Chaos in US-Kongress zeigt: Republikaner sind eine Aufstandsbewegung, keine Partei
Seite 2: Prinzip verbrannte Erde
Von diesen Raubzügen erfuhr die Bevölkerung nichts. Sie wurde abgelenkt, hysterisiert und gespalten: Waffenbesitz als heiliges Recht, für das Republikaner kämpfen. Religiöser Fanatismus und Kreationismus, der Abtreibungen als Ursünde anprangert. Immigranten als Bedrohung der Nation. Die Liste ließe sich lange fortsetzen.
Das Chaos, das die GOP im Bann des Irrsterns Trump und seiner Extremistenbewegung in der Gesellschaft verbreiten will, um überhaupt Mehrheiten hinter sich versammeln zu können, frisst sich mehr und mehr in die Parteiorganisation hinein. Kritiker:innen von Trump und des Coup-Versuchs sind innerhalb der Republikaner isoliert. Die Tochter des früheren US-Vizepräsidenten Dick Cheney Liz Cheney, eine der wenigen prominenten Republikaner:innen, die sich gegen Trump ausgesprochen hat, konnte sich bei den parteiinternen Vorwahlen um einen Sitz im Repräsentantenhaus nicht durchsetzen.
Die Gretchenfrage ist nun: Wem nützt das republikanische Parteichaos, den Demokraten oder den Republikanern? Man sollte nicht zu schnell antworten, denn die Bewertung hängt von vielen Aspekten ab. Jedenfalls scheint die Beliebtheit von Trump nicht zu leiden.
Für die Zivilgesellschaft und Demokratie ist parlamentarisches Chaos, das Prinzip der verbrannten Erde, Gift. Es vernichtet die letzten Reste des Vertrauens, spaltet und bringt politische Irrationalität ans Ruder.
Das zeigt sich auch an der Stimmungslage im Land. Laut einer US-Umfrage halten mehr als zwei Fünftel der Amerikaner einen Bürgerkrieg in den nächsten zehn Jahren für einigermaßen wahrscheinlich – eine Zahl, die sich bei den überzeugten Republikaner-Anhängern auf mehr als die Hälfte erhöht.
Für die innere Stabilisierung der USA gibt es nur einen nachhaltigen Weg: Es braucht echte progressive Alternativen, die den US-Amerikaner:innen spürbar zugutekommen. Nur so kann Vertrauen zurückgewonnen werden.