Böllern oder saufen?

Die Einhaltung einer Promillegrenze beim Böllern dürfte schwer zu kontrollieren sein. Symbolbild: meineresterampe auf Pixabay (Public Domain)

Der Verband der pyrotechnischen Industrie meint, es liege am Alkohol, wenn sich Menschen bei der Silvesterknallerei verletzen. Verbotsforderungen gegen die "Tradition" weist er zurück

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) werden wohl in diesem Leben keine Freunde mehr: "Während der VPI sich auf die Fortsetzung einer beliebten Silvester-Tradition freut, setzt die DUH ihre Tradition fort, eben diese Vorfreude der Bevölkerung durch oft unhaltbare Kritik konterkarieren zu wollen", beschwerte sich der Verband am Montag.

Anlass war eine Pressekonferenz in Berlin, bei der die Deutsche Umwelthilfe gemeinsam mit der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und zwei Tierschutzorganisationen ein bundesweites Verbot von Pyrotechnik zum Jahreswechsel gefordert hatte. Jedes Jahr gebe es in der Silvesternacht Unfälle mit Feuerwerk und Notarzteinsätze, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Aus diesem Grund hatte es zum Jahreswechsel 2020/2021 zumindest ein bundesweites Verkaufsverbot für Feuerwerk gegeben, um die Krankenhäuser in der Corona-Krise nicht zusätzlich zu belasten. Zahlreiche Städte und Gemeinden hatten außerdem umfangreiche Verbotszonen eingerichtet, in denen das Zünden von wo auch immer gekauften Böllern untersagt war.

Die Niederlande waren mit einem landesweiten Verbot einen Schritt weitergegangen. Umwelt- und Tierschutzorganisationen fordern dies nun auch für die Bundesrepublik Deutschland und würden es nach der Pandemie gerne beibehalten, nicht zuletzt wegen der hohen Feinstaub- und Lärmbelastung für Menschen, Haus- und Wildtiere. Ärztinnen und Ärzte verweisen auf zum Teil schwere Verletzungen und bleibende Schäden durch Böllerverletzungen.

Schwere Augen- und Handverletzungen

"Unsachgemäßer Gebrauch von Feuerwerk führt zu Verbrennungen in Gesicht und an den Händen oder zu Verletzungen am Trommelfell", so der Augenarzt Andreas Reuland. Jedes Jahr gebe es etwa 500 Augenverletzungen durch Silvesterfeuerwerk in Deutschland. Etwa 100 Betroffene seien schwer verletzt und müssten stationär oder sogar in einer Notoperation versorgt werden.

Auch schwere Handverletzungen werden gehäuft in der Silvesternacht gemeldet. Allein in Berlin waren am 1. Januar dieses Jahres trotz der Verbotszonen und des Verkaufserbots zehn Personen davon betroffen. Einem Patienten, der mit selbstgebastelten Feuerwerkskörpern hantiert hatte, musste ein Teil der Hand amputiert werden.

Mehr als 300.000 Personen haben bereits eine aktuelle Online-Petition der Deutschen Umwelthilfe für ein ganzjähriges Verbot des Zündens von Feuerwerk für Privatpersonen unterzeichnet.

Was gehört zur Tradition?

Der Verband der pyrotechnischen Industrie findet die Argumentation darin unfair und setzt "Fakten" dagegen: Zum Beispiel, dass in der Regel Alkohol im Spiel sei, wenn es beim "unsachgemäßen" Gebrauch von Pyrotechnik Verletzte gebe. Da stellt sich unter anderem die Frage, wie viele Böllerfans bereits wären, in der Silvesternacht nüchtern zu bleiben.

Die Befürworter des Böllerverbots halten sinngemäß dagegen, dass auch der Alkoholkonsum in der Silvesternacht in der westlichen Welt Tradition hat. "Wenn man sich den hohen Alkoholkonsum bei den Feiern vor Auge hält, ist es eigentlich schon fast ein Wunder, dass nicht noch mehr passiert", heißt es in der Petition.

Auch auf gezielte Körperverletzungen - sowohl an Polizei- und Rettungskräften als auch an Kindern - wird verwiesen. "Dass einige der Täter alkoholisiert waren, spielt keinerlei Rolle, denn dies ist im Vorfeld bereits klar."

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