"Bugonia": Die Verschwörung der Deppen
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Zynische Querdenker-Fabel: Yorgos Lanthimos' Paranoia-Thriller erzählt von Alien-Invasion-Fantasien und dem Aufstand der Außenseiter.
Die Außerirdischen sind da! Mit "Bugonia" kommt ein schmerzhaft aktueller Film über Paranoia und Alien-Invasion-Fantasien ins Kino.
Es wäre sehr lustig, wenn es nicht alles so furchtbar wäre: Der Boom der Verschwörungstheorien, von Menschen, die tatsächlich glauben, dass viele von uns schon längst in Echsenwesen verwandelt worden sind.
Oder die allen Ernstes behaupten, dass in unserem Brustkorb eine Pyramide sitzt, die unsere Gehirne durch eine Matrix manipuliert – was man aber glücklicherweise durch Meditation ganz leicht wieder loswerden kann ... Und Ähnliches.
Von ihnen erzählt nun auch der neue Film von Yorgos Lanthimos, dem in Hollywood arbeitenden Griechen, der 2024 mit "Poor Things" einen großen internationalen Erfolg feierte und vier Oscars gewann.
Verhandlungen mit den Aliens
Alles beginnt mit einer ebenso lustig-absurden wie abgründig-beunruhigenden Prämisse: Zwei gesellschaftliche Loser und Außenseiter namens Teddy (Jesse Plemons) und Donny (Aidan Delbis), typische Provinzdeppen des US-amerikanischen "White Trash", der sich vor der Welt im Wald versteckt, wenn er nicht gerade auf MAGA-Demos marschiert.
Beide Männer sind fest davon überzeugt, dass die Erde gerade von eingeschleusten Außerirdischen unterwandert und bald vernichtet werden wird.
Bei der Führerin dieser "Andromeda Wesen", so glauben sie, handle es sich um Michelle Fuller, die Geschäftsführerin eines mächtigen Pharmakonzerns (Emma Stone). Die Alien-Prinzessin plant ihrer Aufassung nach, durch die Vernichtung aller Bienen während einer Mondfinsternis den Planeten zu zerstören.
Teddy, das muss man auch wissen, ist Imker von Beruf und träumt von der Organisation des menschlichen Lebens nach dem Vorbild eines Bienenstaats – der Titel bezieht sich auf den antiken Mythos der "Bugonie" der Bienen.
Um Verhandlungen mit den Aliens herbeizupressen, entführen die zwei Spinner Michelle.
Andromeda gegen den Bienenstaat
Andromeda gegen den Bienenstaat – diese krude Prämisse, von Lanthimos in gewohnter Gratwanderung zwischen absurd-alberner Komödie und schmerzhaftem Paranoia-Thriller inszeniert, verwandelt sich von einer grotesken Komödie allmählich in eine beißende Satire, eine apokalyptische Fabel über Machtmechanismen, Klassenkampf, Manipulation und den allgemeinen Irrsinn unserer Gegenwart.
Stilistisch bedeutet "Bugonia" einen weiteren Schritt in die Konventionalisierung von Lanthimos' Kino, und eine Abkehr von vielen Eigenheiten der früheren Arbeiten des Regisseurs.
Lanthimos verzichtet diesmal weitgehend auf stark verzerrende Objektive und strenge Geometrie seiner Einstellungen und entscheidet sich für eine Bildsprache, die dynamischer ist, weniger affektiert, als seine vorherigen Filme und weniger in ihrem "Mätzchen" und im eigenen Kunstcharakter badet.
Der Regisseur interessiert sich mehr dafür, den chaotischen, instinktgetriebenen Kosmos der Verschwörungstheoretiker zu entfalten, und lässt sich auf bemerkenswerte – und für den Rezensenten sehr kritikwürdige – Weise auf ihn ein.
Bis zum Ende darf man sich fragen, ob es die Außerirdischen und die von Teddy und Donny skizzierte Andromeda-Verschwörung vielleicht wirklich gibt?
Oder, wenn man Lanthimos zynische Grundhaltung zum westeuropäischen Rationalismus und den Errungenschaften von Aufklärung und Wissenschaft kennt, wird man vielleicht eine der "überraschenden Wendungen" des Endes bereits ahnen.
"Ich mache Kuuuunst!!!"
So ist das zentrale Thema des Films die Folgen der Überforderung vieler Menschen in einer Welt, in der Wahrheit scheinbar zerfließt, alte Gewissheiten erodieren und paranoide Fiktionen plötzlich den gesellschaftlichen Diskurs wesentlich (mit-)bestimmen – vor allem als Reaktion auf neue Techniken, unbegreifliche Fortschritte und unbequeme Veränderungen, die viele Leute nicht wahrhaben oder akzeptieren wollen.
Aber immer noch gibt es auch hier jene Lanthimos-Momente, in denen der Regisseur verzweifelt dem Publikum zuzubrüllen scheint: "Ich bin anders! Ich mache keine normalen Kommerz-Filme!! Ich mache Kuuuunst!!!"
Figuren reden zu leise und zu schnell, bewegen sich wie Roboter, ertragen Gewalt, die Menschen nicht folgenlos ertragen. Das Ergebnis ist ein hohles Kinowerk, das Exzentrik mit Substanz verwechselt.
"Bugonia" ist das Remake des koreanischen Films "Save the Green Planet!" von Jang Joon-hwan aus dem Jahr 2003. Das Drehbuch des neuen Films stammt von Will Tracy, dem Autor der Serien "Succession" und "The Regime". Er verschärft den Stoff der Vorlage zu einer triftigen Kritik unserer Gegenwartsgesellschaft.
Einer Kritik, in der die Mächtigen und Privilegierten aber nicht mehr Schuld an den Verhältnissen haben, als die normalen Bürger.
Stilisierte Seltsamkeit
Dieser Film markiert die vierte Zusammenarbeit zwischen Lanthimos und Emma Stone seit "The Favourite" (2018) – eine der erfolgreichsten, inspirierendsten und wagemutigsten kreativen Allianzen des zeitgenössischen populären Kinos, offenkundig geprägt von persönlicher Chemie und künstlerischer Komplizenschaft.
Trotz ihres Status als eine der bekanntesten Hollywood-Stars zeigt Emma Stone auch hier wieder eine bemerkenswerte Bereitschaft, sich auf unbequeme und riskante Geschichten einzulassen, und sich mit Geist wie Körper hundertprozentig in eine Rolle zu werfen.
Dass sich Stone im Laufe der Dreharbeiten eine Glatze rasieren lassen musste, ist nur das äußerliche Kennzeichen dieser Radikalität.
Aber bei aller Radikalität hat man sich an diesen ästhetischen Gesten sattgesehen.
Seien wir ehrlich: Was mit "The Favourite" großartig begann, und mit "Poor Things" künstlerisch respektabel und wirtschaftlich triumphal weitergeführt wurde, beginnt allmählich auszuleiern und in öde Wiederholungen zu münden. Alles wird eintöniger, vorhersehbar und abgestanden.
Der Lanthimos-Stone-Komplex ist von dem immer-selben, betont "skurrilen", distanzierten Tonfall und einer selbstgefälligen, stilisierten Seltsamkeit geprägt. Alles ist längst keine überraschende Exzentrik mehr, sondern Rezeptur.
Groteske Folter-Szenen und Momente körperlicher Qual
Immer wieder komisch, aber dominiert von verstörenden Untertönen, ist "Bugonia" ein unbequemer, aber auch nervtötender Film. Kein Werk, das Antworten geben will oder zeigen möchte, oder eine Frage stellt, irgendetwas sucht, aber auch kein Film, der Vergnügen bereiten möchte, sondern ein Film, der behauptet, durch Irritationen Erkenntnisse zu provozieren und unsere bescheidene Wahrnehmung der Realität infrage zu stellen. Sehr sehr zeitgeistgerechtes, eiskalt kalkuliertes, affektiertes Kunsthandwerkskino.
"Bugonia" wirkt so, als sei er nicht für ein normales Publikum gemacht, sondern für Oscar-Wähler und Kritiker, die alles loben, was unkonventionell erscheint. Dieses Kalkül wird nicht aufgehen.
Lanthimos Film vereint schwarzen Humor mit Zynismus – getragen von der Gewissheit, dass Wahnsinn im Kino nur funktioniert, wenn er sorgfältig komponiert ist.
Dazu gehören wie immer bei Lanthimos auch hier groteske Folter-Szenen und Momente, in denen Figuren körperlich und seelisch gequält werden.
Manche würden das Kunst nennen.