Clan-Kriminalität: Der Thriller vor der Haustür
Seite 2: Jobcenter finanzierte das Clan-Domizil
Auch die 42 Jahre alte Ehefrau des Hauptverdächtigen, Mutter von neun Kindern, sowie zwei Söhne im Alter von 24 und 28 Jahren wurden mit Haftbefehl festgenommen, wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf gemeinsam mit dem Landeskriminalamt (LKA) mitteilten. Der Vorwurf: Bandenmäßiger Betrug, Sozialhilfebetrug, Geldwäsche und Schutzgelderpressung.
Zudem bestehe der dringende Verdacht, dass die Clanmitglieder "über Jahre hinweg zu Unrecht Sozialleistungen in sechsstelliger Höhe bezogen" hätten. "Man hat im Prinzip versucht vorzutäuschen, dass man geradezu mittellos ist", sagte Einsatzleiterin Heike Schultz.
Der Kölner Stadt-Anzeiger (KStA) berichtete in seiner Mittwochsausgabe, die Behörden hätten nicht gemerkt, dass die "angeblich armen Libanesen" in einem schmucken Haus residierten, mehrere Autos fuhren und teuren Schmuck liebten. Dem Blatt zufolge kassierte der Clan von Mai 2015 bis heute rund 400.000 Euro vom Leverkusener Jobcenter und finanzierte so seinen Lebensstil. Das Familienoberhaupt sei zugleich ein "Friedensrichter" innerhalb der Sippe gewesen und habe aus dieser Stellung Schlichtungsgebühren bezogen - zusätzlich zu weiteren Einnahmen aus Drogengeschäften und Schutzgelderpressung.
Wer sich nicht an den Schiedsspruch des Chefs halte, bekomme es mit seinen Schlägertrupps zu tun, so Vize-LKA-Chef Thomas Jungbluth. Einer der Söhne erschlich offenbar mit fingierten Gehaltseingängen ein Bauspardarlehen. Mit Hilfe der Sozialleistungen wurde unter anderem das Darlehen für den Familiensitz bedient, es soll sich auf 500.000 Euro belaufen.
Clan-Chef Mahmoud Al-Zein selbst, der eigentlich Mahmut Uca heißt, hält sich Medienberichten zufolge seit Ende Januar in der Türkei auf – auf Druck der Behörden musste er ausreisen. Laut Bild ist Uca mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, räuberischen Diebstahls und Drogenhandels. Viermal sei er zu Haftstrafen verurteilt worden.
Derzeit gelte eine Wiedereinreisesperre von sechs Monaten für den 55-jährigen Clan-Boss, der nicht nur in Berlin, sondern auch jahrelang in Marxloh gelebt hat, einem Duisburger Vorort, der schon bundesweit Schlagzeilen machte. Als angeblich Staatenloser durfte Mahmoud Al-Zein mehr als drei Jahrzehnte in Deutschland verbringen.
Lagebild NRW: 111 Clans, Geldwäsche und Karossen
Seit Jahren sind Polizei, Staatsanwaltschaft und LKA dabei, ihre Kräfte zu sammeln und die gemeinsame Ausrichtung zu koordinieren. In einem Positionspapier des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Titel: "Clankriminalität bekämpfen: strategische Ausrichtung – nachhaltige Erfolge" macht der BDK die Zielsetzung deutlich.
Man sieht die Zeit gekommen, "noch konsequenter" und vor allem: vernetzt tätig zu werden. Denn, so heißt es, die Clans operierten längst über die Landesgrenzen hinweg und betätigten sich bei ihren kriminellen Aktivitäten auf den unterschiedlichsten Geschäftsfeldern, und das hinter gut getarnten Fassaden.
In scheinbar normalen Läden, Autowerkstätten, Bars und Restaurants oder über Immobilien-Investments werden die illegalen Einnahmen gewaschen. Auf jeden Fall landet viel Geld in Immobilien und auf Rädern, sprich in teuren Karossen, denn die Clans wissen die extravagantere Form der Mobilität zu schätzen. Viel Blech steht für viel Ansehen, das kann der deutsche Mittelklassefahrer bei Gelegenheit immer mal wieder im Fernsehen mitverfolgen, so zum Beispiel angesichts einer Großrazzia in Hagen im August vergangenen Jahres.
Inzwischen kennt Otto Normalverbraucher die bekanntesten Clans mit Namen, dazu trägt das hochgepuschte Medieninteresse bei, das hier einen Markt bedient. Bekanntheit erlangte so nicht nur der eingangs erwähnte Al-Zein-Clan, von sich reden machte der Abou-Chaker-Clan mit seiner Spitze in der Bundeshauptstadt Berlin. Der gleichfalls rührige Remmo-Clan ist sowohl in Berlin wie im Ruhrgebiet zu Hause, Mitglieder des Miri-Clans tummeln sich in Niedersachsen und gleichfalls an der Ruhr.
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