Brisantes Leak: Wollte Ursula von der Leyen Bulgarien in die Eurozone schleusen?

Seite 2: Parteichef Petkov: Aufnahme zu von der Leyen "Werk der Geheimdienste"

Am Abend des 25. Mai 2023 war PP-Chef Petkov vor die Kameras getreten, um eine schriftliche Erklärung zu verlesen. Ein "emotional instabiler Kollege", so hieß es in ihr, beabsichtige, die PP-DB-Fraktion aus Protest gegen die angestrebte Regierung mit Gerb zu verlassen und bereite die Veröffentlichung von Kompromaten vor, "manipulierte Aufnahmen aus parteiinternen Sitzungen zum Zwecke der Anschwärzung und Nötigung".

Bei der Aktion handle sich um das "Werk der Geheimdienste und des Deep State mit dem Ziel der Destabilisierung und des Scheiterns der Regierungsbildung", insinuierte Petkov, "denn die Dienste wissen, dass wir ihre Führung auswechseln werden".

Tatsächlich präsentierte Petkovs früherer Sportminister Radostin Vassilev am folgenden Vormittag einen von ihm erstellten fünfminütigen Zusammenschnitt einer knapp fünfstündigen Online-Sitzung des Nationalen Rats von PP am 21. Mai 2023.

In ihm war Kiril Petkovs Stimme zu vernehmen, mit Aussagen wie:

Wir setzen auf Maria Gabriel, die davon träumt, Premierministerin zu werden. Durch diese Variante wird Borissow reingewaschen, das steht außer Zweifel. Es sieht nach einer Koalition aus, aber wir werden sagen, dass es nur Maria Gabriel ist.

Maria Gabriel, so referierte Petkov weiter, sei "nur die Frau ihres Mannes", habe kein eigenes Gewicht und sei "eine politische Gefangene". In Reaktion darauf erklärte Gabriels Partei Verhandlungen zur Regierungsbildung für bis auf weiteres eingefroren.

Für besondere öffentliche Erregung sorgten Passagen, in denen ausländische Faktoren zur Sprache kamen, weckten sie doch nicht nur Zweifel an der Prinzipientreue von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, sondern auch an Bulgariens Unabhängigkeit gegenüber Einflüssen fremder Mächte.

Heute (21. Mai 2023) hatte ich ein Gespräch mit Ursula und stellte ihr folgende Frage: "Wenn es die Möglichkeit für solch eine Regierung gibt, versprichst Du uns, dass Du uns (in die Eurozone und den Schengenraum) hereinlässt?" Sie sagte: "Für Schengen habt Ihr eine große Chance, für die Eurozone müsst Ihr Euch etwas einfallen lassen, wie Ihr die Regeln umgehen könnt." Ich sagte: "Können wir überlegen, bei der Inflation den Ukraine-Effekt abzuziehen?" Und sie sagte: "Zitiere mich damit nicht, aber ich werde versuchen, Dir zu helfen."

Es sähe ganz so aus, kommentierte Petkov, "als finde sie die Idee nicht schlecht".

Der redselige Politiker zwang die EU-Kommission, zu bestätigen, dass "von der Leyen und Petkov für Bulgarien wichtige Themen erörtert haben, einschließlich der Eurozone und die Aufnahme in Schengen", um gleichzeitig zu beteuern: "Von der Leyens Position zu beiden Themen ist klar."

Brüssel zu Stellungnahme gezwungen

Später präzisierte der Sprecher der EU-Kommission, Eric Mamer, von der Leyen habe ihre Unterstützung für die Aufnahme des Landes in den Schengener Raum bekräftigt. Der Eingang in die Eurozone sei aber, "ein Prozess, dessen Anforderungen für alle Staaten gelten, bei dem alle Regeln eingehalten werden müssen".

Unter Berufung auf nicht näher benannte Kreise der EU-Kommission wussten bulgarische Medien zu berichten, die Präsidentin der EU-Kommission habe erzürnt auf die Indiskretion und Verwicklung ihres Namens in innenpolitische Auseinandersetzungen Bulgariens reagiert.

Als typisch für Bulgariens demokratische Kultur gilt insbesondere die Praxis, nach einer Übernahme der Regierungsgeschäfte Funktionsträger aus ihren Ämtern in der Staatsverwaltung hinauszukegeln, um eigene Leute auf ihre Posten zu ersetzen.

Aus der von Vassilev veröffentlichten Aufnahme scheint hervorzugehen, dass es die Absicht der als Reformpartei profilierten PP war, diese Tradition nahtlos fortzusetzen.

Nicht nur in den zivilen Institutionen werde man das Personal erneuern, sondern vor allem auch in den Repressionsorganen und Geheimdiensten, wo "die neuen Leute bereits mit der Botschaft abgestimmt" seien. "Ausländische Gesandte werden uns bei der Restrukturierung der Dienste helfen", so Petkov dazu.

In Reaktion darauf sah sich der US-Botschafter Kenneth H. Merten zum Dementi genötigt:

Wir haben keine Namen erörtert, mit niemandem, das ist nicht meine Arbeit, nicht meine professionelle Verpflichtung. Letzten Endes respektieren wir die Souveränität Bulgariens und diese Entscheidungen müssen von bulgarischen Bürgern getroffen werden, nicht von ausländischen Akteuren.

Als der von den Sozialisten nominierte Staatspräsident Rumen Radev am vergangenen Montag PP-Spitzenkandidat Nikolai Denkov das Mandat zur Regierungsbildung erteilte, erklärte er, die Verfassung verpflichte ihn dazu, allerdings erachte er das Mandat bereits für diskreditiert und könne seine Realisierung nicht empfehlen.

"Es ist unangemessen von mir, Ihnen nach den bekanntgewordenen Aufnahmen ein Mandat zu geben und das Schicksal Bulgariens in die Hände der Führer Ihrer Partei zu legen", sagte Radev. Zur Begründung führte er "die Torpedierung der Souveränität" Bulgariens, "geplante Säuberungen in den Diensten und der staatlichen Verwaltung" und die "Diskreditierung der Führer der europäischen Institutionen und des Namens Bulgariens" an.

"Ich denke, wir sind uns alle einig, dass Bulgarien eine stabile Regierung braucht", erwiderte Nikolai Denkov knapp.

Unter dem Motto "Hier ist nicht Moskau" versammelten sich am Dienstagabend tausende Befürworter der beabsichtigten Koalition vor dem Staatspräsidium und protestierten gegen die nach ihrem Dafürhalten übergriffige Anmaßung des Präsidenten, den zur Regierung entschlossenen Parlamentsparteien Belehrungen zu erteilen und forderten seine Amtsenthebung.

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