Brüssel markiert den Stillstand
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Die EU sammelt auf einer Geberkonferenz für Syrien sechs Milliarden Euro ein. Doch der erhoffte politische Impuls bleibt aus: Amerikaner und Russen ignorieren die Europäer
War es einfach Pech? Oder böse Absicht, wie manche EU-Diplomaten in Brüssel glauben? Wie dem auch sei - die groß angekündigte Geberkonferenz für Syrien wurde von der Giftgas-Attacke auf Chan Schaichun überschattet. Statt über großzügige EU-Hilfen und neue Friedens-Initiativen haben die Vertreter von mehr als 70 Staaten zwei Tage lang vor allem über die Frage diskutiert, wer hinter dem mutmaßlich gezielten Angriff stecken könnte.
Dabei gab es die üblichen Schuldzuweisungen - aber auch weniger übliche Rückzieher. Während die EU-Außenbeauftragte und Gastgeberin Federica Mogherini am ersten Tag spontan Syriens Machthaber Baschar al-Assad für (mit-)schuldig erklärte, ruderte sie am zweiten und letzten Tag des internationalen Treffens schon wieder zurück: "Wer auch immer verantwortlich ist, wird zur Rechenschaft gezogen", erklärte die Italienerin.
Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) gab sich ungewohnt vorsichtig. Er sprach zwar von einem "schweren Kriegsverbrechen" und "Barbarei", wollte sich aber nicht festlegen, wer dafür verantwortlich sei. Sogar auf die Frage nach dem üblichen Verdächtigen Russland wich Gabriel aus: "Russland ist jetzt mitverantwortlich dafür, eine schnelle Aufklärung zu ermöglichen und Konsequenzen zu ziehen", so der SPD-Politiker.
EU will stockenden "politischen Prozess" in Syrien wiederbeleben
Die Zurückhaltung hat einen Grund: Die EU möchte den stockenden "politischen Prozess" in Syrien wiederbeleben - und ist dabei auf die Mithilfe der USA und Russlands angewiesen. Die USA sollten "Nachhutgefechte" aus dem Wahlkampf beenden und sich stärker bei den Uno-Verhandlungen engagieren, forderte Gabriel. Der Kampf gegen den "Islamischen Staat" sei zwar wichtig. Doch der politische Prozess dürfe nicht aus dem Blickfeld geraten.
Doch mit wem wollen die Europäer eigentlich verhandeln? Amerikaner und Russen hatten nur zweitrangige Delegationen nach Brüssel geschickt. Auch die Türken zierten sich. Und bei der Uno dreht sich nun erst einmal alles um den Giftgas-Angriff.
Der Frieden, für den die EU schon jetzt plant, ist wieder in weite Ferne gerückt; eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats endete ohne greifbares Ergebnis. Dass US-Präsident Donald Trump danach vage Drohungen ausstieß, macht die Sache nicht besser.
Gabriel: "Es kann keine Kumpanei mit diesem Regime geben"
Doch selbst wenn diese akute Krise überstanden ist, sieht es nicht gut aus für die europäische Syrien-Politik. Sie will die Wiederaufbau-Hilfe nämlich von einem Abgang Assads abhängig machen. "Dieser Tyrann kann unmöglich Teil einer künftigen Regierung sein", sagte der britische Außenminister Boris Johnson zum Abschluss einer zweitägigen Syrien-Konferenz in Brüssel. "Es kann keine Kumpanei mit diesem Regime geben", betonte Gabriel.
Doch ein Ende des Regimes hat selbst für die USA keine Priorität mehr. Die EU-Hilfen als Hebel einzusetzen, könnte sich daher als Bumerang erweisen. Das ahnt wohl auch Mogherini, die zum Schluß des zweitägigen Treffens zwischen unkonditionierter humanitärer Hilfe und politisch konditionierter Wiederaufbau-Hilfe unterschied. Dazu kommt noch die Hilfe für die Nachbarländer Syriens - sie wird als Rezept gegen "Fluchtursachen" gepriesen.