Bestimmung Unklar: China testet neuartiges Flugdeckschiff
Neues Schiff mit großem Flugdeck in See gestochen. Schneller Bau zeigt Chinas rasante Schiffsbaukapazitäten. Pentagon sieht zunehmenden Rückstand gegenüber der Volksrepublik.
China hat im Oktober ein rätselhaftes Schiff mit großem Flugdeck zu Wasser gelassen, das bereits zwei Monate später aus eigener Kraft in See gestochen ist, berichtet die in Hongkong ansässige South China Morning Post unter Berufung auf das Militäranalyseportal The War Zone.
Das rund 200 Meter lange Schiff erinnert in Größe und Ausstattung an die amphibischen Landungsschiffe vom Typ 075 der chinesischen Marine, weist aber einige ungewöhnliche Merkmale auf.
Zivile oder militärische Nutzung?
Aufgefallen ist das Schiff zunächst auf Satellitenbildern der Werft von Guangzhou Shipyard International auf der Insel Longxue, wo es im September und Oktober in verschiedenen Baustadien zu sehen war.
Fotos und Videos, die seitdem in den sozialen Medien kursieren, zeigen ein für chinesische Marineschiffe untypisches Design mit drei statt zwei Aufbauten und einer rund 200 Meter langen Startbahn.
Experten sehen in dem neuartigen Flugdeck-Schiff keinen Flugzeugträger im klassischen Sinne, sondern ein ziviles Forschungs- und Unterstützungsschiff.
Der ehemalige US-Marineoffizier Thomas Shugart von der Denkfabrik Center for a New American Security hält den ungewöhnlichen Flugdeckträger für den weltweit ersten seiner Art. Er vermutet, dass es sich um ein ziviles ozeanographisches Forschungsschiff handeln könnte, von dem aus Drohnen und Hubschrauber starten und landen können.
Zahlreiche Details deuten auf einen zivilen Charakter des in Rekordzeit gebauten Schiffes hin. So trägt es weder eine Kennnummer noch Hoheitszeichen der Marine, sondern lediglich das Logo der staatlichen Firma CSSC, zu der die Bauwerft gehört. Zudem zeigen Nahaufnahmen Aussparungen an der Seite, die dem Aussetzen und Aufnehmen von Booten dienen dürften.
Trotz des ungewöhnlichen Designs schließt der Marineexperte Carl Schuster, ehemaliger Einsatzleiter im Aufklärungszentrum des US-Pazifikkommandos, einen militärischen Nutzen nicht aus: "Ein Flugzeugträger würde die Überwachungsmöglichkeiten in den entlegenen Gewässern des südlichen Südchinesischen Meeres und möglicherweise östlich von Taiwan erweitern", sagte Schuster gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN.
Auch The War Zone gab zu bedenken, dass die Grenze von ziviler und militärischer Nutzung bei chinesischen Marinefahrzeugen nicht immer eindeutig sei.
Machtdemonstration mit zwei Flugzeugträgern
Derweil hat China seine Trägerschiffkapazitäten mit der ersten Übung mit gleich zwei Flugzeugträgern unter Beweis gestellt.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua Ende Oktober berichtete, haben die Flugzeugträger Liaoning und Shandong im Südchinesischen Meer Manöver ein gemeinsames Manöver abgehalten, um "die integrierte Kampffähigkeit der Flugzeugträgerformationen zu verbessern".
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Luftaufnahmen zeigen die beiden Schiffe Seite an Seite mit Kampfflugzeugen am Himmel und mindestens elf Begleitschiffen im Schlepptau. Die Übung ermögliche es der Flotte, den logistischen Bedarf und die Kommunikation zwischen den Schiffen des Verbandes zu koordinieren, sagte der ehemalige US-Marinekapitän Carl Schuster.
Rückstand der USA wächst
China baut seine Marinefähigkeiten seit Jahren in rasantem Tempo aus. Jüngstes Beispiel ist der im Juni vom Stapel gelaufene Flugzeugträger Fujian, der mit einer Verdrängung von 80.000 Tonnen in der Liga der Supercarrier mitspielen kann. Nur die US-Marine verfügt über noch größere Flugzeugträger.
Mit mehr als 340 Kriegsschiffen verfügt die chinesische Marine heute über die größte Seestreitmacht der Welt. Laut einem Bericht des Pentagons aus dem Jahr 2020 verfügt die chinesische Marine über 350 Schiffe, während die Kampfflotte der US Navy 293 Schiffe umfasst.
Zwar sind die US-Schiff in der Regel technologisch überlegen, der Bericht warnt jedoch davor, dass sich der Abstand zwischen den beiden Marinen alle fünf Jahre um 60 Schiffe vergrößern wird – bis China im Jahr 2035 schätzungsweise 475 Kriegsschiffe gegenüber 305-317 US-Kriegsschiffen haben wird.
Im Gegensatz dazu sind die Schiffbaukapazitäten der USA im Laufe der vergangenen Jahre zurückgegangen.