Bundesverkehrsminister: Fortgesetzte Arbeitsverweigerung
Treibhausgasdaten für 2022 zeigen, dass im Verkehrssektor erneut mehr in die Luft geblasen wurde, als das Klimaschutzgesetz erlaubt. Was ist da los? Was geschehen müsste, aber nicht geschieht.
Das Umweltbundesamt hat die vorläufigen Daten über die deutschen Treibhausgasemissionen im vergangenen Jahr veröffentlicht. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß besorgniserregend: Die Emissionen von Kohlendioxid (CO₂) und den anderen das Klima beeinflussenden Gasen (vor allem Methan und Lachgas) gingen lediglich um 1,9 Prozent zurück.
Angesichts der 2015 mit der Unterschrift unter die Pariser Klimaschutzübereinkunft eingegangenen Verpflichtungen ist das viel zu wenig. Auch die unzureichenden Ziele des Klimaschutzgesetzes werden dadurch nicht erreicht. Dafür müssten die Emissionen bis 2030 jährlich um sechs Prozent zurückgehen, wie UBA-Präsident Dirk Messner bei Bekanntgabe der neuen Zahlen betont.
Insgesamt wurden 2022 nach UBA-Angaben 746 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente in die Luft geblasen, wobei die anderen Treibhausgase entsprechend ihrer Klimawirksamkeit über einen Zeitraum von Hundert Jahren in CO2 umgerechnet werden. Wir haben neulich bereits dargelegt, dass es durchaus gute Gründe gibt, beim Methan mit zwanzig Jahren zu rechnen.
Dann würde deutlicher, dass dieses kurzlebige Gas in den ersten zwanzig Jahren nach seiner Freisetzung das Klima viel stärker beeinflusst, als wenn ein 100-jähriger Zeithorizont angesetzt wird. Allerdings hat sich dieser als internationaler Standard durchgesetzt, und die Emissionsdaten werden sinnvollerweise so berechnet, dass sie auch mit denen anderer Länder vergleichbar sind.
Aber zurück zu den UBA-Zahlen. Die 746 Millionen liegen immer noch etwas höher als das, was 2020 emittiert wurde, und der Rückgang im Vergleich zu 2021 geht nur zum Teil auf direkte Klimaschutzmaßnahmen, nämlich den Ausbau der erneuerbaren Energieträger zurück. Ansonsten war die Entwicklung im vergangenen Jahr, dass in der Industrie und Energiewirtschaft aufgrund des hohen Preises deutlich weniger Erdgas eingesetzt wurde.
In der Stromproduktion konnte das Erdgas nur zum Teil durch einen wachsenden Anteil von Wind- und Solarenergie ersetzt werden. Ansonsten wurde mehr Braun- und Steinkohle, aber auch mehr Mineralöl verfeuert. Das lag, so das UBA, unter anderem auch an einer gesteigerten Strom-Nachfrage aus dem Ausland, da in Frankreich zeitweilig die Hälfte der maroden Atomkraftwerke ausfiel.
Wie sich bereits abzeichnete, sind die Sektoren Gebäude und mehr noch der Verkehr die großen Problemfelder, in denen die im Klimagesetz fixierten Ziele immer wieder gerissen werden.
Im Gebäudesektor waren die Emissionen mit 111,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten zumindest weiter leicht rückläufig. Anders der Verkehr, der weiter auf viel zu hohem Niveau stagniert. Im Prinzip hat sich hier, von leichten Schwankungen abgesehen, in den letzten 30 Jahren seit Unterzeichnung der Klimaschutzrahmenkonvention nichts getan.
147,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente wurden in diesem Bereich 2022 in Deutschland in die Luft geblasen, und zwar ganz überwiegend von Lkw und Pkw, von Verkehrsträgern also, die zu einem erheblichen Teil durch Schiene und ÖPNV ersetzt werden könnten, wenn diese denn entsprechend ausgebaut und attraktiver gestaltet werden.
Doch damit will sich das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium, zumindest was eine bessere Abstimmung der Anschlusszeiten im Fernverkehr angeht, bis 2070 Zeit lassen. Zwischenzeitlich konzentriert man sich ganz darauf, das bundeseinheitliche Nah- und Regionalverkehrsticket möglichst unattraktiv zu gestalten, den Autobahnbau zu forcieren und die Modernisierung der europäischen Autoindustrie zu blockieren. Ganz Technologie-offen.
Die Klimaschutzziele sind übrigens keine unverbindlichen Absichtserklärungen der Regierung, sondern im Gesetz pro Sektor für jedes Jahr durch Emissions-Obergrenzen definiert. Für den Bereich des Verkehrsministers Volker Wissing (FDP) waren es 2022 134 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Schon im Vorjahr hatte er die Latte gerissen, doch Konsequenzen hat seine Arbeitsverweigerung bisher nicht für ihn.
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