China im Corona-Krisenmodus, Entwarnung für Europa
- China im Corona-Krisenmodus, Entwarnung für Europa
- Droht ein Superspreader?
- Auf einer Seite lesen
Infektionswelle in urbanen Zentren erreicht Rekordwert. Offen ist, wie sich das chinesische Neujahrsfest auswirken wird. In Europa zeichnet sich die Ausbreitung der Untervariante XBB.1.5 ab.
Seit Peking Anfang Dezember die Abkehr von der Null-Covid-Strategie verkündete, überschlagen sich die Hiobsbotschaften zusammen mit Spekulationen über die Situation in China, es regen sich auch Bedenken, was den Rest der Welt betrifft.
Das Problem mit den Zahlen
Offiziell unbestätigte Schätzungen sprechen für die ersten drei Dezemberwochen von 248 Millionen Corona-Infizierten im Reich der Mitte, eine beachtliche Zahl, die hierzulande unter anderem von der ARD-tagesschau verbreitet wurde. Die Welle habe, so heißt es mit Bezug auf die chinesischen Staatsmedien, in Großstädten ihren Höhepunkt überschritten und erfasse allmählich die ländlichen Gebiete.
Leider sind die Meldungen vielfach garniert mit Zahlensalat, so auch bei den Todesfällen. In der Mehrzahl berichten ausländische Medien von etwa 9.000 Corona-Toten pro Tag. Von chinesischer Seite werden die Zahlen notorisch stark untertrieben, um das Öffnungskonzept nicht übermäßiger öffentlicher Kritik auszusetzen. Ganze 15 Covid-Todesfälle wurden gemeldet, seit am 7. Dezember die Aufhebung der Beschränkungen losging.
Das britische Gesundheitsdatenunternehmen Airfinity, eine weltweite Anlaufstelle für Gesundheitsanalysen in Echtzeit, beziffert die täglichen Todesfälle aktuell auf 18.900 (Zeitpunkt 9. Januar) und nennt eine kumulative Zahl von 269.400 Toten seit dem 1. Dezember.
Täglich infizieren sich laut Airfinity knapp drei Millionen Chinesen mit dem Virus.
"Ideale Bedingungen für das Virus"
Die chinesische Bevölkerung konnte durch die Null-Covid-Strategie keine ausreichende Grundimmunität gegen das Virus aufbauen, daher trifft das Virus nach der abrupten Kehrtwende der Corona-Politik viele Menschen ungewappnet. Wie Björn Meyer, Leiter der Arbeitsgruppen Virusevolution der Universität Magdeburg, laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte, bieten gerade die chinesischen Metropolen ideale Bedingungen für das Coronavirus, weil hier Millionen Menschen dicht beieinander leben.
Die Lage in China ist vergleichbar mit der in Europa im Frühjahr 2021, als ein Großteil der Bevölkerungen noch nicht geimpft war.
Björn Meyer
Die hauptsächlich verwendeten Impfstoffe – Sinopharm und Sinovac – erweisen sich als wenig wirksam gegen die Omikron-Variante; dazu kommt, viele der Älteren sind nicht geboostert und daher potenziell schweren Krankheitsverläufen ausgesetzt.
"Covid Chaos at Hospitals"
Obwohl die chinesische Führung alles tut, um die Situation als beherrschbar darzustellen, dürfte es immer weniger gelingen, der Bevölkerung mit Erfolg amtliche Beruhigungspillen zu verpassen. Das renommierte chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin beispielsweise brachte die Situation in Metropolen wie Peking, Guangzhou, Chengdu oder Shijiazhuang auf den Nenner und sprach von "Covid Chaos at China's Hospitals".
Allerdings ist laut Aussage von Experten die Welle in den urbanen Zentren wohl offenbar überschritten, so den Städten Peking, Chengdu und Tianjin. Eine Einschätzung, die vergangene Woche von Wu Zunyou, dem führenden Epidemiologen des chinesischen CDC (Chinese Center for Disease Control and Prevention), bestätigt wurde.
Die bekannten Zahlen sind dennoch erschreckend hoch. Wie das Nachrichtenportal New Delhi Television (ndtv) mitteilt, wurden zuletzt allein in der wohlhabenden Küstenprovinz Zhejiang täglich eine Million Einwohner infiziert.
Die Städte Quzhou und Zhoushan gaben dem Sender zufolge an, dass sich mindestens 30 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infiziert hätten, die östliche Küstenstadt Qingdao ging von rund 500.000 neuen Fällen pro Tag aus und das südliche Produktionszentrum Dongguan von bis zu 300.000.