Besitzt die US-Regierung UFOs "nicht-menschlichen Ursprungs"?

Die UFO-Zeugen Ryan Graves (l.), David Grusch (m.) und David Fravor beim Eid vor dem United States House Committee on Oversight and Accountability am 26. Juli 2023. Bild: oversight.house.gov

Militärische UFO-Zeugen und Whistleblower vor dem US-Kongress. Dabei kam es zu beachtlichen Aussagen. Welche Erkenntnisse die Anhörung gebracht hat.

Ein Hearing vor einem Kontrollausschuss des US-Kongresses zu UFO-Sichtungen Ende dieser Woche kann als historisch bewertet werden: Erstmals haben sich militärische und geheimdienstliche UFO-Zeugen und Whistleblower in einer öffentlichen Anhörung den Fragen US-amerikanischer Abgeordneten gestellt. Das Ergebnis soll erst der Anfang einer umfangreichen Untersuchung der Behauptungen und teils drastischen Vorwürfe gegen Teile der US-Regierung sein – und hat bereits zu heftigen Reaktionen von Regierungsbeamten geführt.

Als Zeugen geladen hatte der zwar republikanisch geführte, zum aktuellen Anlass jedoch erstaunlich überparteilich besetzte Ausschuss für die Aufsicht und Rechenschaft des US-Repräsentantenhauses (United States House Committee on Oversight and Accountability) die beiden ehemaligen Navy-Piloten Ryan Graves und David Fravor sowie den ehemaligen hochrangigen US-Militärgeheimdienstmitarbeiter David Grusch.

Die beiden F-18-Piloten erklärten selbst, während Trainingsflügen UFO-Begegnungen gehabt zu haben. Graves leitet selbst eine Organisation für die Meldung von UFO-Sichtungen durch zivile und militärische Piloten.

Grusch hingegen war für die Analyse von UFO-Sichtungen oder unidentifizierte anomale Phänomene (UAP) durch US-Piloten zuständig. Zudem verantwortete er laut eigenen Aussagen die Kommunikation von Regierungs- und Militärabteilungen mit den UFO-Untersuchungsbehörden des Pentagon, der "UAP Task Force" (UAPTF) und deren Folgeeinrichtung All-Domain Anomaly Resolution Office (AARO).

Fravor und Graves bekräftigten erneut ihre Einschätzung, dass es sich bei den von ihnen beobachteten Flugobjekten nicht um Verwechselungen mit profanen Objekten und Phänomenen (wie fernen Flugzeugen oder Sensorfehlern) gehandelt habe.

Auch erklärten die beiden Piloten, dass die Objekte – wie das auf von den Bordkameras gefilmte "Tic-Tac-UFO" (s. Abb.) – unter intelligenter Kontrolle standen und den eigenen Hochleistungstechnologien und Abwehrsystemen überlegen zu sein schienen.

Allein dieser Umstand erfordere nicht nur eine ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit UFOs bzw. UAP, sondern bringe auch die Erkenntnis, dass diese Phänomene Fragen der nationalen Sicherheit aufwerfen, so die Zeugen.

Standbild aus dem "Flir-" bzw. "Tic-Tac-Video". Bild: US Government

Während also Graves und Fravor als Piloten selbst UFOs bzw. UAP begegnet waren, beruft sich Grusch aber nicht auf eigene Erlebnisse, sondern auf die an ihn von anderen Militär- und Geheimdienstmitarbeitern herangetragenen Berichte über Sichtungen. Zudem ging es um Informationen über angeblich bislang geheime UFO-Untersuchungsprogramme der US-Regierung und daran beteiligte private US-Unternehmen.

Video zu Gruschs Aussagen

Die Aussagen und Anschuldigungen Gruschs haben es in sich: Zum einen berichtet er von einem seit den 1930er-Jahren laufenden geheimen Bergungs- und Analyseprogramms abgestürzter und geborgener Flugobjekte und Raumschiffe "nicht-menschlichen Ursprungs" sowie das Bemühen um Analyse und Nachbau der angeblich geborgenen außerirdischen Technologien durch die US-Regierung.

Diese Programme seien so konzipiert, dass sie sich bislang der Kontrolle des US-Kongresses rechtswidrig entzogen hätten. Zum anderen wirft er Teilen bisheriger US-Regierungen auch die gezielte und aggressive Einschüchterung von UFO-Zeugen vor.


Der US-Abgeordnete Matt Gaetz während seiner Aussagen bei der UFO-Anhörung. Bild: oversight.house.gov

Im Rahmen der aktuellen Anhörung nutzte der Abgeordnete Matt Gaetz seine Fragezeit hauptsächlich dafür zu berichten, wie er selbst auf der Eglin Air Force Base in Florida Beweise für einen dortigen dramatischen UFO-Vorfall vorgelegt bekam:

Zunächst bekamen wir weder Zugang zu allen beteiligten Crewmitgliedern noch zu Fotoaufnahmen und Radardaten der beobachteten Objekte. Nach einer längeren Diskussion darüber, welche Autoritäten in den USA gelten, bekamen wir dann zunächst die Aufnahme zu sehen und konnten dann zumindest mit jenem Mitglied der Besatzung sprechen, von dem das Foto aufgenommen wurde.

Diese Aufnahme zeigte etwas, das ich selbst meiner Funktion als ehemaliges Mitglied des Armed Forces Commitee und eines Ausschusses, der neue technologisch-militärische Entwicklungen überwacht, keiner menschlichen Entwicklung zuschreiben kann – weder eine Entwicklung der USA noch von einem unserer Gegner.

Die Piloten sahen zunächst eine Formation aus vier in Rautenformation fliegenden Objekten, die so auch auf Radar detektiert wurden – eine Radaraufzeichnung, die ich selbst einsehen konnte. Einer der Piloten flog demnach auf diese Formation zu, um diese zu untersuchen und sah etwas, das ich lediglich als eine große fliegende Kugel jenseits aller menschlichen Möglichkeiten beschreiben kann. Als er sich dem Objekt näherte, versagten das Bordradar und das Flir-System, sodass er das vorhandene Foto manuell aufnehmen musste.

Einige der beteiligten Testpiloten sagten zu mir, dass der beste Umgang mit einer UAP-Begegnung jener sei, diese schnell zu vergessen und mit niemandem darüber zu sprechen. Schließlich bringe jede Form darüber zu sprechen, sei es nun öffentlich oder in kleinem Kreis spürbare negative Konsequenzen mit sich. Dies ist eine Kultur, die wir überwinden müssen.

Tatsächlich ist Grusch nicht der erste Whistleblower, der mit Behauptungen über geheime UFO-Untersuchungsprogramme und des Back-Engineering, also der umgekehrten Entwicklung geborgener Technologien, an die Öffentlichkeit tritt. Allerdings konnten frühere Whistleblower ihre Behauptungen nie überzeugend belegen.

Grusch unterscheidet sich nun von diesen früheren UFO-Whistleblowern durch seine überprüfbare militärische und geheimdienstliche Karriere. So war er zeitweise an der nachrichtendienstlichen Unterrichtung des US-Präsidenten beteiligt. Dass er tatsächlich Zugang zu entsprechenden Informationen und Strukturen hatte, steht also außer Frage.

Bestätigt wurden seine Aussagen bislang aber noch nicht und eigene handfeste Beweise blieb Grusch auch während der Anhörung schuldig.

Zum Whistleblower wurde Grusch nach eigener Aussage, als er selbst Repressalien ausgesetzt war, nachdem er Vorgesetzte über die mutmaßlichen Gesetzesbrüche durch geheime UFO-Projekte informieren wollte. Diese Vorwürfe sind jetzt Gegenstand eines laufenden Verfahrens, weswegen Grusch zu einigen Fragen im Rahmen der öffentlichen Anhörungen nicht Stellung nehmen konnte.

Es hängt jetzt davon ab, ob sich seine Aussagen unabhängig überprüfen lassen und bestätigen. Hierzu bietet Grusch – auch das ist neu – umfangreiche Informationen und Zusammenarbeit mit dem Kongress an.

Den Mitschnitt der Kongressanhörung vom 26. Juli 2023 finden Sie auf der Webseite des United States House Committee on Oversight and Accountability.

Ähnlich wie internationale Medien, die weltweit über die Anhörung berichtet haben, zeigt sich auch die UFO-Forschungsgemeinde weiterhin zweigeteilt. Während die einen in der Anhörung den Beginn der langersehnten "UFO-Disclosure" feiern, also der endgültigen Enthüllung der angeblich zurückgehaltenen UFO-Geheimnisse der USA, zeigen sich andere weiterhin verhalten.

Glaubwürdigkeitsbescheinungen, militärische Auszeichnungen und Anerkennung allein, seien keine Garantie dafür, dass jemand auch wirklich die Wahrheit sagt bzw. kennt. Doch auch hier unterscheidet sich Grusch von früheren Whistleblowern, wenn er behauptet, alle seine Quellen ganz konkret benennen zu können. Solchen Behauptungen müssen nun aber auch Beweise folgen.

Tatsächlich hat die UFO-Anhörung aber schon jetzt erste politische Folgen. So hat sich der Leiter der UFO-Untersuchungsbehörde des Pentagons (AARO), Sean Kirkpatrick, verstört über die Anhörung geäußert:

Ich bin zutiefst enttäuscht über die Herabsetzung der engagierten Männer und Frauen der AARO, die aus dem Verteidigungsministerium, der Geheimdienstgemeinschaft und zivilen Partnern stammen und sich im Auftrag des Kongresses intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Die AARO verfügt über die notwendigen Befugnisse und Ressourcen, um diese Mission gemäß dem Willen des Kongresses auszuführen, und wie bereits betont wurde, steht die AARO allen, die Kenntnisse über diese Anschuldigungen oder Programme haben, offen, um in einer sicheren, geschützten und angemessen abgesicherten Umgebung mit uns zu sprechen. Seien Sie versichert, die AARO wird den Daten folgen, wohin sie auch führen.“ Erneut unterstreicht Kirkpatrick in seiner Erklärung aber auch, dass seine Behörde „bislang keine glaubwürdigen Beweise für die Anschuldigungen eines umgekehrten Technologie-Reverse-Engineering-Programms für nicht-menschliche Technologie gefunden hat.

Ebenso widersprach der AARO-Direktor Gruschs Vorwürfen: "Keiner der Informanten, die gestern in der Anhörung zu Wort kamen, hat jemals für die AARO gearbeitet hat oder war als Vertreter der AARO tätig."

Auf Anfrage des US-Nachrichtensenders News Nation hat zudem ein Sprecher des US-Rüstungsunternehmens Lockheed Martin, dem immer wieder unterstellt wird, an geborgenen Ufos zu forschen, den Ball an die US-Regierung zurückgespielt: „Fragen über UAPs sollten am besten von der US-Regierung beantwortet werden.“

Schon jetzt zeichnen sich also offene Grabenkämpfe zwischen den beiden Lagern ab – Grabenkämpfe, die jedoch bald einen weiteren Höhepunkt erreichen könnten: Die vier republikanischen Abgeordneten Burchett, Luna, Gaetz und Moskowitz haben beim Mehrheitsführer und Sprecher des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy die Einsetzung eines übergeordneten Untersuchungsausschusses vor dem Kongress beantragt.

Sollte es dazu kommen, werden sowohl die Aussagen als auch die Anschuldigungen Gruschs nicht zuletzt durch die Vorladung der von ihm dann zu benennenden Verantwortlichen aus Politik, Militär und Wirtschaft auf höchster politischer Ebene auf die Probe gestellt und es wird sich zeigen, wie glaubwürdig der UFO-Whistleblower tatsächlich ist.

Andreas Müller, Jahrgang 1976, studierte Kommunikationsdesign an der HBK Saar und arbeitet als Journalist mit Schwerpunkt anomalistischer Phänomene. Er ist Herausgeber des Nachrichtenportals GrenzWissenschaft-Aktuell.de (GreWi), in dieser Position assoziiertes Mitglied am Interdisziplinären Forschungszentrum für Extraterrestrik (IFEX) an der Universität Würzburg, der Society for UAP Studies (SUAPS) und Autor des 2021 erschienen Buches Deutschlands Ufo-Akten – Über den politischen Umgang mit dem Ufo-Thema in Deutschland.

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