CCS als Klimawunderwaffe: Die Renaissance einer fossilen Propagandalüge
- CCS als Klimawunderwaffe: Die Renaissance einer fossilen Propagandalüge
- Kohlenstoffverpressung kann keinen Beitrag zum Klimaschutz bringen
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Bundesregierung, EU-Kommission und die UN-Klimagipfelleitung in Dubai propagieren offensiv CCS. Dabei kann die Kohlenstoffverpressung nichts zum Klimaschutz beitragen. Warum das Ganze eine teure Kopfgeburt ist.
CCS ist ein Kürzel für den englischen Terminus "Carbon Capture and Storage", was so viel bedeutet wie "Kohlenstoff einfangen und abspeichern". Gemeint ist damit eine Technik, das Kohlendioxid aus den Schornsteinabgasen von Kohle- oder Erdgaskraftwerken sowie Industrieabgasen oder der Atmosphäre herauszufiltern und in den tiefen Untergrund (z.B. in ausgeförderte Erdgasfelder) zu verpressen.
Klimaschutztechnisch macht jedoch lediglich das Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre (z.B. durch Pflanzenkohle, Humusaufbau, Aufforstung und Wiedervernässung von Mooren) oder durch Direkt Air Capture (DAC) Verfahren und das sichere Einbinden in festes Karbonatgestein Sinn.
Letzteres hat zum Ziel, das gasförmige Kohlendioxid in festes Karbonatgestein chemisch einzubinden – nicht zu verwechseln mit dem Einschluss des CO2-Gases in Bergwerken. Dadurch könnte das ehemals atmosphärische Kohlendioxid tatsächlich für Jahrtausende von der Atmosphäre ferngehalten werden.
Doch all diese sinnvollen Kohlenstoffsenkungsmethoden stehen nicht im Fokus der Klimaschutzpolitik. In diesem Kontext ist mit CCS fast immer die Abscheidung aus Verbrennungsprozessen, wie Kohle- oder Erdgaskraftwerke, aus Industrieabgasen oder Erdölverbrennungen, gemeint. Für CCS aus fossilen Kraftwerken gibt es zwar schon seit vielen Jahren einige wenige Pilotprojekte, aber diese sind allesamt sehr teuer und kaum funktionsfähig und konnten nur mit sehr hohen staatlichen Subventionen realisiert werden.
In den USA wird seit Jahrzehnten CO2 aus fossilen Kraftwerken in Gas- oder Öllagerstätten gepresst, um durch Druckerhöhung die Förderung zu effektivieren ("Enhanced Gas bzw. Oil Recovery" – EGR bzw. EOR). Der Öl- oder Gasförderer zahlt für das CO2, weil er dadurch seinen Stoff schneller und in größerer Menge der Verbrennung zuführen kann.
Eine dauerhafte unterirdische Speicherung des CO2 wird überhaupt nicht angestrebt und findet auch nicht statt. Als die Energiekonzerne ihre ursprüngliche Strategie – den Klimawandel zu leugnen – aufgrund immer erdrückender werdender Fakten einstellen mussten, kamen sie auf die Idee, die CO2-Verpressung als "geologische Speicherung" auszugeben.
So werden Kraftwerke, deren CO2 für EGR oder EOR eingesetzt wird, als "CCS-Kraftwerke", also Kraftwerke mit CO2-Speicherung, bezeichnet (so auch im aktuellen CCS-Evaluierungsbericht der Bundesregierung), obwohl gar keine Speicherung stattfindet. Dies ist nur eine der beschönigenden, aber unzutreffenden Behauptungen, die einem im Kontext von CCS auf Schritt und Tritt begegnen.
Seit etwa 20 Jahren wird CCS wirkungslos als Klimaschutz propagiert
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als etwa um 2002 herum u.a. die Ölkonzerne BP, Shell und Exxon die Bundestagsabgeordneten einluden, um ihre Vorstellungen zum Klimaschutz zu präsentieren. Mit großem Aufwand und besten Lichtbildern wurde ihr Verständnis von Klimaschutz auf die Leinwand geworfen: Mit CCS kann man weiter Erdöl, Erdgas und Kohle verbrennen, ohne das Klima zu schädigen. So lautete die Botschaft.
Nichts hat sich seitdem außer ein paar staatlich subventionierten und sündhaft teuren Pilotprojekten entwickelt.
Technikfolgenabschätzung zu CCS von 2007
Im Jahre 2007 hatte das Büro für Technikfolgen-Abschätzung im Bundestag (TAB) eine von mir und den anderen Berichterstattern in Auftrag gegebene Studie zu CCS erarbeitet.
Die TAB-Wissenschaftler stellten fest: "Es bestehen aber noch erhebliche Wissenslücken, bevor man die Frage beantworten kann, ob die Abscheidung und Lagerung von Kohlendioxid tatsächlich eine tragfähige Klimaschutzoption sein kann".
Dennoch verbreiteten Politik und fossile Wirtschaft die Einschätzung, dass die CCS-Technologie etwa um 2020 im großtechnischen Maßstab zur Verfügung stehen würde.
Schon um 2015 große Ernüchterung bezüglich CCS
So gut wie alle Konzerne hatten sich um 2015 dann aus der CCS-Technologie zurückgezogen. Gründe hierfür waren, dass diese zu teuer, die CO2-Abscheidungsraten viel zu gering und andere technische Probleme kaum überwindbar erschienen. Zudem hatten Bürgerinitiativen – nicht nur in Deutschland – großen Zulauf.
Die Bevölkerungen befürchteten Kontaminierung von Grundwasser und Boden sowie Erstickungsgefahr durch austretendes CO2 einhergehend mit einem Niedergang der allgemeinen Lebensqualität in ihrer Heimat.
Die Bürgerinitiative "Gegen CO2-Endlager" in Schleswig-Holstein hatte 3.000 Mitglieder (darunter mehr als 30 Gemeinden und zwei Landkreise). Über den Ministerpräsidenten Carstensen (CDU) konnte sie Kanzlerin Merkel veranlassen, eine "Länderklausel" ins CCS-Gesetz einzufügen, die es Bundesländern ermöglichte, CCS auf ihrem Territorium zu verbieten.
In der Altmark (Sachsen-Anhalt) erreichte die Bürgerinitiative, dass die dort von Gaz de France bereits errichtete CO2-Verpressungsanlage rückgebaut wurde, ohne je in Betrieb gegangen zu sein. Doch die fossilen Konzerne gaben nicht auf und propagierten weiter CCS, wobei sie von Klimaschützern, z.B. aus dem Klimaforschungsinstitut PIK in Potsdam und vom Weltklimarat IPCC unterstützt wurden.
2019 hatte Professor Marc Jacobson von der Stanford Universität in Kalifornien nachgewiesen, dass CCS an Kohlekraftwerken allerhöchstens elf Prozent der CO2-Emissionen reduzieren kann, aber dafür die Luftverschmutzung aus den Kraftwerken erhöht. Einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz kann CCS also nicht leisten.
Renaissance von CCS in der Ampelkoalition, EU und Weltklimakonferenz
Trotz all dieser klaren negativen Erkenntnisse und ihrer 20-jährigen Erfolglosigkeit hat es die fossile Weltwirtschaft mit ihrer Propaganda geschafft, dass CCS wieder ganz oben in den politischen Klimaschutzprogrammen rangiert.
Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sieht ausdrücklich CCS insbesondere aus Industrieabgasen vor. Das EU-Klimaschutzprogramm "Fit For 55" stellt ebenfalls auf CCS ab.
Auf dem jüngsten Petersberger Klimadialog, der als Vorbereitung für die kommende Weltklimakonferenz gilt, stand CCS ebenso im Mittelpunkt. Insbesondere der Präsident der nächsten Weltklimakonferenz in Abu Dhabi, Al Jaber, sprach sich für CCS aus. Er verlangte den Ausstieg aus fossilen Emissionen. Er meinte also bewusst nicht die fossile Energienutzung.
Gemeint hat er offensichtlich die Anwendung von CCS bei der Nutzung von Erdöl und Erdgas. Kein Wunder, ist Al Jaber doch gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzernes ADNOC, der riesige Geschäfte mit Erdöl und Erdgas – auch mit Deutschland – macht.
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