China zündet erste selbstgebaute 300-MW-Gasturbine
China testet erste 300-MW-Gasturbine. Technologischer Fortschritt in Rekordzeit. Was bedeutet das für die globale Energiebranche und militärische Anwendungen?
China hat einen wichtigen Meilenstein bei der Entwicklung von Hochleistungsgasturbinen erreicht: Die erste im Land gebaute 300-Megawatt-Gasturbine hat einen Zündtest erfolgreich bestanden. Das gab der chinesische Minister für Industrie und Informationstechnologie, Jin Zhuanglong, am Montag bei einer Einweihungsfeier in Shanghai bekannt.
Technologischer Meilenstein: China holt rasant auf
Der Erfolg markiert einen bedeutenden technologischen Fortschritt für das Land. Noch 2016, zu Beginn des Projekts, lag China rund 30 Jahre hinter der westlichen Technologie zurück, schreibt die in Hongkong ansässige South China Morning Post (SCMP).
In weniger als einem Jahrzehnt sei es dem Entwicklerteam des Unternehmens China United Heavy-Duty Gas Turbine Technology gelungen, diese Lücke zu schließen.
Minister Jin hob hervor, dass das Projekt "zahlreiche Herausforderungen gemeistert und mehrere Schlüsseltechnologien beherrscht hat, wodurch der gesamte Entwurfs- und Fertigungsprozess abgeschlossen werden konnte".
Technische Details der Hochleistungsgasturbine
Die chinesische 300-MW-Gasturbine ist vergleichbar mit den weltweit eingesetzten Standardmodellen der F-Klasse. Sie arbeitet bei einer Betriebstemperatur von rund 1.400 Grad Celsius (2.552 Fahrenheit). Zum Vergleich: Die derzeit größte in Betrieb befindliche Gasturbine, die SGT5-8000H von Siemens, erreicht eine Leistung von 375 MW. Das entspricht laut SCMP "der kombinierten Turboladerleistung von 1.300 Porsche 911".
Hochleistungsgasturbinen werden vor allem zur Stromerzeugung aus Erdgas, zur Abdeckung von Spitzenlasten im Stromnetz sowie als Antrieb für mittelgroße Flugzeugträger und Zerstörer eingesetzt. Ihre Herstellung ist komplex, da sie unter hohen Temperaturen, Belastungen und korrosiven Bedingungen arbeiten müssen.
Gasturbinen als Antrieb für Kriegsschiffe
Gerade in modernen Kriegsschiffen spielen Hochleistungsgasturbinen eine wichtige Rolle, wenn hohe Leistung und Geschwindigkeit gefordert sind. Wie die Fachzeitschrift "Europäische Sicherheit & Technik" schreibt, haben Gasturbinen "ein Leistungsgewicht von unter 1 t/MW" gegenüber "3 bis 5 t/MW" bei schnelllaufenden Dieselmotoren. Außerdem können sie "sehr kurzfristig große Leistungen" liefern.
In der US Navy werden nach Angaben des "U.S. Naval Institute" LM2500-Gasturbinen von General Electric in Zerstörern der Arleigh-Burke-Klasse, Kreuzern der Ticonderoga-Klasse und Flugzeugträgern eingesetzt. Auch die britische Royal Navy setzt auf Gasturbinen in Zerstörern, Fregatten und Flugzeugträgern. Die Fregatten der Klasse 123 der Deutschen Marine verwenden ein kombiniertes Diesel-Gasturbinen-System (CODOG).
Auswirkungen auf den globalen Markt
Der Weltmarkt für Hochleistungsgasturbinen wurde bisher von Siemens, General Electric und Mitsubishi dominiert. "Die hohen technischen Hürden bei der Herstellung der Maschinen haben neue Marktteilnehmer bisher davon abgehalten, in diesen Markt einzutreten", schreibt die SCMP. So konnten die drei Konzerne den Markt weitgehend unter sich aufteilen. Ihr Anteil lag zusammengenommen bisher bei rund 90 Prozent.
Chinas technologischer Durchbruch könnte das ändern. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, bis 2030 eine noch fortschrittlichere 400-MW-Turbine zu entwickeln. Damit will das Land seine Importabhängigkeit verringern und die eigene Hightech-Industrie modernisieren.
Für die etablierten Anbieter bedeutet dies neue Konkurrenz. Denn mit seinem enormen Marktpotenzial und staatlicher Förderung könnte China mittelfristig zu einem ernsthaften Konkurrenten auf dem globalen Gasturbinenmarkt werden.