Chinas Corona-Impfstoffe in vielen Ländern entscheidend - aber schwindet jetzt die Immunität?
Seite 2: Geringere Antikörperreaktionen
Zahlreiche Studien wurden inzwischen in Ländern wie Brasilien, Chile und Thailand durchgeführt, um die schwindende Immunität und die abnehmende Schutzwirkung in verschiedenen Gruppen der Geimpften zu verstehen.
In dem Nature-Artikel heißt es, dass einige Studien ergeben hätten, dass Chinas inaktivierte Impfstoffe im Vergleich zu Impfstoffen, die mit anderen Technologien hergestellt werden, zunächst niedrigere Spiegel an neutralisierenden oder virusblockierenden Antikörpern erzeugen, deren Höhe als ein Gradmesser für den Impfschutz gilt. Diese Werte würden im Laufe der Zeit schnell absinken.
Eine Studie mit 185 Gesundheitsfachkräften in Thailand, die aber noch nicht im Peer-review-Verfahren begutachtet worden sei, hätte ergeben, dass einen Monat nach Erhalt einer zweiten Dosis Coronavac 60 Prozent der Geimpften eine hohe Konzentrationen neutralisierender Antikörper aufwiesen, verglichen mit 86 Prozent derjenigen, die zwei Impfungen des Astrazeneca-Impfstoffs erhalten hätten.
Der Co-Autor dieser Studie, Opass Putcharoen, ein Spezialist für Infektionskrankheiten am Thai Red Cross Emerging Infectious Diseases Clinical Center in Bangkok, sagt, dass das Team auch herausgefunden habe, dass drei Monate nach Erhalt der zweiten Coronavac-Impfung die Antikörperprävalenz auf nur 12 Prozent gesunken sei.
"Aber das Abnehmen von Antikörpern ist nicht unbedingt dasselbe wie das Abnehmen des Immunschutzes", sagt Ben Cowling, Epidemiologe an der Universität von Hongkong. Er sagt, dass Impfstoffe komplexe Immunantworten induzieren würden, einschließlich B-Zellen und T-Zellen. Deren Schutzwirkung könnte langlebiger sein als die der neutralisierenden Antikörper.
Eine Studie aus Hong Kong, die auch noch nicht von Experten begutachtet worden ist, habe gezeigt, dass Geimpfte einen Monat nach der 2. Dosis von Coronavac eine signifikant niedrigere Antikörperantwort aufweisen als nach dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Die T-Zell-Antwort sei jedoch vergleichbar gewesen.
Eine weitere Preprint-Studie bei Gesundheitspersonal in China ergab ebenfalls, dass B-Zellen und T-Zellen, die für Sars-CoV-2 spezifisch sind, fünf Monate nach zwei Dosen des Sinopharm-Impfstoffs nachgewiesen werden konnten.
Bisher sind Studien, die den Immunschutz im Zeitverlauf bewerten, begrenzt. "Aber die vorläufige Analyse einer Massenimpfkampagne mit Coronavac in Chile deutet auf einen kleinen, aber signifikanten Rückgang der Wirksamkeit gegen symptomatische Erkrankungen hin, obwohl der Schutz vor Einweisung ins Krankenhaus hoch bleibt", sagt Eduardo Undurraga, ein Forscher für öffentliche Gesundheit an der Päpstlichen Katholischen Universität von Chile in Santiago.
Bei Impfstoffen, die mit anderen Technologien hergestellt werden, haben Forscher einen ähnlichen Trend von abnehmenden Antikörpern und Immunschutz vor Infektionen, aber einen robusteren Schutz vor schwerem Krankheitsverlauf und Tod gesehen.
Boosten oder nicht Boosten?
Einige Forscher sind der Meinung, dass der Schutz, den die traditionellen chinesischen Impfstoffe erzeugen, sich schneller zurückbilden könnte, weil bei diesen Impfstoffen die Abnahme der neutralisierender Antikörper bei einem niedrigeren Spiegel beginnt, und daher der Schutz, den diese bieten, schneller abnehmen könnte, als das bei Impfstoffen der Fall ist, die mit einem höheren Antikörperspiegel starten.
Die weniger starke Immunantwort bei den traditionellen Impfstoffen habe auch Auswirkungen auf den Schutz, den diese älteren Menschen bieten können. Das Immunsystem reagiere schwächer mit zunehmendem Alter und Impfstoffe seien bei älteren Menschen generell weniger wirksam, sagt Kang, aber diese Wirkungsabschwächung scheine bei den inaktivierten Impfstoffen ausgeprägter zu sein.
Eine große Analyse, die rund einer Million Menschen einschloss, die mit Covid-19 in Brasilien in ein Krankenhaus eingewiesen worden waren, habe ergeben, dass Coronavac bis zu 60 Prozent Schutz vor schweren Krankheiten bis zum Alter von 79 Jahren bot. Das war nicht weit entfernt von dem Schutz von 76 Prozent, den der Impfstoff von Astrazeneca biete.
"Aber das Bild ändert sich drastisch bei Menschen über 80", sagt Co-Autor Daniel Villela, Epidemiologe bei der Oswaldo Cruz Foundation in Rio de Janeiro, Brasilien.
Bei der Prävention schwerer Erkrankungen sei Coronavac in dieser Patientengruppe nur zu 30 Prozent wirksam und zu 45 Prozent wirksam gegen den tödlichen Verlauf der Erkrankung gewesen, verglichen mit 67 Prozent beziehungsweise 85 Prozent nach Impfungen mit den Vakzinen von Astrazeneca.
Die Untersuchungen von Barral-Netto und Kollegen hätten außerdem ergeben, dass Coronavac nur 33 Prozent der Todesfälle aufgrund von Covid-19 bei Menschen ab 90 Jahren verhindere. Beide Studien waren jedoch Preprint-Veröffentlichungen, aber Villela sagt, dass diese die brasilianische Regierung veranlasst hätten, bei Menschen über 70 Jahren im August eine dritte Impfung mit einem mRNA- oder Virusvektorimpfstoff zu empfehlen, und diese Entscheidung werde jetzt auf Menschen über 60 Jahren ausgeweitet.
"Es war besser, Coronavac zu erhalten als nichts", führte Barral-Netto aus, aber jetzt, da auch andere Impfstoffe nach Brasilien kommen, "ist es wahrscheinlich nicht sehr klug, die Menschen weiterhin mit diesem Impfstoff zu impfen", ergänzte er und fügte hinzu, dass die brasilianische Regierung gesagt habe, dass sie den Kauf von Coronavac einstellen werde.
Andere Länder, darunter Chile, Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten und China, führen ebenfalls Auffrischimpfungen bei denjenigen durch, die die Coronavac- oder Sinopharm-Impfstoffe erhalten haben.
Klinische Studiendaten aus China, die ebenfalls in Preprint-Studien präsentiert wurden, deuten darauf hin, dass eine dritte Dosis Coronavac die Spiegel von neutralisierenden Antikörpern erhöht, und ein ähnlicher Anstieg wurde in Studien mit dritten Dosen des Impfstoffs von Sinopharm beobachtet.
Weiterhin berichtete Anfang dieses Monats die chilenische Regierung über vorläufige Ergebnisse zur Wirksamkeit von Auffrischungsimpfungen, basierend auf Daten von etwa zwei Millionen Menschen, die zwei Impfungen mit Coronavac und eine dritte Impfung mit Impfstoffen Coronavac, Comirnaty von Biontech/Pfizer oder Vaxzevria von Astrazeneca erhalten hatten.
Der Schutz vor Covid-19 stieg dabei von 56 Prozent nach der zweiten Dosis auf 80 Prozent oder höher nach der dritten Impfung, wobei der Schutz vor Krankenhauseinweisungen von 84 Prozent auf 87 Prozent stieg. Über Unterschiede zwischen den verwendeten Impfstoffen bei der dritten Impfung wird nicht berichtet.