Bidens erste "unzweideutige Botschaft"
Der neue US-Präsident lässt nach den Raketenangriffen auf US-Ziele im Irak schiitische Milizen in Syrien bombardieren
Heute früh Mitteleuropäischer Zeit gab Pentagonsprecher John Kirby bekannt, dass das US-Militär auf Anweisung des seit gut fünf Wochen amtierenden neuen US-Präsidenten Joseph Biden hin Luftangriffe auf Infrastruktureinrichtungen im Osten Syriens flog. Diese Einrichtungen seien von "iranunterstützten militanten Gruppen" wie der Kait'ib Hezbollah und der Kait'ib Sayyid al-Shuhada genutzt worden, welche auch Angriffe im Irak durchgeführt hätten.
Biden sprach am Mittwoch mit dem irakischen Ministerpräsidenten Mustafa al-Kadhimi über die Raketenangriffe
Mit dem Bombardement schickt Präsident Biden Kirby zufolge die "unzweideutige Botschaft", dass er "handeln wird", um das Personal der US-geführten Koalition im Irak zu schützen. Dabei bezog sich der Pentagonsprecher auf einen am 15. Februar verübten Raketenangriff auf einen Luftwaffenstützpunkt im nordirakischen Erbil, bei dem ein ziviler Angestellter getötet und ein US-Soldat verletzt wurde, und auf sieben Tage danach in der Grünen Zone in Bagdad eingeschlagene Raketen.
Biden hatte am Mittwoch mit dem irakischen Ministerpräsidenten Mustafa al-Kadhimi über diese Angriffe gesprochen. Danach erklärten beide Politiker, sie seien sich einig, dass die Täter "in vollem Umfang zur Verantwortung gezogen werden" müssten. Vorher hatte das US-Außenministerium erklärt, die bei den beiden Angriffen verwendeten Raketen seien im Iran hergestellt worden. Heute früh dankte der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin dann dem Irak für dessen Hilfe bei der Vorbereitung des Vergeltungsschlages.
"Verhältnismäßige militärische Antwort" mit dem Ziel, "die Situation sowohl in Ostsyrien als auch im Irak generell zu deeskalieren"
Den Informationen der New York Times nach wurden bei diesem Vergeltungsschlag insgesamt sieben 227-Kilo-Bomben abgeworfen. Eine davon soll in der Nähe des iranischen Militärstützpunkts Imam Ali einen Kait'ib-Hezbollah-Konvoi getroffen haben. Die in England ansässige syrische Oppositionsagentur "Beobachtungsstelle für Menschenrechte" spricht allgemeiner von der schiitischen Milizendachorganisation Hashd al-Shabi, von der gestern Nacht 22 Angehörige ums Leben gekommen seien. Ihr zufolge wurden im Konvoi drei Lastwagen getroffen, die Munition transportierten.
Kirby selbst machte hierzu keine detaillierten Angaben und sprach lediglich von einem "defensiven Präzisionsschlag" und einer "verhältnismäßigen militärischen Antwort", die mit dem Ziel durchgeführt worden sei, "die Situation sowohl in Ostsyrien als auch im Irak generell zu deeskalieren". Dazu habe man sie mit "diplomatischen Maßnahmen" und "Konsultationen mit den Koalitionspartnern" flankiert.
Distanz zu Mohammed bin Salman
Um welche diplomatischen Maßnahmen es sich dabei konkret handelt, verriet Kirby nicht. Ein mögliches indirektes Beruhigungsangebot an den Iran könnte gewesen sein, dass die USA gestern den seit zwei Jahren informell bekannten Geheimdienstbericht zur Rolle des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman bei der Zerstückelung des erdoğannahen Königshauskritikers Jamal Khashoggi auch offiziell veröffentlichten. Biden war bereits vorher auf Distanz zu Mohammed bin Salman gegangen, als er gemeint hatte, sein Ansprechpartner bei den Saudis sei von der Position her der König, und nicht der Kronprinz.
Die öffentlich-rechtliche iranische Nachrichtenagentur IRNA meldete heute Vormittag lediglich, dass der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif mit seinem syrischen Amtskollegen Faisal Mekdad telefonierte, um über die "Verbindungen" zwischen den beiden Ländern und über "regionale und internationale Entwicklungen" zu sprechen. Dabei seien sich die beiden Politiker einig gewesen, dass sich die Westmächte an die UN-Resolutionen zu Syrien halten und die Souveränität und territoriale Integrität des Landes respektieren müssten.
Die öffentlich-rechtliche syrische Nachrichtenagentur SANA behandelte das Ereignis in ihrem internationalen Auftritt zwar etwas konkreter, verwies dabei aber vor allem auf eine Verurteilung der Bombardements durch den russischen Außenminister Sergej Lawrow, der der russischen Agentur Novosti zufolge von einer "nicht akzeptablen Verletzung internationalen Rechts" sprach.