Brandenburgs Grüne: Vom Kabinett in die Bedeutungslosigkeit
Brandenburgs Grüne fallen tief. Erst verlieren sie bei der Landtagswahl ihre Mandate. Nun folgte ein politisches Nachspiel, das die Partei endgültig aus der Regierung fegt.
Auf der Homepage des Ministeriums sind noch zahlreiche Termine angekündigt, die die Ministerin für Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Ursula Nonnemacher (https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/ministerium/ministerin-ursula-nonnemacher/#), in den nächsten Tagen wahrnehmen wollte. Doch daraus wird nichts. Am vergangenen Freitag entließ Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke die Ministerin fristlos.
Dieser Schritt, mit dem der zweite von den Grünen gestellte Minister in Brandenburg zurücktrat, erfolgte kurz vor der Abstimmung über die seit Monaten diskutierte Krankenhausreform im Bundesrat.
Woidke wollte mit der kurzfristigen Entlassung der seit 2019 amtierenden Ministerin verhindern, dass diese der von Bundesgesundheitsminister Lauterbach verantworteten Gesundheitsreform im Bundesrat zustimmt.
Schließlich war sie als Gesundheitsministerin federführend dafür verantwortlich. Woidke hingegen wollte den Vermittlungsausschuss anrufen, was ein Inkrafttreten der Reform vor den Neuwahlen verhindert hätte.
Das wäre nicht nur für Gesundheitsminister Lauterbach eine herbe Niederlage gewesen, der die Gesundheitsreform schließlich als einen der wenigen Erfolge seines Ressorts verkaufen will.
Woidke gegen die eigene Partei?
Wäre die Reform am Freitag im Bundesrat durchgefallen, wäre auch die SPD mit dem Malus in die Neuwahlen gegangen, eine zentrale Reform nicht durchgesetzt zu haben. Deshalb haben sich auch unionsgeführte Landesregierungen, allen voran Bayern, dafür ausgesprochen, die Gesundheitsreform in den Vermittlungsausschuss zu verweisen, also der SPD keinen Erfolg zu gönnen.
Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass sich mit Woidke ein SPD-Ministerpräsident in die Phalanx derer einreiht, die kurz vor der Wahl der eigenen Partei keinen Erfolg im Bundesrat mehr gönnen, im Gegenteil sogar offen darauf hingearbeitet haben, dass die SPD in der Frage der Gesundheitsreform im Bundesrat eine Niederlage erleidet.
Dafür war Woidke sogar bereit, seine rot-grüne Koalition ohne Vorwarnung aufzulösen. Denn Nonnemacher wollte mit ihrer Zustimmung zur Gesundheitsreform die Gesundheitsreform mit fachlichen Argumenten durchsetzen und damit auch Gesundheitsminister Lauterbach und der SPD einen Erfolg bescheren, den Woidke ihr verweigerte.
Nonnemacher begründete ihre Zustimmung zur Reform damit, dass diese gerade in den ländlichen Regionen Brandenburgs konkrete Verbesserungen bringe. Zudem äußerte sie die nicht unbegründete Vermutung, dass eine Überweisung der Gesundheitsreform in den Vermittlungsausschuss nicht eine Verschiebung, sondern ein Scheitern der Gesundheitsreform bedeutet hätte.
Nach den Neuwahlen wäre dann wahrscheinlich ein komplettes Gesetz auf den Weg gebracht worden. Auf die Stimmen Brandenburgs im Bundesrat kam es letztlich nicht an. Die Gesundheitsreform wurde mehrheitlich gebilligt.
Woidke in der Kritik
In der Kritik steht seitdem allerdings Woidke, dem Machtspiele und undurchdachtes Handeln vorgeworfen werden.
Denn die Kündigung war auch inhaltlich widersprüchlich. Das Land Brandenburg hätte in der strittigen Frage der Gesundheitsreform auch anders abstimmen können.
Das hätte bedeutet, dass sich Brandenburg in dieser Frage enthalten hätte. So hat es beispielsweise das Land Thüringen im Bundesrat in der Frage der Gesundheitsreform gehalten.
Während ein Minister der Linkspartei die Reform in den Vermittlungsausschuss überweisen wollte, war ein Minister der SPD dagegen, was Enthaltung bedeutete.
Das Abstimmungsverhalten Thüringens sorgte für Aufmerksamkeit, aber nicht für einen Eklat wie in Brandenburg. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Bundesländern. Sowohl in Thüringen als auch in Brandenburg sind die Regierungen nur geschäftsführend im Amt und werden wahrscheinlich bald abgelöst.
In Brandenburg könnte es bald zu einer Koalition zwischen SPD und BSW kommen. Die Grünen wären an einer künftigen Regierung in Brandenburg schon deshalb nicht mehr beteiligt, weil sie nach der Landtagswahl im September 2024 ebenso wie die Linke und die FDP aus dem Landtag geflogen sind.
Dies war auch das Ergebnis eines Wahlkampfes, in dem sich Dietmar Woidke als einzige Alternative zur AFD präsentiert hatte. Ihm ging es darum, dass nicht die Rechtsaußenpartei, sondern die SPD stärkste Partei im Landtag wird. Die Rechnung ging auf, wie das Wahlergebnis zeigte.
Doch schon unmittelbar danach geriet Woidke in die Kritik. Er sei mit seinem Kurs gegen die AfD mitverantwortlich dafür, dass derzeit nur noch SPD, AFD, BSW und CDU im Landtag vertreten sind und alle kleineren Parteien rausgeflogen sind.
Grüner Bedeutungsverlust
Der Rauswurf der Grünen wird Woidke leicht gefallen sein, weil die Partei nicht mehr im Landtag vertreten ist und die Ablösung absehbar war. Dahinter steht aber auch ein politisches Symbol. Von einer Zusammenarbeit von SPD und GRÜNEN als politisches Projekt spricht schon lange niemand mehr.
Auch auf Bundesebene gäbe es dafür keine Mehrheiten mehr. Der rüde Rauswurf von Nonnemacher wird aber auch bundesweit die Differenzen zwischen SPD und Grünen weiter vertiefen. Bei den GRÜNEN haben sich längst diejenigen durchgesetzt, die auf ein Bündnis mit der Union drängen.
Aber in der Union gibt es starke Vorbehalte gegen ein Bündnis mit den Grünen. Wäre eine Koalition mit einer geschwächten SPD nach den Neuwahlen rechnerisch möglich, womöglich ergänzt durch eine FDP, die es wieder einmal in letzter Minute in den Bundestag schafft, blieben die Grünen in der Opposition.
Der Rauswurf in Brandenburg zeigt den Bedeutungsverlust der Grünen auch bundesweit. Auch in Thüringen werden sie sich bald aus der Regierung verabschieden, auch dort flogen sie aus dem Landtag. Selbst in Baden-Württemberg, wo sie derzeit den bisher einzigen grünen Ministerpräsidenten stellen, könnten sie bald in der Opposition landen.
Räumung eines Klimacamps keine Meldung
Eine ungewohnte Situation für eine Partei, die Opposition längst verlernt hat. Eine soziale Bewegung, die für grünes Mitregieren eintritt, gibt es schon lange nicht mehr. Im Gegenteil: Klimaaktivisten und grüne Partei gehen längst getrennte Wege.
Das zeigte sich vor einer Woche in Brandenburg. Dort wurde ein Protestcamp von Umweltschützern gegen die Erweiterung der Tesla-Fabrik in Grünheide von der Polizei geräumt.
Zunächst hieß es, es gehe um die Räumung von Kampfmitteln im Wald. Bald stellte sich jedoch heraus, dass es um die Räumung des gesamten Camps ging. Zum Zeitpunkt der Räumung waren die Grünen-Minister in Brandenburg noch im Amt. Auf der Homepage des Landesverbandes der Grünen in Brandenburg findet sich dazu keine Meldung, dafür viel Selbstlob über einen Mitgliederzuwachs.