Chinas Exporte wachsen ... im Globalen Süden

Chinesisches Containerschiff

Chinesisches Containerschiff, Foto: Beat Strasser, CC BY-SA 2.0

China meldet erneut ein solides Wirtschafts- und Exportwachstum. Westliche Medien kritisieren Wirtschaftsstrategie. Anderswo gibt es weniger Vorbehalte.

Die ARD zeigt sich einmal mehr überrascht: "Das Statistikamt in Peking meldet für das erste Quartal unerwartet gute Konjunkturdaten", heißt es in einer Meldung von Mitte April. Berichte mit diesem Tenor waren vor Covid-19 regelmäßig in westlichen Medienerzeugnissen zu finden.

Jetzt, wo die China Inc. zu einem ernsthaften Konkurrenten der G7 heranreift, wird der Ton allerdings deutlich schriller. Derzeit kursieren viele Theorien zu Chinas andauernden Wirtschaftswachstum und Exporterfolgen, die alles eines gemeinsam haben: Sie versuchen Pekings wirtschaftspolitische Erfolge diskreditieren.

Genannt werden (unzulässige) staatliche Anreize für die Wirtschaft, Fehlinvestitionen, der Aufbau von Überkapazitäten und angebliche – komparative Kostenvorteile. Genannte werden auch technikgeschichtliche Theorien des chinesischen Präsidenten, Xi Jinping, über neue, kritische und aufkommende Technologien.

Westliche Theorien über Chinas Wirtschaft nur Ausreden?

Andere Kritiker unterstellen, dass Chinas Wirtschaftswachstum vor allem Kriegsvorbereitung geschuldet sei: Zivile Industrien, wie Stahl und Computerchips, könnten leicht für militärische Zwecke umgewandelt werden. Zudem versuche Peking, die verarbeitenden Industrien seiner geopolitischen Rivalen zu zerstören, um sich einen militärischen Vorteil gegenüber ihnen zu verschaffen.

Alle diese Erklärungsversuche blenden jedoch aus, dass Chinas Exporte in die entwickelten Märkte seit Jahren stagnieren, während sie in den Globalen Süden verdoppelt wurden. Das weist unter anderem die nicht unbedingt Peking-freundliche Asia Times nach.

Entgegen vielen Äußerungen im Westen ist diese Entwicklung auch keineswegs disruptiv, sondern vollzieht sich organisch. Denn Chinas Exporte sind in jede Region des Globalen Südens – Asien, Lateinamerika, Afrika, Westasien/Nordafrika und Zentralasien –im Gleichschritt gestiegen.

Chinas Antwort auf westliche Zölle und Sanktionen

Ein Teil dieses Erfolgs ist sicherlich auf eine neue Art von Dreieckshandel zurückzuführen, der durch die von der Trump-Administration 2019 verhängten Zölle in Höhe von 25 Prozent auf chinesische Importe im Wert von rund 200 Mrd. USD ausgelöst wurde. China liefert Komponenten und Investitionsgüter nach Mexiko, Vietnam und in andere Länder, die sie dann zu fertigen Produkten für den Verkauf in den Vereinigten Staaten zusammenbauen.

Die Vermeidung von Zöllen durch die Ausweitung der chinesischen Lieferketten auf Entwicklungs- und Schwellenländer erklärt etwa die Hälfte des chinesischen Exportwachstums in den Globalen Süden. Chinas Exporte in den Globalen Süden werden von den US-Importen aus dem Globalen Süden mit einer Verzögerung von nur etwa zwei Monaten nachvollzogen.

Chinas Exporte in den Globalen Süden sind von etwa 90 Mrd. US-Dollar pro Monat im Jahr 2020 bis heute auf 150 Mrd. angestiegen, also um 60 Mrd. US-Dollar pro Monat. Etwa 30 Mrd. sind als höhere US-Einfuhren aus Drittländern zu verzeichnen. Die andere Hälfte stammt aus Branchen, die China in den vergangenen Jahren dominiert hat, insbesondere Elektrofahrzeuge, Solarzellen, digitale Infrastruktur, Verkehrsinfrastruktur und elektronische Geräte.

Ignorierte Fakten: Chinas Boom im Globalen Süden

Es ist bemerkenswert, dass diese große Umwälzung des chinesischen Handels ‒ in absoluten Zahlen die bei Weitem bedeutendste Entwicklung in der Weltwirtschaft ‒ von vielen Fachleuten entweder ignoriert oder nicht bemerkt wurde.

Stattdessen haben sich vorwiegend die China-Falken in den USA darauf geeinigt, dass sich China im Niedergang, wenn nicht gar in einer Krise befindet und die amerikanischen Exportbeschränkungen für hoch entwickelte Chips Chinas technologische Ambitionen zunichtemachen werden.

Derlei wird auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbreitet – wenn auch mit etwas anderem Zungenschlag. Zusätzliche Stichworte hier sind etwa Deflation oder gesellschaftliche Überalterung.

Westliche Sanktionen können Chinas Wachstum höchstens bremsen

China hat bisher nicht nur die technischen Sanktionen, sondern auch die US-Zölle erfolgreich umgangen. China hat einen Plan, der auf hoher Ebene in der Belt and Road Initiative zum Ausdruck kommt, einige Aspekte seiner Industrialisierung in anderen Ländern des Globalen Südens zu replizieren.

Das verlegene Schweigen der wirtschaftlichen und politischen Eliten in der G7 zu diesen Fakten spiegelt den Unwillen wider, kollektives politisches Versagen einzugestehen. Nahezu die gesamte amerikanische Politik war überzeugt, dass Chinas Aufstieg zur Weltmacht gebremst werden müsse und eine Beschränkung der Exporte amerikanischer Technologie der richtige Weg dahin sein würde.

Dabei hätte man schon nach dem Exportstopp von fortschrittlichen Chips an Huawei durch die Trump-Administration merken können, dass das so nicht funktioniert. Fünf Jahre später gibt es in China etwa 3,8 Millionen 5G-Basisstationen, während es in den USA nur 100.000 sind. Huawei hat gelernt, wie man Basisstationen mit in China hergestellten Chips der älteren Generation baut.

Chinas Exporte in die entwickelten Märkte sinken

Auch nachdem Washington im Oktober 2022 – nun regiert von den Demokraten unter Präsident Joe Biden – den Export fortschrittlicher Chips und Geräte für alle chinesischen Unternehmen beschränkte, brachte Huawei nur ein Jahr später ein 5G-Smartphone mit einem fortschrittlichen 5G-Chip auf den Markt. China hatte dafür ein Verfahren entwickelt, das die amerikanischen Regulierungsbehörden für unmöglich gehalten hatten.

Doch mittlerweile exportiert China nicht mehr, sondern weniger in die entwickelten Märkte, mit denen es direkt konkurriert. Dagegen geht viel mehr in den Globalen Süden, der eine praktisch unbegrenzte Nachfrage nach 10.000-Dollar-Elektrofahrzeugen, billigen Solarzellen und Breitbandinfrastruktur hat.

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