Seite 2: Das Klima ist in Polen zunehmend vom eskalierenden Konflikt zwischen der nationalkonservativen Regierung und der Opposition geprägt

Seit einigen Jahren bemüht sich die Organisation um ein etwas moderateres Auftreten, so werden offen antisemitische Parolen vermieden, zumal die Partei zu einem Unabhängigkeitsmarsch am polnischen Nationalfeiertag im November lädt, an der auch moderate Rechte mitlaufen.

Mit den letzten Parlamentswahlen wurde die Organisation aufgewertet. Die populistische Partei Kukiz'15 des Rocksängers Pawel Kukiz hat auch fünf Mitgliedern der "Nationalen Bewegung" den Zugang zum Sejm ermöglicht. Eine rechtsextreme Partei, die auch ONR-Aktivisten offen steht.

Die Kukiz-Partei kooperiert mit der allein regierenden "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) im Kampf gegen die liberale Opposition. Beim Thema Flüchtlinge setzte Pawel Kukiz Premierministerin Beata Szydlo unter Druck. Diese kündigte nach den Anschlägen in Brüssel an, vorerst keine Flüchtlinge aufzunehmen (Polens Regierung verhängt Aufnahmestopp für Flüchtlinge).

Für die ONR steht derzeit die Stimmungsmache gegen mögliche muslimische Migranten an erster Stelle. Ähnlich der in Finnland gegründeten Bürgerwehr "Soldiers of Odin" patrouillieren sie nun in der Nähe der wenigen Flüchtlingsheime, um katholische Polen vor möglichen Übergriffen zu schützen.

Auch ist die ONR sehr aktiv in den Fußballstadien, um Mitglieder zu werben, wie Rafal Pankowski, Vorsitzende der antirassistischen Organisation "Nie wieder", bedauert. Der polnische Fußballverband (PZPN) habe die Zusammenarbeit mit "Nie wieder" kürzlich abgebrochen, so Pankowski. Zuvor sei man gemeinsam gegen die Verwendung nationalistischer Zeichen vorgegangen. Verbale und körperliche fremdenfeindliche Attacken haben in Polen in den letzten Monaten zugenommen, jeden Tag gingen bei der Organisation mehrere Meldungen ein.

"Dass eine solche Organisation, die offen für den Faschismus wirbt, ungestraft in Polen marschieren darf, ist ein schlechtes Zeichen für das Klima in Polen" so Pankowski.

Offiziell hat die nationalkonservative PiS mit der ONR nichts zu tun. Doch das Klima ist in Polen zunehmend vom Konflikt zwischen der nationalkonservativen Regierung und der Opposition geprägt, der sprachlich immer mehr eskaliert. Die Liberalen werden als Verräter und Denunzianten bezeichnet. Zumindest auf lokaler Ebene scheint es auch Kooperationen zwischen Rechten und Rechtsextremen zu geben. So lud im März die ONR in Piaseczno bei Warschau zusammen mit der PiS zu einem Film, der den portugiesischen Diktator Anotonio de Salzar als Vorbild pries.

Gegen die ONR wirken oft lokale Initiativen. So patrouillieren Freiwillige in der einstigen Vielvölkerstadt Lodz, um die ONR mit Büchern zu bekehren - denn Fremdenfeindlichkeit entstehe ja durch mangelnde Bildung.

Im Teatr Dramatyczny in Bialystok wurde das Theaterstück "Weiße Kraft, Schwarze Erinnerungen" entwickelt. Es basiert auf Reportagen über die rechte Szene in der konjunkturschwachen Region im Nordosten Polens. Trotz Drohungen und Protesten von nationalistischer Seite konnte das Stück am vergangenen Samstag seine Premiere als Gegenstück zu den Fahnenaufmärschen feiern,