doch klar, dass es eine Dämpfung der Strompreise gar nicht geben kann, solange in der EU über das absurde Merit-Order-System der Strompreis bestimmt wird. Darüber entstehen hohe "windfall profits" oder vom Himmel fallende Gewinne und die dürften den Kraftwerksbetreibern den Schwenk versüßt haben.

Das Merit-Order-System bedeutet, dass immer die teuerste Erzeugungsart den Strompreis bestimmt – und das ist Gas. Der Preis dafür ist gerade wegen der mutmaßlichen Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines weiter in die Höhe geschnellt.

Habeck und Haßelmann haben sogar recht, wenn sie von der miserablen Situation in Frankreich sprechen. Dass die Lage sich dort fatal entwickelt, ist aber seit mehr als zehn Jahren Thema hier, seither droht praktisch jeden Winter ein Blackout. Da sich das Land in der Atom-Sackgasse verrannt hat, hat sich die Lage aber immer weiter zugespitzt.

Staatspräsident Emmanuel Macron stimmt die Bürger im Land längst auf Verzicht ein, er bemüht dabei als Ausrede natürlich den Krieg. Längst bereitet aber auch die Regierung die Bevölkerung auf eine kalte und dunkle Zeit vor.

So wird mit Bezug auf die Atomaufsicht (ASN) berichtet, dass die EDF den Zeitplan nicht wird einhalten können. "Entgegen den Ankündigungen" will die ASN zum Beispiel kein Datum für die Wiederinbetriebnahme der abgeschalteten Reaktoren im Grand Est nennen, da die Korrosionskontrollen an Sicherheitssystemen nicht abgeschlossen seien.

Es handelt sich in dem Fall um die Meiler im Grenzgebiet zu Deutschland

Auch Experten wie Nicolas Goldberg halten den Zeitplan der EDF für sehr "ambitioniert". Darauf bezieht sich Habeck, wenn er nun erklärt, dass sich Lage in Frankreich "deutlich schlechter entwickelt" habe, als man erwartet habe.

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