Bericht: Gasumlage auf Druck von Rating-Agenturen eingeführt

Bernd Müller

An der Verordnung arbeiteten auch Energiekonzerne mit. In der Eile wurden ihre Möglichkeiten für Extra-Profite "übersehen". Opposition will nun Habeck die Zuständigkeit entziehen.

Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird es zunehmend eng. Seine Gasumlage erhitzt zunehmend die Gemüter, viele fordern, sie nachzubessern, da sie in der aktuellen Form auch Unternehmen zugutekommt, die keine Hilfe benötigen.

Die Opposition im Bundestag fordern bereits, die Macht von Habeck zu beschneiden. CDU-Chef Friedrich Merz erklärte am Dienstag im ARD-Morgenmagazin, die Energiepolitik in Deutschland solle im Kanzleramt koordiniert werden.

Die Energiepolitik gehört in einen Energiesicherheitsrat des Bundeskanzleramtes. Dort ist es richtig koordiniert, auch mit den anderen Ressorts.

Friedrich Merz

Er würde Habeck die Zuständigkeit für die Energiepolitik in der Bundesrepublik entziehen, sagte Merz weiter.

Habeck lässt sich bislang von derartigen Seitenhieben nicht aus der Ruhe bringen. Am Dienstag verteidigte er die Gasumlage, kündigte aber zugleich Änderungen an. Man müsse "die Trittbrettfahrer vom Trittbrett schubsen", sagte er kurz vor Beginn der Kabinettsklausur der Bundesregierung im Deutschlandfunk.

Wie Trittbrettfahrer entfernt werden sollen

Was er damit meinte, sind profitable Unternehmen, die Gelder aus der Umlage beantragt haben, aber nicht vor der Insolvenz stehen. Er nannte drei Kriterien, anhand derer "Trittbrettfahrer" aussortiert werden sollen.

Einmal sollen nur noch die Unternehmen unterstützt werden, die für die Versorgungssicherheit in Deutschland "relevant" sind. Dann müsste das Gasgeschäft jener Firmen eine relevante Größe haben. Als drittes Kriterium nannte Habeck, dass Firmen, die über die Gasumlage gestützt werden, keine Boni und keine Dividenden auszahlen dürfen.

Außerdem müssten die betreffenden Firmen, alle Bücher offenlegen. Allein das könne schon reichen, "um diese Unternehmen auszusortieren", hofft Habeck.

Seinen Kritikern erwiderte er: Die Gasumlage sei kein Fehler. Sie sei ein notwendiges Mittel, um die hohen Preise "möglichst gerecht" auf Deutschland zu verteilen. Für die Bürger müsse es aber Entlastungen geben – und diese würden "bald" kommen.

Dieses "bald" bedeutet allerdings nicht unbedingt noch in diesem Jahr. Beim Zeitplan für ein drittes Entlastungspaket tritt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf die Bremse. Kleinere Entlastungen seien vielleicht noch in diesem Jahr möglich, größere erst 2023, sagte er am Montag gegenüber Welt.

Auch am Dienstag wollte sich Lindner nicht konkret äußern. "Der Bundestag wird jetzt Anfang September über den Haushalt 2023 beraten, dann beginnt ja auch die Sitzungsperiode wieder". Dann rechne er mit Klarheit über das Entlastungspaket.

SPD-Chef Lars Klingbeil zeigte sich dagegen beim Zeitplan ambitionierter. Das dritte Entlastungspaket komme "sehr bald", sagte er im ZDF-"heute-journal". Es sei nur "eine Frage von Tagen". Das könnte allerdings genauso gut bedeuten, dass es zwar in ein paar Tagen beschlossen wird, aber dass die Hilfen erst später fließen.

Energiekonzerne arbeiteten an Umlage mit

Den Fehler in der Gasumlage, dass auch profitable Energiekonzerne über sie Gelder bekommen können, will Habeck nun beseitigen – sie sind wohl aber nicht aus Versehen entstanden. Das legt zumindest ein Bericht des Online-Magazins Business Insider nahe.

Die Idee der Gasumlage geht demnach nicht auf Beamte im Bundeswirtschaftsministerium zurück, sondern auf Ratingagenturen. Hinter den Kulissen hätten sie im Juli gedroht, die Kreditwürdigkeit des Energiekonzerns Uniper herabzustufen.

"Die Agenturen hatten damals gefordert, dass wir an die Eigentümerstruktur und an die Verbraucher ran gehen", sagte ein "Beteiligter" gegenüber Business Insider. Eigentlich hatten die Ministerialbeamten vor, die Kosten eins zu eins an die Verbraucher weiterzugeben, doch Konkurrenten von Uniper waren damit nicht einverstanden.

Von den Ratingagenturen und aus dem Umfeld von Uniper sei dann die Idee zur Gasumlage gekommen, hätten laut Bericht mehrere Insider aus Regierungskreisen bestätigt. An den rechtlichen Details der Verordnung arbeiteten dann nicht nur Habecks und Lindners Beamte, sondern auch Vertreter von Uniper. Sogar "die Bosse zweier großer Energiekonzerne" hätten persönlich mitgewirkt.

Mit der Gasumlage seien dann auch die Ratingagenturen zufrieden gewesen. Nur in der Hektik habe man vergessen, dass auch profitable Unternehmen von der Umlage profitieren könnten.

Verordnung ermöglicht Extra-Profite

Doch nicht nur das hat man "übersehen". Mit der Verordnung ist es den Energiekonzernen auch möglich, Extra-Profite zu erwirtschaften. Das Handelsblatt hatte in einem aktuellen Bericht darauf hingewiesen, dass nicht klar geregelt sei, ob ein Nachweis darüber erbracht werden muss, wann das Gas eingekauft wurde.

Mit der Umlage sollen Importeure dafür entschädigt werden, dass sie ausgefallene Gaslieferungen aus Russland am Markt zu deutlich höheren Preisen einkaufen mussten. Wie viel Geld der jeweilige Importeur bekommt, soll anhand tagesaktueller Preise des jeweiligen Monats errechnet werden.

Zurzeit rechnet man mit 300 Euro pro Megawattstunde (MWh). Doch manche Importeure hätten längst Ersatz beschafft zu deutlich niedrigeren Preisen, etwa zwischen 130 und 180 Euro pro MWh. Müssten sie nun nicht nachweisen, wann sie das Gas gekauft haben, würde ihr Profit steigen, je höher der aktuelle Monatspreis ist.

Das wäre ein doppelter Gewinn, sagten laut Bericht mehrere "mit den Vorgängen vertraute Personen". Auch eine auf Energierecht spezialisierte Anwältin wird mit den Worten zitiert, dass die Verordnung an der Stelle tatsächlich nicht klar formuliert sei. An dieser Stelle müsse auf jeden Fall nachgebessert werden, da es schließlich um Milliarden von Euro der Verbraucher gehe.