Bio ist eine Produktion für die verwöhnten Söhne und Töchter von Wohlstandsgesellschaften

Seite 2: "Das Wort 'gesund' hat in unserer Kultur den Begriff 'fromm' ersetzt"

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Tja, Gott schenkt uns die Speisen, aber der Teufel schickt uns die Köche ... Besonders pervers wirken bestimmte Ernährungstrends wie z.B. low carb ja vor dem Hintergrund, dass durch die interkontinentalen Handelsmechanismen immer Menschen woanders darunter leiden und sterben: Palmöl, Geflügel, Fischfang, Tomaten, Milchpulver etc. etc.!?

Udo Pollmer: Die einen heischen durch "gesunde Ernährung" nach dem Ewigen Leben, die anderen wollen durch "bewusste Ernährung" die Welt vor dem Untergang "retten". Ersteres ist Zeichen von Narzissmus, letzteres ein Nullsummenspiel. Die verpönten Ölpalmen produzieren gigantische Mengen an Öl, andernorts müsste man dafür die zehnfache Fläche roden.

Wirklich schädlich für die Umwelt ist doch die aberwitzige Idee von der Energie vom Acker. Rein mengenmäßig ist das für die Energieversorgung bedeutungslos, hat aber massive Folgen für die Versorgung mit Lebensmitteln und das Preisniveau. Dafür wird gerodet und zerstört! Dabei dürfen wir auch den Ökolandbau nicht vergessen. Die Erträge pro Hektar sind deutlich niedriger als bei sachgerechter Produktion. Man benötigt also die doppelte Fläche für den gleichen Ertrag. Wollten wir die Menschen mit "bio" verköstigen, bräuchten wir noch einen zweiten Globus im Kofferraum. Es ist eine Produktion für die verwöhnten Söhne und Töchter von Wohlstandsgesellschaften.

Von Präsident Obama ist bekannt, dass er starker Raucher ist und sich hauptsächlich von Hamburgern ernährt, während die First Lady milliardenschwere Kampagnen dagegen initiierte. Das klingt nach Wasser predigen, aber Wein trinken. Kann es sein, dass politisch Verantwortliche sich Sachen gönnen, die sie den "Menschen da draußen im Lande" (Bundeskanzler Kohl) missgönnen - Prinzip Ceaucescu?

Udo Pollmer: "Gutmenschen" sind halt oft Heuchler. Was Frau Obama den Schulkindern zugemutet hat, war aus Sicht ihrer Schützlinge vielfach nur "zum Kotzen". Die Kinder waren so verzweifelt, dass sie das "gesunde" Zeug reihenweise in den Müll kippten. Wenigstens eine Schule musste sogar die Ernährungstrulla entlassen, um die Gebühren für die Müllabfuhr bezahlen zu können.

Apropos "bezahlen" - wieviel Geld benötigt man eigentlich, um gut und gerne in Deutschland satt und köstlich zu leben?

Udo Pollmer: Das ist eine Frage des Anspruchs. Dennoch sind heute die Kosten für den Inhalt des Kühlschranks dank der hohen Produktivität unserer Landwirtschaft kein großes Thema - zum Glück.

... zumindest im globalen Vergleich, denn alles ist relativ, gell.

Udo Pollmer: Das wird aber nicht so bleiben. Es steigen die Mieten samt Nebenkosten, die Gebühren, die allerorten erhoben werden, die Finanzierung des Sozialsystems über die Betriebe, der vom Staat erzwungene Verwaltungsaufwand, die Finanzierung des Wahnsinns der "Energiewende". Das schlägt natürlich auch auf die Lebensmittelpreise durch und verteuert sie, so dass der eigentliche Warenwert einen immer geringeren Anteil des Verkaufspreises ausmacht. Eigentlich absurd. Die geplante "Agrarwende" wird ebenfalls zu einer deutlichen Verteuerung führen und erhebliche Umweltschäden nach sich ziehen. Mir schwant da nichts Gutes.

Gut gemeint ist eben schlecht gemacht ... Einen Vegetarier erkennt man ja bekanntlich daran, dass er es einem gleich erzählt. In der Veggie-Hauptstadt Berlin gibt es inzwischen schon eine Art postmoderner Portemonnaie-Apartheid zwischen Dinkel-Kiezen und Hartz IV-Ghettos. Sind bestimmte Ernährungstrends und Weltrettungsweisheiten nicht ganz einfach infantile Luxusprobleme und narzisstische Ausflusshobbies überverwöhnter Wohlstandsbürgerkinder, die zu viel Zeit und zu große Kühlschränke haben - im unverdienten Glück, ins Paradies geboren worden zu sein … während andere zu den Sozialtafeln müssen?

Udo Pollmer: Sie sprechen ein wahres Wort gelassen aus. Danke!

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