Bevölkerungsschwund in Europa
Zum Ausgleich müssten Hunderte von Millionen Einwanderer geholt werden
Wir sind mit der Vorstellung der "Bevölkerungsexplosion" aufgewachsen. Ein Jahrhundert lang war die einzige Frage, was geschehen würde, wenn die Menschheit schnell oder sehr schnell wächst. Die letzte Generation wurde mit der Frage konfrontiert, wie viele Menschen die Erde tragen kann. Daher ist eine Art Kulturschock, wenn neue Hochrechungen der Weltbevölkerung auch Szenarien einer schnell abnehmenden Zahl von Menschen einschließen - und dies ohne Meteoriteneinschläge, ohne neue Seuchen oder Hungerepidemien.
Die lettische Website mit Informationen über die Bevölkerung zeigt ein Bild mit vielen Babies von der Bevölkerungsexplosion. In Wirklichkeit geht in Lettland wie in allen anderen osteuropäischen Staaten die Einwohnerzahl zurück. In den Eurostat-Statistiken von 1998 gehört auch Deutschland zu diesen Staaten. Nach den Eurostat-Vorhersagen von 1997 wurde dies nicht vor 2013 erwartet. Ab etwa 2040 werden nur Schweden und Luxemburg noch wachsende Bevölkerungszahlen haben. Im Verlauf des 21. Jahrhunderts wird der großteil der Länder wahrscheinlich dem von den osteuropäischen Staaten vorgegebenen Muster folgen: die Rache Breschnews. Und es gibt keine Garantie, dass die Abnahme der Einwohnerzahlen jemals enden wird. Einige Voraussagen gehen bis zum Jahr 2100 von einer weltweiten Abnahme um ein Drittel aus (ausführlicher behandelt Paul Treanor dies in ALL 10 MILLION EUROPEANS).
Nach der Theorie des demografischen Übergangs waren die Geburts- und Sterberaten während des Großteils der menschlichen Geschichte etwa gleich hoch. In den letzten drei Jahrhunderten fielen die Sterberaten und nahm die Bevölkerung zu. Schließlich begannen auch die Geburtsraten zu fallen. Für die herkömmliche Theorie sollten sich Geburts- und Sterberaten ausgleichen, doch anstatt eine neue Stabilität zu erreichen, traten die osteuropäischen Staaten in eine Phase des Bevölkerungsrückgangs ein. Im Großteil von Europa liegen die Fruchtbarkeitsraten (Kinder pro Frau) permanent unterhalb der Schwelle, bei der die Bevölkerung stabil bleibt. Doch eine geringe Fruchtbarkeitsrate ist nicht mehr spezifisch für Europa und nicht mehr nur auf die reichen industrialisierten Länder begrenzt.
Vielleicht ist eine schrumpfende Bevölkerung für alle Planeten mit fortgeschrittener Technologie charakteristisch. Möglicherweise gibt es irgendwo die Außerirdischen, doch vielleicht sind nur ein paar Hundert übriggeblieben.
Für Europa stellt der demographische Kollaps wahrscheinlich die Zukunft dar. 1950 lebten fast 12 Prozent der Weltbevölkerung in den jetzigen EU-Staaten, im Jahr 2050 werden es nach Eurostat gerade noch 4 Prozent sein. Hunderte von Millionen Einwanderer wären notwendig, um den Anteil Europas an der Weltbevölkerung wieder herzustellen. Doch in 50 Jahren, wenn die reichen Staaten sich dafür entscheiden mögen, Einwanderer haben zu wollen, könnte es diese nicht mehr geben, jedenfalls nicht mehr in dieser Größenordnung. Wahrscheinlich ist es sowieso schon für die Annahme einer "Immigrationsstrategie" zu spät.
Obgleich es in Spanien die höchste Arbeitslosenrate der EU gibt, will die Regierung, wie BBC News Anfang Oktoberr berichtete, auf Druck der Agrar- und Bauindustrie in den nächsten drei Jahren bis zu einer Million Gastarbeiter ins Land holen und eine Arbeitserlaubnis von 9 Monaten erteilen. Ein entsprechendes Abkommen wurde bereits mit Marokko geschlossen, von wo aus die meisten Einwanderer illegal nach Spanien kommen. Geplant sind ähnliche Abkommen mit Kolumbien, Ecuador, Mali, Rumänien und Polen. Spanien ist gegenwärtig eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsräume und kann die benötigten Arbeitskräfte im Niedriglohnbereich nicht finden.
Auch wenn sich die Vorhersagen eines Bevölkerungskollapses in den 30er Jahren nicht bewahrheitet haben, ist der gegenwärtige Rückgang der Fruchtbarkeitsrate in Europa ein langfristiges Phänomen, das sich kaum plötzlich wieder ins Gegenteil verkehren dürfte. Die Weltbevölkerung wird während der nächsten 50 Jahre noch weiter wachsen, aber eine neue globale Bevölkerungspolitik ist unvermeidlich. Die USA könnten 2010 mehr Einwohner als Europa haben, und 2050 könnte die Zahl der Menschen in Nigeria und Pakistan die Bevölkerung Europas übertreffen.
In den letzten Monaten hat Holland beschlossen, Asylbewerbern eine Arbeitserlaubnis auszustellen, um den Mangel an Arbeitskräften zu mildern. Das könnte für die nächsten 10 Jahr in Europa typisch werden. Doch um die Bevölkerungsabnahme zu verlangsamen, bräuchte es weit mehr als ein paar Tausend Asylbewerber.