Berliner entwickeln für die Xbox
Yager: Weltraumadventure aus deutscher Spieleschmiede
Es brauchte nicht erst die Pisa-Studie, um zu wissen, dass deutsche Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit vor dem Bildschirm verbringen. Und spätestens ab dem 14.März 2002 kommt mit der Xbox, der ersten Spielkonsole von Microsoft, ein weiterer Zeitvernichter hinzu. Dass darin aber auch die Chance für eine Firmengründung liegen kann, beweist Yager Development aus Berlin. Mitte 2002 veröffentlichen Sie das Weltraumadventure "Yager", das als erstes in Deutschland entwickeltes Xbox-Game über 25 Level an den Start geht. Noch befindet sich die Grafik im Vorstadium, die Texturen sind noch nicht vollständig und auch das eigentliche Gameplay ist noch nicht implementiert. Und trotzdem beeindruckt schon jetzt der Detailreichtum und die klare Grafik. Bei einem Firmenbesuch stellte sich Timo Ullmann als Head of Production den Fragen rund um Spiel & Xbox.
Woum geht es bei Yager?
Timo Ullmann: Der Spieler schlüpft in die Rolle des Hauptcharakters Magnustide, der als eine Art Freelancer mit seinem Sageteius-Schiff von Firmen für bestimmte Aufträge angeheuert wird. Die Firma Proteus heuert ihn zuerst an, um einige Vorgänge an den Grenzen ihres Territoriums aufzuklären. In der fiktiven Spielwelt gibt es keine Regierungen, sondern die Erde ist unter mehreren Corporations aufgeteilt.
Die Entwicklung eines Konsolentitels ist selbst für große Firmen ein aufwendiges Projekt. Wie hat bei Euch alles angefangen?
Timo Ullmann: An der Idee zum Spiel feilen wir schon seit 1996 und zu der Zeit war es eben noch eine Art Feierabendprojekt, weil alle Beteiligten noch studiert haben. Ganz zum Anfang haben wir erst an der Grafikengine gearbeitet und nach einiger Zeit haben wir überlegt, ob wir dies auch professionell umsetzten könnten. Wir haben dann verschiedene Publisher angeschrieben und denen das Projekt vorgestellt, wobei sich Yager von einem einfacher Ballerspiel dann immer mehr hin zu einer starken Storyline mit vielen Charakteren entwickelt hat. Dabei war Yager am Anfang definitiv als PC-Spiel konzipiert, aber durch unsere Zusammenarbeit mit THQ schlugen die uns vor, das Spiel für eine Konsole zu entwickeln. Da gab es gerade die ersten Gerüchte über die Xbox und deswegen war unser Wunsch an THQ, wenn überhaupt nur für die stärkste Konsole zu entwickeln.
Wie teilt sich die Arbeit an diesem Spieltitel auf?
Timo Ullmann: Ganz am Anfang waren wir zu fünft, aber im Moment arbeiten fünf Programmierer, sieben Grafiker am Spiel. Dazu kommen noch zwei Personen für den Sound und einige externe Animatoren für Einzelsequenzen. Die meisten Programmierer haben Informatik studiert, während bei den Grafikern auch mal ein Musiker, Kunststudenten oder gelernter Bildhauer vertreten ist. Dabei hat sich der Fokus der Entwicklung nach und nach geändert. Zuerst haben wir zu Dritt am Grafikengine gearbeitet, während die Grafiker an den Modellen gearbeitet und diese texturiert haben. Jetzt, wo die Grundlagen alle vorhanden sind, wird mit dem Leveleditor als zentralem Werkzeug die Landschaft bearbeitet und mit Objekten besetzt. Eine Person betreut jeweils ein Level und holt sich für Leveldesign und Spielablauf jeweils noch Personen dazu.
Ist die Arbeit an einer ganz neuen Konsole für eine kleine Firma nicht ein großes Risiko?
Timo Ullmann: Eine Vorfinanzierung durch THQ sichert uns einen gewissen Arbeitsrahmen und das ist in der Spielebranche auch die übliche Praxis, wobei THQ bei den Verkäufen des Spiels am Ende prozentual beteiligt ist. Am attraktivsten wäre natürlich eine Eigenfinanzierung, aber das können sich nur ganz wenige Spielentwickler leisten. Seit dem die Xbox in Amerika verkauft wird, steht ja die finale Konfiguration der Konsole fest. Als wir jedoch im August die ersten Entwicklerkits bekommen haben, war die Konsole ja praktisch noch ein PC. Dann gab es nach und nach den Übergang von diesen Sets hin zu der festen Plattform, bei dem das Betriebssystem im Kern noch auf Windows 2000 basiert, aber schon das Direct X8 ist speziell für die Xbox konzipiert. Interessant war noch, dass am Anfang noch kein Soundmodul enthalten war, weswegen wir die Spielentwicklung erst nachträglich mit der Soundarbeit verbinden können.
Wie sieht sonst Eure Zusammenarbeit mit Microsoft aus?
Timo Ullmann: Der Arbeitsablauf wird in so genannten Milestones abgehalten, wobei monatlich mit dem Publisher festgelegt wird, was in der Zeit geschafft werden muss. Für diesen Monat bedeutete das zum Bespiel, dass ein Spiellevel komplett mit Objekten bestückt ist, aber sonst noch keine Interaktion vorhanden sein muss. Für das Marketing und die Werbung gibt es in Deutschland einen Ansprechpartner, aber für die eigentliche Entwicklung sitzt unser Account-Manager in England. Auf der Londoner Spielmesse ECTS haben wir vor zwei Jahren mit einer PC-Demo das Spiel Microsoft vorgestellt und bekamen danach ein längeres Formular, in das wir die kompletten Charakteristika des Spiel eintragen mussten. Dieses Antragformular wurde dann geprüft und im Normalfall hätten sie sich dann unsere Firma genauer angeschaut. Da wir aber schon die größere Firma THQ im Rücken hatten, vertraute uns man auch so.
Ab dem Frühjahr 2002 werden gleich drei Spielkonsolen um die Gunst der Käufer ringen. Welche Vorteile hat da die Xbox als Gerät an sich und im Vergleich zu PlayStation 2 oder GameCube?
Timo Ullmann: Wir sind sehr froh, ein Konsolenspiel zu entwickeln, da man so eine stabile Hardwareplattform hat, bei der nicht so viele Probleme wie bei einem PC auftauchen. Ein großer Vorteil ist die Festplatte, da wir damit die Ladezeiten extrem verkürzen können. Wenn das Spiel zum ersten Mal einlegt, werden Teile des Levels komplett auf die Festplatte geladen und beim erneuten Spielen von dort abgefragt. Im Spielverlauf bietet die Festplatte auch die Möglichkeit, getrennt von der CD Sounds zu abzuspielen, was eine größere Soundbreite mit sich bringt. Das Spiel an sich würde auf einer PlayStation 2 nicht unbedingt schlechter aussehen, allerdings müsste wir uns bei der Programmierung wesentlich mehr einschränken. Im Spiel würde das heißen, dass die Areale kleiner sind, weniger Objekte vorkommen und die Detailfülle kleiner wäre. Der GameCube würde als Plattform vielleicht noch in Frage kommen und auch von der Entwicklung her soll er leicht zu programmieren sein.
Mit einer neuen Konsole beginnt meistens auch ein neuer Abschnitt für Spieler und Branche. Wie sieht dein Blick in die Zukunft aus?
Timo Ullmann: Ich glaube es wird mit der Xbox für sehr viel mehr Firmen möglich sein, im Konsolenmarkt für Spiele einzusteigen. Die Entwicklungsumgebung, die Microsoft zur Verfügung stellt, arbeitet mit den gleichen Tools wie sonst in der PC-Entwicklung. Das heißt der gleiche Compiler, gleiche Modell-Tools etc. Die Xbox hat aber auch andere Konsequenzen. So haben wir für Yager den Multiplayer-Modus erst mal nach hinten gestellt, weil es sich meiner Meinung nach für die Xbox noch nicht lohnt, dafür in der Entwicklung aber sehr viel Zeit kostet. Wir denken, dass die Entwicklung im Spielsektor immer weiter auseinander geht; entweder reine Online-Games oder reine Single-Player-Spiele.