Bundesbeauftragter für Umsiedelung? Der Fall Felix Klein
Plakat in Tel Aviv: Der deutsche Bundesbeauftragte für Antisemitismus zeigt sich offen für Trumps Vertreibungspläne
(Bild: Jose HERNANDEZ Camera 51/Shutterstock.com)
Felix Klein sorgt mit Zustimmung zu Trumps Gazaplänen für Empörung. Die Bundesregierung distanziert sich deutlich. Droht ihm nun sogar das politische Aus?
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat mit Äußerungen zu den Gazaplänen von US-Präsident Donald Trump und der Forderung nach dem Einsatz des Verfassungsschutzes an Universitäten für heftigen Widerspruch gesorgt.
In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung zeigte Klein Verständnis für die Vertreibungspläne Trumps für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen. "Es lohnt sich, genauer hinzuschauen: Ich halte es nicht für verkehrt, radikal und einmal völlig neu zu denken", so der erste deutsche Antisemitismusbeauftragte, der dieses Amt seit seiner Einführung 2018 bekleidet.
Vernünftiger Vorschlag?
Entgegen der Darstellung in einigen Medienberichten habe Trump nicht von einer "Vertreibung" gesprochen, sondern von einer "Umsiedlung". Andere Interpretationen hält Klein für "übertrieben".
"Während Sie Ihr Haus renovieren, schlafen Sie schließlich auch nicht darin, und die massiven Zerstörungen verlangen im Grunde nach einem umfassenden Aufbau einer komplett neuen Infrastruktur", sagte Klein gegenüber der Zeitung.
Klein hält auch "die Idee einer internationalen Verwaltung für das Gebiet durchaus für einen vernünftigen Vorschlag, den man diskutieren kann". Politisch müsse man sehen, dass es Israel selbst mit seinem massiven militärischen Einsatz nicht gelungen sei, "das Problem" militärisch zu lösen. Kritik an der israelischen Kriegsführung äußerte Klein in dem Gespräch nicht.
US-Präsident Trump hatte angekündigt, dass die USA die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen werden.
Er will das Gebiet in eine "Riviera des Nahen Ostens" verwandeln und die palästinensische Bevölkerung in andere Länder zwangsumsiedeln – freilich ohne Rückkehrrecht, was auch Klein nicht entgangen sein dürfte.
Der Vorschlag fand unter der rechtsgerichteten israelischen Regierung von Benjamin Netanjahu den erwarteten positiven Widerhall. International stieß er auf heftige Kritik. Die Vereinten Nationen warnten vor einer ethnischen Säuberung.
Verfassungsschutz soll an Hochschulen tätig werden
Darüber hinaus forderte Klein, den Verfassungsschutz an deutschen Universitäten einzusetzen. In der "linken, gerade auch akademischen Welt" würden Islamismus und Terror verharmlost, so Klein. Die Sympathien von Lehrpersonal für "Anti-Israel-Demonstrationen" würden ihn "schockieren".
Dieses "Ausmaß an Radikalität", das Klein als "antisemitisch" einstuft, dürfe der Staat nicht hinnehmen. Reine Präventionsarbeit reiche nicht aus, hier seien "auch die Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz gefragt".
Darüber hinaus forderte Klein den neu gewählten Bundestag dazu auf, das Strafrecht auf Kosten propalästinensischer Aktivitäten weiter zu verschärfen, indem beispielsweise "Billigung von Terror im Ausland" unter Strafe gestellt werden kann. "Ich bedauere, dass diese Verschärfung in der letzten Legislaturperiode nicht zustande gekommen ist", so Klein.
Damit knüpfen Kleins innenpolitische Vorschläge nahtlos an die von Trump in den USA angelegten Daumenschrauben für Hochschulen in Bezug auf Israelkritik an.
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben die Bundesrepublik wiederholt für die bereits bestehenden Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit bei propalästinensischen Protesten kritisiert.
Bundesregierung distanziert sich
Aus dem Bundesinnenministerium, wo Kleins Amt organisatorisch angesiedelt ist, kam umgehend Widerspruch zu den Äußerungen. "Herr Klein hat nicht für die Bundesregierung gesprochen, sondern seine persönliche Auffassung geäußert", stellte ein Sprecher klar.
Auch das Auswärtige Amt betonte, dass Kleins Aussagen nicht die außenpolitische Haltung der Bundesregierung darstellen. Für diese hätten sich bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) geäußert.
Scholz hatte Trumps Vorstoß als "Skandal" bezeichnet und erklärt: "Die Umsiedlung von Bevölkerung ist nicht akzeptabel und gegen das Völkerrecht." Außenministerin Baerbock sagte, der Gazastreifen gehöre – ebenso wie das Westjordanland und Ostjerusalem – den Palästinensern.
Klein nicht zum ersten Mal in der Kritik
Mit seinen jüngsten Äußerungen steht der auf Völkerrecht spezialisierte Jurist und Diplomat Felix Klein nicht zum ersten Mal in der Kritik. Bereits 2020 sorgte Klein für Furore, als er dem kamerunischen Historiker Achille Mbembe , einer der führenden Theoretiker des Postkolonialismus, für dessen Kritik an der israelischen Besatzungspolitik Antisemitismus vorwarf.
Mehrere Wissenschaftler und Künstler erklärten daraufhin in einem offenen Brief ihre Solidarität mit Mbembe und forderten Kleins Abberufung. Kritiker warfen ihm vor, den Kampf gegen Antisemitismus für "private Rachefeldzüge" zu nutzen. Der Zentralrat der Juden stellte sich damals gemeinsam mit anderen Verbänden hinter Klein.
Klein vertritt die Ansicht, dass der Vorwurf der Apartheid, so er sich an Israel richtet, grundsätzlich antisemitisch sei, da dies "den jüdischen Staat delegitimiere". Das liegt auf Linie mit der in Deutschland offiziell verordneten, umstrittenen Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA).
Die Definition steht vonseiten der Vereinten Nationen und teilweise sogar ihren eigenen Schöpfern in der Kritik, gezielt missbraucht zu werden, um Kritik an Israel diskursiv abzublocken und "echten" Antisemitismus zu begünstigen, da der Begriff so an Bedeutung verliere.
Rücktrittsforderungen
Auch im Zuge der jüngsten Äußerungen kam es wieder zu Rücktrittsforderungen. Die "Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost" kritisierte Klein als "Mann der extremen Rechten", der bereits mit evangelikalen Antisemiten auf der Straße gewesen sei, wie die Zeit berichtete. Klein setze die autoritären Tendenzen der Trump-Regierung und der israelischen Regierung fort, so die Organisation in einer Stellungnahme.
Der propalästinensische Journalist Tarek Baé kritisierte, dass "Juden und Israel auf gefährliche Weise gleichgestellt" würden und forderte Kleins Entlassung. Das Amt dürfe nicht von einer Person besetzt werden, die "offen für völkerrechtswidrige Positionen" einstehe.
Auch die ehemalige Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, nannte Kleins Aussagen "unerträglich". "Hier wird nicht renoviert, Zehntausende sind tot", so Wissler auf X.
Der Publizist und Nahostexperte Michael Lüders sieht die Agenda der deutschen Antisemitismusbeauftragten generell kritisch. In seinem Buch "Krieg ohne Ende?" (Telepolis berichtete) warnte er vor einer "geistigen Verzwergung", wenn "verbeamtete deutsche Nichtjuden (deutschen) Juden erklären, was Antisemitismus sei, und ihnen nötigenfalls bescheinigen, Antisemiten zu sein – weil sie etwa das israelische Vorgehen im Gazastreifen anprangern."