Christliche Religion als gemeinsames Schulfach: Wie Kirchen mit der Zeit gehen wollen

Symbolbild zeigt Christus-Figur mit erhobener Hand in einer Kathedrale

Symbolbild: Couleur / Pixabay Licence

Pflicht oder freiwillig, zusammen oder getrennt: Handhabung des Religionsunterrichts in Deutschland gleicht Flickenteppich. Erst recht, wenn der Islam dazu kommt.

Über die Zukunft des Religionsunterrichts an deutschen Schulen wird seit mehreren Jahren diskutiert – die Lösungsansätze unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. In den meisten Ländern ist Religion ein ordentliches Lehrfach und Pflichtfach, während Ethik als Ersatzfach angeboten wird.

Nicht so in Berlin, Brandenburg und Bremen: In Berlin ist Ethik seit dem Schuljahr 2006/2007 Pflichtfach für alle Schülerinnen und Schüler, Religionsunterricht ist ein zusätzliches Angebot, das freiwillig genutzt werden kann.

In Brandenburg ist das Fach "Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde" (LER) ist für alle verpflichtend, Religion ebenfalls ein freiwilliges Zusatzangebot. In Bremen gibt es statt konfessionellem Religionsunterricht ein Fach Religion, das religionskundliche Inhalte und Ethik vermittelt.

In den übrigen Bundesländern wird katholischer und evangelischer Religionsunterricht teilweise nicht mehr getrennt, sondern "konfessionell kooperativ" erteilt – etwa an einigen Schulen in Baden-Württemberg und NRW.

Kirchen einigen sich auf Reformplan in Niedersachsen

Aktuell wird auch in Niedersachsen eine grundlegende Reform des Religionsunterrichts vorbereitet: Hier soll die Trennung von katholischem und evangelischem Unterricht aufgehoben werden – und nach Meinung des Landesschülerrats könnten noch weitere Religionen mit einbezogen werden.

Die fünf evangelischen Kirchen und vier katholischen Bistümer des Landes haben sich am Donnerstag darauf verständigt, den Religionsunterricht beider Konfessionen an Niedersachsens Schulen vom Schuljahr 2025/26 an schrittweise zu einem neuen Schulfach namens "Christliche Religion" zusammenzuführen.

Der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit nannte die Vereinbarung ein Zeugnis gelebter Ökumene. "Das neue Unterrichtsfach bringt die katholische und die evangelischen Kirchen näher zusammen, ohne das Eigene der jeweiligen Konfessionen zu verwischen", erklärte Adomeit, der auch als Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen fungiert.

Religion und Religionskunde: Das verspricht ein Bischof

"Dabei ist es für uns zentral, dass die anderen Konfessionen ebenso wie die anderen Religionen und Weltanschauungen im christlichen Religionsunterricht angemessen dargestellt und behandelt werden."

Niedersachsen Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) begrüßte "die außerordentliche Kooperationsbereitschaft der Kirchen" und erklärte, das neue Schulfach "Christliche Religion" trage zu einem notwendigen Diskurs in der jungen Generation bei und stärke demokratische Werte.

Erst ab Vollendung des 14. Lebensjahres besteht in Deutschland eine uneingeschränkte Religionsmündigkeit – und damit das Recht auf einen Kirchenaustritt auch gegen den Willen der Erziehungsberechtigten. Gleiches gilt für den Beitritt zu einer Religionsgemeinschaft.

Islam und andere Religionen einbeziehen: Das sagt der Schülerrat

Nach Angaben der Kirchen gehörten zuletzt 53 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen der evangelischen oder katholischen Kirche an. Kinder und Jugendliche anderer Konfessionen oder Religionen sowie Konfessionslose sind eingeladen, auf eigenen Wunsch an dem neuen Unterrichtsfach teilzunehmen.

Laut einem Bericht des Portals News4Teachers fordert der Landesschülerrat, dass neben christlichen Perspektiven auch andere Glaubensrichtungen und nichtreligiöse Weltanschauungen einen gleichberechtigten Platz in den Lehrplänen für das neue Fach einnehmen müssten.

Nur so könnten Schüler befähigt werden, kritisch und respektvoll über Sinnfragen, Werte und ethische Herausforderungen nachzudenken. "Ein gemeinsamer Religionsunterricht ist eine Chance für mehr Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis, aber nur, wenn wir dafür sorgen, dass wirklich alle Perspektiven gehört werden", sahte der Vorsitzende der Schülervertretung, Matteo Feind, laut News4Teachers.

Der deutsche Flickenteppich des Islamunterrichts

Auch die Handhabung des Islamunterrichts in verschiedenen Bundesländern gleicht bisher einem Flickenteppich. In Niedersachsen hat der sich alsreguläres Schulfach etabliert und findet parallel zum christlichen Religionsunterricht statt.

In Bayern wird Islamunterricht seit 2022 als Wahlpflicht-Variante des Ethikunterrichts erteilt. Er muss daher "eine religiös neutrale, rein informierende Islamkunde sein und auch die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit vermitteln, wie die Bayerische Verfassung fordert", hat der Kirchen- und Staatsrechtler Prof. Dr. Heinrich de Wall zur Einführung erklärt.

In anderen Bundesländern gibt es Islamunterricht als zusätzliches freiwilliges Angebot.