Bildung eines antiwestlichen Blocks
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Die Wahrnehmung des Epochenwandels scheint bei Eliten in Politik und Medien noch nicht in notwendiger Qualität anzukommen. Die Weltpolitik verändert sich ohne westliches Verständnis (Teil 2 und Schluss).
Russland und China auf der anderen Seite bilden zunehmend einen anti-westlichen Block, der die multipolare Weltordnung zu ihren Bedingungen vorantreiben soll. Dies ist auch das Ergebnis des dreitägigen Treffens zwischen Xi Jinping und Wladimir Putin Mitte März 2023 in Moskau. Zum Abschluss der Reise sagte Xi Jinping zu W. Putin in wissentlicher Anwesenheit der Kameras und somit vor der Weltöffentlichkeit:
Es steht ein Wandel bevor, den es seit 100 Jahren nicht mehr gegeben hat. Und wir werden diesen Wandel gemeinsam vorantreiben.
Daraufhin W. Putin: "Ich stimme zu." Xi Jinping beschließt das Gespräch mit den Worten: "Bitte, pass auf dich auf, lieber Freund." W. Putin antwortet: "Ich wünsche dir eine gute Reise!".
Das Treffen Xis mit Putin in Moskau und den damit einhergehenden chinesisch-russischen Beschlüssen, der demonstrierten persönlichen Nähe Xis und Putins‘ als auch die offene Kampfansage an den Westen dürfte der globalpolitischen Mächteverschiebung einen gewaltigen Vorschub leisten.
Xi Jinping hat auf diese Weise Russland und China zu einem anti-westlichen Block erklärt, der den Epochenwandel aktiv vorantreiben wird. Es ist davon auszugehen, dass dieses Treffen der beiden Präsidenten angesichts der offenen Kampfansage an den Westen als "Zeitenwende" auf Chinesisch in dem Kampf um die künftige Weltordnung in die Geschichtsschreibung eingehen wird.
Wurde der endgültige Bruch zwischen Russland und dem Westen am 24. Februar 2022 mit dem Krieg gegen die Ukraine eingeleitet, so ist der Bruch Chinas mit dem Westen vermutlich auf den Zeitpunkt der Reise Xis zu datieren.
Aber nicht nur diese beiden Staaten, der größte Flächenstaat der Erde und zugleich größte Nuklearmacht (Russland) sowie die bevölkerungsreichste und zweitgrößte (Kaufkraft bereinigt sogar die größte) Wirtschaftsmacht der Welt China, entfremden sich vom Westen.
Die nicht-westliche Welt
Die westliche Sanktionspolitik gegen Russland, China, Iran und weiteren unbotmäßigen Staaten sowie die Politik der Sekundärsanktionen, die den Rest der Welt treffen, ordnen sich die Staaten der Welt und deren Unternehmen den westlichen Sanktionen nicht unter, führen zu zwei für den Westen unerfreuliche Entwicklungen:
Erstens fühlen sich diese Staaten angesichts westlicher Sanktionsnötigungen in ihrer Souveränität beschnitten, was insbesondere im Globalen Süden angesichts der westlichen Kolonialgeschichte überhaupt nicht gut kommt.
Und zweitens arbeiten Russland, China und die Staaten des Globalen Südens, kurz die nicht-westliche Welt, an Maßnahmen, um sich gegen westliche Sanktionen zu immunisieren.
Das scharfe Schwert der Sanktionen dürfte zunehmend stumpf werden. Die Beendigung und Einschränkung des US-Dollars im globalen Handel und stattdessen die Finanzierung des Handels über die jeweiligen nationalen Währungen wird nur eine von vielen für die USA schmerzhaften Folgen ihrer inflationären, verantwortungslosen und zumindest in Teilen völkerrechtswidrigen Sanktionspolitik sein.
Brasilien, Indien, Südafrika und China lehnen eine Vereinnahmung durch den Westen im russischen-ukrainischen Krieg dezidiert ab und fordern stattdessen Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sowie dem die Ukraine unterstützenden Westen. Die westliche Sichtweise auf den Krieg weisen sie zurück.
Das heißt nicht unbedingt, dass diese Staaten automatisch die russische Sichtweise teilen. Es bedeutet vielmehr, dass sie sich je ein eigenes Bild von der Konfliktlage machen, ihre Interessen hierbei abwägen und aufgrund der globalen Auswirkungen des Krieges allesamt ein Ende der Kampfhandlungen einfordern.
Hinzu kommen ihre Erfahrungen mit westlichen Doppelstandards – auch und besonders stark in der Frage der ausnahmslosen Einhaltung des Völkerrechts sowie der Respektierung von Menschenrechten.
So monierte Amnesty International in dem vor wenigen Tagen veröffentlichte Jahresbericht, unter anderem die westliche Doppelmoral in der Bewertung von Menschenrechtsverletzungen westlicher Verbündeter.
Die Doppelstandards westlicher Politik untergraben dessen Anspruch, der Leuchtturm der menschlichen Zivilisation zu sein. Dies ist umso bedauerlicher, als der Westen nach dem Ende des Kalten Krieges in der Phase seiner uneingeschränkten Herrschaft, genau diese Leuchtturmfunktion ohne größere Widerstände für eine bessere Welt hätte ausfüllen können.
Doch die Verlockungen der egoistischen Machtakkumulation obsiegten über eine vernunftgeleitete und humanistische Politik zum Nutzen des gesamten Globus.