Citizen's Intelligence Agency: Die CIA der Bürger
Um ihr vom TIA-Programm des Pentagon angeregtes Government Information Programm vor rechtlichen Schwierigkeiten zu schützen, wollen die Betreiber die Datenbank nun wie eine Tauschbörse dezentralisieren
Im September hat der Kongress mit der Verabschiedung des Pentagon-Haushaltes die Gelder für die Darpa-Abteilung Terrorist Information Awareness (TIA), zuvor Total Information Awareness, gesperrt. Die TIA-Website ist schon verschwunden, einige Projekte dürfen allerdings weiter betrieben werden, auch das vor allem beanstandete Data-Mining-Programm könnte mittlerweile unter anderem Namen, beispielsweise im Rahmen von CAPPS II oder von Matris, fortgesetzt werden (Undurchsichtige Spiele mit Data-Mining-Programmen der US-Regierung). TIA war für einige Mitglieder der computing culture group am MIT Media lab Anlass, den Spieß umzudrehen und mit einem ähnlichen Projekt Informationen über die Mächtigen im Land zu sammeln.
Als Forschungsprojekt ins Netz gestellt haben Chris Csikszentmihályi und Ryan McKinley die Website Government Information Awareness (GIA) im Juli dieses Jahres (Die Schnüffler ausschnüffeln). Damit sollten die Bürger eine Möglichkeit erhalten, die "Komplexitäten ihrer Regierung" zu verstehen, indem sie ähnliche Werkzeuge benutzen, wie sie TIA zur Ausspähung von Menschen benutzen wollte: "Die Grundlage von GIA ist, dass die einzelnen Bürger das Recht besitzen, Details über die Regierung zu erfahren, während die Regierung die Macht besitzt, Einzelheiten über Bürger zu erfahren."
Im Augenblick ist der Geheimdienstes fürs Volk - "Citizen's Intelligence Agency" - eher enttäuschend. Man findet zwar einige Daten zu einigen Personen oder Organisationen aus öffentlich zugänglichen Quellen, auch Fernsehbilder einzelner Personen, aber die Beiträge, die die Internetbenutzer beisteuern sollten, fehlen. Gedacht war, dass alle, die sich registrieren, Informationen unter einem Pseudonym beisteuern können. Auf Wahrheit sollten sie nicht überprüft werden. Die Betroffenen erhalten eine Mail und können eine Entgegnung posten, die GIA-Benutzer sollen selbst herausfinden, welchen "Informanten" sie trauen. Die Datenbank sollte in alle Richtungen wachsen und nach verdächtigen Mustern durchsuchbar sein.
Weil das Projekt auf so großes Interesse stieß, hätten die Betreiber, um die Belastung zu reduzieren, den Umfang der Website zurückfahren müssen. Das aber sei auch geschehen, so New Scientist, weil die beiden Angst vor rechtlichen Konsequenzen bekommen hätten. Sie fürchteten, dass Klagen auf sie zukommen könnten, wenn Benutzer falsche oder beleidigende Informationen eingeben. Deswegen darf vorerst niemand Informationen beisteuern, ist die "Alert"-Funktion "under construction". Ihre Idee ist, die Datenbank, die jetzt noch auf dem Server des MIT liegt, ähnlich wie bei Tauschbörsen auf viele Computer zu verteilen.
Wenn die Daten sich nicht auf einem zentralen Server befinden, sondern auf viele Computer in einem Netzwerk verteilt werden, dann, so hoffen die Betreiber, könnten sie auch nicht für Inhalte, die von Nutzern stammen und nicht editiert werden, verantwortlich gemacht werden. Über den MIT-Server sollen nur noch die Suche und das Posten von Informationen möglich sein, die Informationen selbst würden dann von anderen Clients hochgeladen werden. Manche Tauschbörsen hat diese Strategie vor Anklagen bewahrt. Ob das aber auch wirklich die Wissenschaftler schützen wird, ist fraglich. Für Mike Godwin ist zwar das P2P-Modell der beste Weg, um Klagen aus dem Weg zu gehen, doch letztlich gehe jeder das Risiko ein, der falsche, beleidigende oder verleumderische Informationen hoste, zur Verantwortung gezogen zu werden.