Chinas Klimakrise: Zwischen Fortschritt und verfehlten Zielen

Flüssigstahl in Schmelzwannen eines chinesischen Stahlwerks

(Bild: ABCDstock / Shutterstock.com)

China ringt mit seinen Klimazielen. Experten warnen, dass sie verfehlt werden könnten. Warum das so ist und welchen Anteil die Stahlindustrie daran hat.

China hat in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte beim Klimaschutz gemacht – dennoch könnte das Land seine eigenen Klimaziele für 2025 verfehlen. Vieles hängt nun davon ab, wie sich die Kohlendioxid-Emissionen in diesem Jahr entwickeln. Sinken sie nicht deutlich, ist das Klimaziel im kommenden Jahr unerreichbar, warnen Experten.

China und seine Klimaziele: Ein schwieriger Balanceakt

China hat sich kürzlich das Ziel gesetzt, den Energieverbrauch pro Einheit Bruttoinlandsprodukt (BIP), die sogenannte Energieintensität, in diesem Jahr um 2,5 Prozent zu senken. Damit will das Land sein Ziel, dass es sich im Jahr 2020 gesteckt hatte, erreichen und seine Energieintensität insgesamt um 13,5 Prozent zu senken.

Allerdings wurde die Messung der Energieintensität neu definiert: Nicht-fossile Brennstoffe wie erneuerbare Energien und Kernenergie wurden aus der Berechnung herausgenommen, um den Fokus auf fossile Brennstoffe zu legen und grüne Energie zu fördern.

Experten warnen: Chinas Klimaziele könnten verfehlt werden

Klimaexperten wie Lauri Myllyvirta, Senior Fellow am Asia Society Policy Institute, gehen laut South China Morning Post (SCMP) jedoch davon aus, dass die geplante Reduktion von 2,5 Prozent nicht ausreicht, um das Ziel für 2025 zu erreichen.

Die neue Definition der Energieintensität könnte dazu führen, dass die Emissionen in diesem Jahr um bis zu 2,4 Prozent steigen, wenn das BIP-Wachstum wie geplant verläuft. Beijing hat sich für dieses Jahr ein BIP-Wachstum von rund 5 Prozent zum Ziel gesetzt.

Chinas Stahlindustrie: Ein Schlüsselsektor für den Klimaschutz

Auch die Emissionen der chinesischen Stahlindustrie könnten bis zum nächsten Jahr um mehr als ein Zehntel des heutigen Niveaus gesenkt werden. Das entspräche in etwa der Stilllegung von 47 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor.

Dies wäre möglich, wenn China sich ehrgeizigere Ziele bei der Einführung sauberer Produktionstechnologien in der Stahlindustrie setzen würde, so die US-amerikanische Denkfabrik Global Energy Monitor (GEM).

Dazu müsste Beijing den Einsatz von Elektrolichtbogenöfen (EAF) deutlich ausweiten und die Abkehr vom vorherrschenden kohlebasierten Verfahren, dem Hochofen mit Sauerstoffblasverfahren (BF-BOF), beschleunigen. Für das kommende Jahr ist ein Anteil der EAF-Hochöfen von 15 Prozent geplant.

Wie die Ausweitung des EAF-Verfahrens die Emissionen senken könnte

Würde jeder fünfte Hochofen nach dem EAF-Verfahren arbeiten, könnten die Emissionen der Branche um elf Prozent gesenkt werden, gegenüber 8,7 Prozent mit dem aktuellen Ziel.

"Angesichts des großen Einflusses der Stahlindustrie auf die Kohlendioxid-Emissionen könnten selbst schrittweise Veränderungen in der Stahlindustrie die CO2-Bilanz Chinas erheblich verbessern", sagte die GEM-Forscherin Jessie Zhi laut SMCP.

Im Januar verfügte China über eine Produktionskapazität von 1.064 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr (Mtpa), wovon 86 Prozent auf BF-BOF und 14 Prozent auf EAF basierten, so die Daten von GEM. Damit ist Chinas Kapazität nur noch einen Prozentpunkt vom Ziel des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) von 15 Prozent EAF-Produktion bis 2025 entfernt.

Chinas Investitionen in kohlebasierte Stahlkapazitäten trotz Dekarbonisierungsziel

Der GEM-Bericht kommt zu einer Zeit, in der China, der weltweit größte Stahlproduzent, weiter in neue kohlebasierte Stahlkapazitäten investiert. Dies geschieht trotz Überkapazitäten, geringer Rentabilität der Stahlunternehmen und Chinas doppeltem Dekarbonisierungsziel, bis zum Ende dieses Jahrzehnts den Höhepunkt der nationalen Emissionen zu erreichen und bis 2060 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.

Mit einem Anteil von 15 bis 20 Prozent an den Gesamtemissionen Chinas ist die Stahlindustrie nach dem Stromsektor der zweitgrößte Emittent von Kohlendioxid. Die Branche setzt seit Langem auf den kohlebasierten BF-BOF-Prozess, der laut GEM etwa 2,1 Tonnen Kohlendioxid pro Tonne produzierten Stahls freisetzt, verglichen mit etwa 1,3 Tonnen pro Tonne bei EAF.

Die wirtschaftlichen Herausforderungen beim Aufbau von EAF-Kapazitäten

Bislang ist der Aufbau weiterer EAF-Kapazitäten jedoch wirtschaftlich nicht sinnvoll. Und die Stahlindustrie könnte bereits deutlich weniger CO2 emittieren, wenn die bestehenden EAF-Anlagen unter den gegebenen Rahmenbedingungen wirtschaftlich arbeiten würden. Eine sinkende Stahlnachfrage und Einschränkungen bei der Stromversorgung erschweren dies jedoch.

Hinzu kommt, dass diese Hochöfen häufig mit Schrott betrieben werden, der jedoch nur begrenzt verfügbar ist. Der größte Teil des chinesischen Stahlschrotts wird derzeit in traditionellen Hochöfen eingesetzt, sodass einige EAF-Anlagen auf Roheisen als Ersatz zurückgreifen müssen. Dies erhöht die CO2-Emissionen.

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