Biometrie am Flughafen: Ihr Lächeln ist Ihre Bordkarte

Passagiere werden am Flughafen biometrisch gescannt

Die Zukunft der Flugreisen verzichtet auf Papierkram: Gesichtserkennung ersetzt Bordkarten an vielen Flughäfen weltweit, doch der Komfort hat seinen Preis.

Wer in Bangkok ein "Visa on Arrival" für seinen Urlaubsaufenthalt beantragt, wird schon seit Jahren am Einreiseschalter digital fotografiert und das Bild bei der Ausreise mit dem Einreisefoto automatisch abgeglichen, um sicherzustellen, dass beide identisch sind.

Inzwischen geht die Digitalisierung der Gesichtserkennung an den sechs Flughäfen Suvarnabhumi International Airport und Don Mueang International Airport sowie an den Flughäfen von Chiang Mai und Chiang Rai im Norden des Landes und von Phuket und Hat Yai im Süden noch weiter und soll die Abfertigung deutlich beschleunigen, wie die Bangkok Post am 28. Oktober meldete.

Die Passagiere müssen bei diesem System ihre Originalpapiere nur noch einmal vorweisen und werden dann bei allen Folgekontrollen bis zum Boarding nur anhand ihres Gesichts identifiziert.

Um das System nutzen zu können, müssen Passagiere beim Check-in am Schalter oder beim Self-Service-Check-in am Flughafen den Zugriff auf ihre Identifikationsdaten zulassen. Das System erfasst die biometrischen Daten und Reiserouten der Passagiere elektronisch, sodass Flugreisende von der Gepäckabgabe bis zum Gate gehen können, ohne Reisepass und Bordkarte nochmals vorzeigen zu müssen.

Jede Registrierung gilt dabei nur für eine Reise. Das System sollte ab Anfang November für Inlandsflüge verfügbar sein und einen Monat später dann für Auslandsflüge.

Gesichtserkennung auch am Changi Airport in Singapur

Seit dem 30. September gibt es den Abfertigungsservice mit Gesichtserkennung bereits am Changi Airport in Singapur. Die Gesichtserkennung können dort aber zunächst nur Staatsangehörige und Menschen mit permanenter Aufenthaltsgenehmigung in Singapur nutzen. Ausländische Besucher müssen bei der Ankunft weiterhin ihre Reisedokumente vorzeigen, können die Technologie aber jetzt schon bei der Abreise nutzen.

Mit Gesichtserkennung und Irisbiometrie können Passagiere in Singapur in wenigen Sekunden durch die Einreisekontrolle kommen, da man dort voll auf die neue Technologie setzt. Seit der vollständigen Einführung der Gesichtserkennung hat sich die durchschnittliche Zeit, die Reisende für die Einreisekontrolle benötigen, nach Angaben der Immigration & Checkpoints Authority von Singapur um 60 Prozent verkürzt.

In den ersten zwei Wochen nach Einführung sollen schon rund 1,5 Millionen Reisende die automatisierte Passkontrolle genutzt haben.

Vor allem das lange Warten in der Schlange soll sich verkürzen. Die US-amerikanische Airline Delta gibt an, die Reisenden in ihrem biometrisch kontrollierten Terminal doppelt so schnell abfertigen zu können als in den Bereichen mit herkömmlichen Methoden

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"Face Boarding" statt klassischer Bordkarte auch in Deutschland

Der Einsatz von biometrischer Gesichtserkennung an Flughäfen ist im Rahmen der Passkontrolle auch in Europa eine längst geübte Praxis. So testen auch in Deutschland seit einigen Jahren Flughäfen, Airlines und Unternehmen wie Airsphere und Star Alliance Biometrics die Gesichtserkennung auch beim Boarding-Prozess. In München sammelt man schon seit 2020 seine Erfahrungen mit der biometrischen Gesichtserkennung.

Was den Einsatz der biometrischen Gesichtserkennung hierzulande noch behindert, sind nicht etwa Datenschutzbedenken, sondern die fehlende Standardisierung, welche die Kunden irritieren könnte, denn die Flughäfen arbeiten mit unterschiedlichen Anbietern.

Möchte man beispielsweise vom BER in Berlin aus in den Urlaub starten, benötigt man die App SmartDepart von Airsphere. Fliegt man dagegen von München, Hamburg oder Frankfurt aus, benötigt man die App von Star Alliance. Was für Vielflieger ein Argument für einen bestimmten Flughafen sein könnte, bietet für Urlauber, die nur einmal im Jahr oder seltener fliegen, derzeit nur begrenzten Nutzen.

Weil die automatisierte Verarbeitung der Passagierdaten nicht nur einen Komfortgewinn für die Fliegenden darstellt, sondern auch die Abwicklung vom Eichecken bis zum Boarding erleichtert, kommt der Service auch in immer mehr deutschen Flughäfen zur Anwendung.

Noch ist er auf einzelne Airlines beschränkt. Es dürfte jedoch zu erwarten sein, dass die Verbreitung in den nächsten Jahren stark zunehmen wird. Denn er wird in letzter Konsequenz auch das staatliche Tracking der Reisenden erleichtern.

Die biometrische Gesichtserkennung soll dann zwar im Boardingprozess anstelle einer Bordkarte eingesetzt werden, wird sie aber als Nachweisdokument nicht ersetzen. Man muss auch in nächster Zukunft Pass und Boardingpass weiter mit sich führen.

Ob sich die Investitionen lohnen, wenn die Kosten für Flüge und ihre Nebenkosten weiter steigen und viele Geschäftsreisen durch Videokonferenzen ersetzt oder die Firmen in Deutschland eher geschlossen werden, ist derzeit noch nicht absehbar.

In Singapur möchte man die anfänglichen Mehrkosten über höhere Gebühren auf die Passagiere abwälzen. Diese Lösung bietet sich auch für Deutschland an, wo die Frequenzen der Billiganbieter schon zurückgehen und somit die Investitionen in die Gesichtserkennung von weniger Passagieren aufgebracht werden müssen als zuvor kalkuliert.