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Bienenkrankheiten, CO2-Bilanz Amazonaswald und die Verantwortung der Linkspartei für hohe Mieten in Berlin

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne.

1. Die richtige Behandlung gegen Bienenkrankheiten?

"Imker bei uns setzen gegen die Varroa-Milbe Effektive Mikroorganismen ganz erfolgreich ein. Diese Mischung aus aufbauenden Bakterien, Hefen. Pilzen ... stärkt auf jeden Fall auch das Immunsystem und ist da es sich um MO handelt die auch beim Menschen vorhanden sein sollten, absolut unbedenklich. Gut dass Antibiotika unseren Imkern verboten ist, und angeblich siehts mit dem Glyphosatverbot auch positiv aus, oder gibts da Ausnahmen?",

lautet ein Kommentar zum Artikel "USA: 'Impfung' soll Bienen gegen Faulbrut schützen [1]" von Susanne Aigner.

Die Impfung, über die im Artikel berichtet wird, richtet sich gegen die Amerikanische Faulbrut, ausgelöst durch das Bakterium Paenibacillus larvae. Ein Befall mit der Varroamilbe ist ein Parasitenbefall, der daher auch mit anderen Methoden bekämpft werden muss, Antibiotika würden hier ohnehin nicht wirken.

Bei den Bienenkrankheiten ist außerdem zu unterscheiden zwischen der Amerikanischen Faulbrut und der Europäischen Faulbrut, ausgelöst vom Bakterium Melissococcus plutonius.

Auch die Europäische Faulbrut lässt Bienenlarven absterben und es müssen Maßnahmen gegen ihre Verbreitung ergriffen werden. Im Gegensatz zur Amerikanischen Faulbrut handelt es sich aber nicht um ein sporenbildendes Bakterium, wodurch sie sich weniger stark verbreiten kann.

Die geografischen Bezeichnungen sollten aber nicht täuschen: Die Amerikanische Faulbrut kommt mittlerweile weltweit vor.

Die im Kommentar angesprochene Varroamilbe ist ein weit verbreiteter Parasit. Dadurch, dass sie einen Teil der Körperflüssigkeit der Bienen aussaugt, schwächt sie diese und macht sie damit auch anfälliger für Krankheiten. Außerdem können die Milben ihrerseits Viren übertragen.

Gegen den Varroabefall gibt es verschiedene Behandlungsmethoden, die auch abhängig von der Jahreszeit eingesetzt werden. Eine technische Maßnahme ist beispielsweise die Entnahme der Drohnenbrut, die stärker als die Arbeiterinnenbrut befallen wird.

Chemische Mittel gegen die Varroamilbe sind zum Beispiel Ameisensäure, Thymol und das Tierarzneimittel Bayvarol. Wichtig ist aber, dass solche Behandlungen erst nach der Honigernte erfolgen, damit der Honig nicht belastet wird. Bienenvölker ohne Brut können mit Milchsäure oder Oxalsäure [2] behandelt werden.

Effektive Mikroorganismen sind jedenfalls nicht schädlich, ihre tatsächliche Effektivität sollte allerdings noch besser erforscht [3] werden.

Was das angesprochene Verbot von Glyphosat angeht, so steht dieses in der EU weiterhin aus.

Eigentlich war die Zulassung zum 15. Dezember 2022 ausgelaufen, die EU-Kommission hat diese aber um ein weiteres Jahr verlängert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA brauche mehr Zeit, um alle Stellungnahmen zum Thema Glyphosat auszuwerten, so die Begründung.

Ist der Amazonasregenwald eine Kohlenstoffsenke?

"CO2-Bilanz des Regenwaldes ist nahezu neutral, alldieweil minimale Humusbildung >Boden und Humus – das Paradoxon des Regenwalds [4]. Wo soll also da das CO2 längerfristig gespeichert werden?",

entgegnet ein User [5] auf den Artikel "Wenn das Klima kippt, sind Milliarden Menschen bedroht [6]" von Wolfgang Pomrehn.

Nun geht es in Pomrehns Artikel nicht in erster Linie um die CO2-Speicherfähigkeit des Amazonaswaldes, sondern um dessen Bedeutung im Klimasystem der Erde, dazu zählen etwa Einflüsse auf die Verteilung von Niederschlägen.

Denn die Bäume des Regenwaldes verdunsten jede Menge Wasser, nach Angaben des Worldwide Fund for Nature (WWF) 20 Milliarden Kubikmeter am Tag [7]. Diese Verdunstung sorgt für einen kühlenden Effekt und beschert dem südamerikanischen Kontinent selbst Niederschläge, die auch für Menschen und Landwirtschaft in der Region wichtig sind.

Richtig ist, dass der Amazonasregenwald aufgrund von Abholzung und (von Menschen gelegten sowie natürlichen) Waldbränden mittlerweile wahrscheinlich mehr Kohlendioxid emittiert, als er aufnimmt. Laut einer im Mai 2021 im Fachjournal Nature Climate Change veröffentlichten Studie [8] hat der Amazonasregenwald zwischen 2010 und 2019 etwa 13,9 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen, aber auch 16,6 Milliarden Tonnen CO2 wieder abgegeben.

Die Konsequenz aus dieser Erkenntnis kann allerdings nur sein, den Wald besser zu schützen und bereits zerstörte Teile wiederherzustellen, denn noch immer sind gewaltige Mengen von CO2 in der Biomasse des Waldes gespeichert, die bei einer weiteren Abholzung noch zusätzlich freiwerden würden.

Bei Wiederaufforstungsprojekten sind aber keine unmittelbaren Erfolge zu erwarten, vielmehr dauert es bis zu zehn Jahre, bis ein neu angepflanzter Wald wieder zu einer Kohlenstoffsenke wird, wie Wissenschaftler:innen der University Leicester am Beispiel malaysischer Wälder beobachtet [9] haben.

Es ist richtig, dass die Böden im Amazonasgebiet keine große Rolle bei der CO2-Speicherung spielen und der größte Teil des Kohlenstoffs in der oberirdischen Biomasse gebunden ist. Eine Humusschicht wird kaum gebildet, da sich herabfallende Blätter unter dem feuchtwarmen Klima schnell zersetzen und die Nährstoffe quasi direkt wieder von den Pflanzen aufgenommen werden.

Gerade wegen der humus- und nährstoffarmen Böden ist es wichtig, den Wald zu erhalten. Denn wenn er einmal gerodet ist, laugen diese Böden sehr schnell aus und geben dann wenig her, um darauf neue Bäume aufzuziehen.

Verantwortung der Linkspartei für hohe Mieten in Berlin?

Den Artikel "Wohnungsnot und Mietenkämpfe: Sind Hausbesetzungen Geschichte?" [10] von Peter Nowak kommentiert [11] ein User unter der Überschrift "Von der Linkspartei betrogen":

Durch die Aktionen der Berliner Hausbesetzer auch in den letzten Jahren wurde ganz schön viel Druck aufgebaut. (…)

Dann kam die Linkspartei mit ihrem desolaten Mietendeckel, wofür Menschen noch heute zahlen müssen. Und der Bruch, die Volksabstimmung nicht umsetzen zu wollen. Aber in der Zwischenzeit sind die Aktiven eben ausgebremst worden. Besser als die Linkspartei hätte es keine Law-and-order-Politik geschafft, die gestellte Eigentumsfrage zu zerstreuen. Was bleibt sind resignierte Aktivisten, Deutsche Wohnen und Klaus Lederer mit seinem Kapitalkurs.

Ach ja, und im Windschatten von Corona hat der angeblich Rot-Rot-Grüne Senat jede Menge Hausprojekte und besetzte Häuser räumen lassen, obwohl man doch so brav mit ihnen besprochen hat und für den guten Frieden auch noch das Corona-Regiment mitgetragen hat.

Die Linke hat fertig.

Mit Sicherheit werden sich Teile des linken Spektrums in Berlin von der Linkspartei betrogen fühlen. Das, was in diesem Kommentar behauptet wird, ist aber schlicht sachlich falsch.

Was sich die Linke vorwerfen lassen kann, ist, Teil zweier Senate, 2016 bis 2021 und 2021 bis heute, geblieben zu sein, die Politik gegen ihre erklärten Interessen gemacht haben. In der Konsequenz wäre der Linken dann nur geblieben, aus den jeweiligen Regierungen auszutreten.

Doch schauen wir uns die einzelnen hier aufgeführten Punkte an. Der "desolate Mietendeckel" wurde am 15. April 2021 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Gegen den Mietendeckel geklagt hatten allerdings Bundestagsabgeordnete von CDU und FDP.

Dass durch das Urteil Mieten nachgezahlt werden müssen, ist richtig – nur wären die Mieten ohne den Mietendeckel einfach schon vorher erhöht worden, an der Gesamtbelastung für die Mieter:innen ändert sich also nichts. Vielleicht hätte der eine oder die andere nur schon früher umziehen müssen, respektive aus Berlin wegziehen oder wäre früher obdachlos geworden.

Maßgeblich darin, das Ergebnis des Volksentscheids zur Enteignung großer Wohnungskonzerne nicht umsetzen zu wollen, ist Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Giffey erklärt auch kurz vor der Wiederholungswahl noch:

"Ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren [12], mich für Enteignungen einzusetzen."

Giffey hat sich damit auch gegen den Beschluss ihrer eigenen Parteibasis gestellt.

Jede Menge Hausprojekte und besetzte Häuser hätte der rot-rot-grüne Senat räumen lassen, so der Kommentar. Diese Aussage ist bestenfalls halbwahr. Geräumt worden ist in der Amtsperiode des Berliner Senats unter dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) so einiges, darunter auch einige linke Projekte.

Ein Teil davon waren aber Veranstaltungsräume und Kulturprojekte – etwa die Kiezkneipen Syndikat und Meuterei und das Jugendzentrum Potse –, und keine Hausprojekte oder besetzten Häuser. Ein Hausprojekt, das in der Zeit geräumt wurde, ist die Liebig34. Ressortverantwortlicher für die Räumungen war Andreas Geisel (SPD) als Innensenator, der heute das Amt des Stadtentwicklungssenators bekleidet.

Auch hier ist also keine besondere Verantwortung der Linken zu erkennen, außer dass sie eben als Juniorpartnerin am Senat Müller beteiligt war.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-7495939

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.telepolis.de/features/USA-Impfung-soll-Bienen-gegen-Faulbrut-schuetzen-7480529.html
[2] https://www.bienenkunde.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/0/F87C6CC43BE90129C12575D900496453/$FILE/Varroa_unter_Kontrolle.pdf
[3] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27717968/
[4] https://www.faszination-regenwald.de/info-center/oekosystem-regenwald/boden-und-humus/#:~:text=In%20tropischen%20Regenwäldern%20ist%20die,Tier-%20und%20Pflanzenreste%20mechanisch%20zerkleinern
[5] https://www.telepolis.de/forum/Telepolis/Kommentare/Wenn-das-Klima-kippt-sind-Milliarden-Menschen-bedroht/Kann-s-nicht-mehr-lesen/posting-42247242/show/
[6] https://www.telepolis.de/features/Wenn-das-Klima-kippt-sind-Milliarden-Menschen-bedroht-7487632.html
[7] https://www.wwf.de/klimakrise/amazonas
[8] https://www.nature.com/articles/s41558-020-00976-6.epdf?
[9] https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2214462120
[10] https://www.telepolis.de/features/Wohnungsnot-und-Mietenkaempfe-Sind-Hausbesetzungen-Geschichte-7489592.html
[11] https://www.telepolis.de/forum/Telepolis/Kommentare/Wohnungsnot-und-Mietenkaempfe-Sind-Hausbesetzungen-Geschichte/Von-der-Linkspartei-betrogen/posting-42258655/show/
[12] https://twitter.com/TspCheckpoint/status/1615251359539892225