Chinas globale Frachtüberwachung kommt aus dem All
KI-generiert, shutterstock
China hat eine Technologie entwickelt, mit der künftig Lieferketten weltweit überwacht werden sollen. Wird das der Big Brother der Weltwirtschaft?
Chinesische Militärwissenschaftler haben erfolgreich eine Satellitentechnologie getestet, mit der Hunderte von Millionen von Schiffscontainern auf der ganzen Welt verfolgt werden können - ein bedeutender Fortschritt bei der Überwachung globaler Lieferketten.
Wie die South China Morning Post berichtet, basiert die von den Forschern der Nationalen Universität für Verteidigungstechnologie (NUDT) in Changsha entwickelte Technologie auf dem Satelliten Tiantuo-5. Das ist ein kompakter, 80 kg leichter Orbiter, der seit 2020 gestartet wird.
Jüngste Versuche haben bewiesen, dass China Echtzeitdaten vom Internet der Dinge über Sensoren auf Frachtcontainern sammeln kann, einschließlich ihres Standorts, der inneren Bedingungen und sogar Manipulationswarnungen.
Echtzeitdaten vom Internet der Dinge
Der Durchbruch soll Peking bei der Durchsetzung von Exportkontrollen helfen. Das erlangt gerade jetzt Bedeutung, wo China die Beschränkungen für die Ausfuhr fortschrittlicher Technologien wie Triebwerke für die Luft- und Raumfahrt und militärische Drohnenkomponenten in die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten verschärft.
Den Forschern zufolge könnte das Satellitennetzwerk zu einem Eckpfeiler der Strategie Pekings werden, um Schmuggel einzudämmen ‒ zum Beispiel die Verschiffung von Waren mit Einfuhrbeschränkungen durch Drittländer. Gleichzeitig will man einen noch nie dagewesenen Einblick in die globalen Handelsströme bekommen.
Doch geht nicht nur darum, Schmuggler zu fangen. Es geht auch darum, ein System aufzubauen, mit dem China die eigenen Regeln durchsetzen kann. Peking weiß zukünftig also auch, wo welche Transporte von Mitbewerbern ‒ und wohl auch von Militärs ‒ gerade unterwegs sind.
66 Kleinsatelliten
Das System basiert auf einer noch zu errichtenden Konstellation von 66 kostengünstigen Kleinsatelliten, von denen jeder kleiner als ein Kühlschrank ist. Eine der wichtigsten Innovationen ist ein hybrides Netzwerk, das langsamere "statische" Sensoren, wie z. B. Container in Häfen, von bewegten Gütern durch unterschiedliche Signalprotokolle trennt.
Die Forscher haben nach eigenen Angaben Techniken aus Chinas Raketenverfolgungssystemen übernommen, um zehnmal mehr Datenströme zu verarbeiten als es kommerzielle Satelliten wie Iridium können. Die Sensoren können erkennen, wenn ein Container während des Transports geöffnet wird oder ungewöhnlichen Temperaturen ausgesetzt ist ‒ ein Warnsignal für unerlaubte Transporte.
In einem Versuch hat der Satellit an einem Tag mehr als eine Million Nachrichten von Schiffen aus aller Welt aufgefangen und analysiert, heißt es in der betreffenenden Veröffentlichung der NUDT.
Unterstützung für die "Belt and Road"-Initiative
Schließlich soll die Technologie auch Chinas "Belt and Road"-Initiative unterstützen, die Infrastrukturprojekte mit Datenkontrolle verknüpft. Sie könnte den Ländern helfen, einige bedeutende und weit verbreitete Sicherheitsbedrohungen wie Piraterie und Drogenhandel zu effizienter anzugehen.
Selbstverständlich macht eine solche Technologie einige US-Beamte und Politiker nervös. Die US-Regierung hat kürzlich die Verwendung von chinesischem Equipment wie Kränen in ihren Häfen verboten, aus Sorge, dass diese Maschinen Daten sammeln und zurück nach China übermitteln können.
Wenn China wie geplant die vollständige Satellitenkonstellation einsetzt, wäre dies das erste Netzwerk im Internet der Dinge, das in der Lage ist, hunderte Millionen Endpunkte zu überwachen – ein Umfang, den laut Aussagen der Wissenschaftler aus Changsha auch US-Systeme nicht erreichen.
Leistungsfähiger als die Konkurrenz
Das derzeit im Einsatz befindliche amerikanische Orbcomm-System kann gleichzeitig zu zehn Millionen Stellen eine Verbindung herstellen. SpaceX von Starlink ist theoretisch zwar deutlich leistungsfähiger. Starlink sei jedoch für Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen anstelle von industrieller Datenübertragung konfiguriert und optimiert, betonen die chinesischen Entwickler.