China: Auf der solaren Überholspur
Energie und Klima – kompakt: Im Land der Mitte werden mehr Solar- und Windkraftanlagen ans Netz angeschlossen, als irgendwo sonst auf der Welt.
Eines von fünf Solarpaneelen, die letztes Jahr ans Netz gingen, schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg, wurde auf einem chinesischen Dach installiert.
Beachtliche 51 Gigawatt (GW) Leistung seien im vergangenen Jahr mit den unzähligen Kleinanlagen hinzugekommen. Mit denen lässt sich in China – grob geschätzt – so viel elektrischer Strom gewinnen, wie in fünf bis sieben großen Atomkraftwerken oder in etwa zehn modernen Kohlekraftwerken.
Allein diese neuen chinesischen Dachanlagen können mehr als doppelt so viel Leistung ans Netz bringen, wie der gesamte Solarausbau des Jahres 2022 in den USA, die im vergangenen Jahr mit 20,5 GW die Nummer Zwei bei der Installation neuer Solaranlagen waren. Außerdem wäre da noch der Ausbau von solaren Großanlagen, der 2022 noch einmal eine Gesamtleistung von über 40 GW zusätzlich ans Netz brachte.
Der gewaltige Schub beim Solarausbau in China ist umso beachtlicher, als die meisten Subventionen Ende 2021 ausgelaufen sind, wie Bloomberg weiter schreibt. Offensichtlich sind die Solaranlagen in China inzwischen so günstig, dass sie auch ohne Bezuschussung für Hausbesitzer eine schöne Nebeneinnahme bieten.
Geholfen hat dabei auch die Verteuerung des Stroms für private und industrielle Abnehmer. Nachdem es 2021 zu zahlreichen Blackouts gekommen war, hatten die Behörden den Energieversorgern erlaubt, höhere Preise zu nehmen.
Die sind nun, zusammen mit der Angst vor neuen Blackouts und politischem Druck, die Produktion klimafreundlicher zu gestalten, auch für viele Betriebe ein kräftiger Anreiz, Solaranlagen auf die Dächer zu bringen und eigenen Strom zu produzieren. Einige Beobachter gehen davon aus, dass der Ausbau auf den Dächern in den kommenden Jahren wieder zurückgehen könnte.
Dafür spreche unter anderem, dass vielerorts die Stromnetze dem Wachstum hinterherhinken und manche Provinzen außerdem mit negativen Strompreisen bei zu hohem Angebot experimentieren oder für Anlagenbesitzer den Kauf von Stromspeichern vorschreiben. Für 2023 wird aber auf jeden Fall noch einmal ein Solarausbau von weiteren 60 GW auf Chinas Dächern erwartet, was dann schon fast 90 Prozent der in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland installierten Leistung wäre.
Auch sonst ist China weltweit mit großem Abstand die Nummer eins beim Ausbau erneuerbarer Energieträger. 2022 gingen zum Beispiel auch Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 32,6 GW ans Netz. Das war gegenüber den Vorjahren ein Rückgang, aber immer noch mit großem Abstand mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Und so wird es in den nächsten Jahren wohl weitergehen. Die Internationale Energieagentur in Paris geht davon aus, dass der Windenergieausbau in China wieder anzieht. Und wenn man einem Bericht der englischsprachigen Zeitung China Daily trauen darf, dann könnte das Plansoll in der Volksrepublik wie so oft in den vergangenen Jahren mal wieder reichlich übererfüllt werden.
Eigentlich hat die Regierung in Beijing vor, bis 2030 knapp 1200 GW Solar- und Windleistung am Netz zu haben. Derzeit sind es bereits etwa 760, und nach dem Bericht der Zeitung, die sich auf eine wissenschaftliche Studie beruft, sind für die nächsten Jahre im ganzen Land weitere 800 GW in den Planungs-Pipelines. Dann bestünde allerdings die Frage, ob die Netzinfrastruktur wirklich schnell genug angepasst und ausgebaut werden kann.
Und wie es mit den Flächen aussieht, denn in der Nähe der großen Metropolen im Osten ist das Land meist dicht besiedelt und wird ansonsten für die Landwirtschaft benötigt. So muss man, sofern man nicht Dächer nutzt, auf die Wüsten und Steppen in den küstenfernen Teilen des Landes oder auf das Meer ausweichen.
Oder auf die künstlichen und natürlichen Seen. Entsprechend ist man bereits vor einiger Zeit dazu übergegangen, schwimmende Solaranlagen zu bauen, die einige Vorteile haben. Unter anderem kann in heißen Klimata die Beschattung durch die schwimmenden Solarpaneele den Wasserverlust durch Verdunstung spürbar senken.
Das ist besonders für Stauseen von Interesse, deren Wasser zur Bewässerung oder zur Energiegewinnung genutzt wird. Zimbabwe und Sambia haben zum Beispiel seit einigen Jahren das Problem, dass dort der Kariba-Stausee am Sambesi aufgrund fehlender Niederschläge einen zu niedrigen Wasserstand hat. Im vergangenen November berichtete Al Jazeera, dass das dortige Wasserkraftwerk zeitweise seine Produktion ganz einstellen musste. In den vergangenen Jahren hätte aufgrund von Dürren nie die volle Leistung von etwas mehr als einem Gigawatt ausgenutzt werden können.
Für Zimbabwe, das nach den Angaben von Al Jazeera 70 Prozent seines Stroms von den Turbinen am Kariba-Damm bezieht, ist das fatal, zumal auch die Kohlekraftwerke des Landes altersschwach sind. Daher kommt wahrscheinlich der Vorschlag der China Energy Engineering Company gelegen, über den die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Das Unternehmen würde gern auf dem Stausee eine schwimmende Solaranlage mit einer Leistung von einem GW installieren. Eine solche Anlage hätte auch den Vorteil, dass sie den Netzanschluss des Staudamms mitnutzen könnte und im Idealfall außerdem die Turbinen nur nachts laufen müssten, wenn kein Solarstrom anfällt.
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