Compact-Versagen von Faeser: Wieso ist diese Frau als Innenministerin noch im Amt?
Die Niederlage gegen die Rechten war absehbar. Und es ist gut, dass sie gekommen ist. Wie wird das Ministerium nun reagieren? Ein Telepolis-Leitartikel.
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Das Schlimmste an der juristischen Pleite im erkennbar dilettantischen Verbotsverfahren gegen das rechtsextreme Magazin Compact ist, dass sie absehbar war. Als ein Kommando der Polizei in die Redaktionsräume im brandenburgischen Falkensee eindrang, und sie bis auf den letzten Bürostuhl leerte, suchte man vergeblich nach überzeugenden Begründungen.
Selbst der juristische Laie las damals eine Art Pressemitteilung des Innenministeriums und rieb sich verwundert die Augen. Das sollte alles sein? Das sollte für eine derartige Aktion – zudem erkennbar politisch inszeniert und medial koordiniert – ausreichen?
Die Entscheidungen
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 14. August 2024 entschieden, dass das Verbot des rechtsextremen Magazins Compact, das offenbar unmittelbar von Faeser angeordnet worden war, vorläufig außer Vollzug zu setzen ist.
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Das Verbot des Compact-Magazins wurde am 16. Juli von Faeser verkündet, mit der Begründung, das Magazin sei ein "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene" und verfolge eine verfassungsfeindliche Grundhaltung. Die Compact-Magazin GmbH legte daraufhin Klage ein. Derzeit ist kaum davon auszugehen, dass sich an der juristischen Lage bis zum Hauptverfahren etwas ändern wird.
Die Skepsis der Juristen
Das Bundesverwaltungsgericht zeigte sich in seiner Entscheidung skeptisch bezüglich der Verhältnismäßigkeit des Verbots, auch wenn es Anhaltspunkte für eine Verletzung der Menschenwürde in den Publikationen von Compact gebe.
Die gibt es aber auch für das Boulevardblatt Bild. Diesen Unterschied zu definieren, wird zumindest sehr schwierig sein. Gelingt es nicht, muss auch Bild verboten oder Compact wieder erlaubt werden.
Kritik, Kritik, Kritik
Faesers Pseudobegründung für ein repressiv durchgesetztes Medienverbot reicht natürlich nicht aus. Und auch wenn die gerichtliche Entscheidung, das Verbot vorerst zurückzunehmen, nur vorläufig ist, wird der Sieg für die Rechte bleiben.
Diese Dimension kann nicht genug betont werden: Die Sozialdemokratin Nancy Faeser wird aus fachlicher Unfähigkeit zur besten Campaignerin für die erweiterte rechtsextreme Szene.
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"Die Pressefreiheit darf nicht ausgehebelt werden", titelte die FAZ. In der benachbarten Schweiz urteilt die Neue Zürcher Zeitung: "Die deutsche Innenministerin hat sich verzockt. Die Aufhebung des «Compact»-Verbots ist eine Blamage für Nancy Faeser."
AfD fordert Konsequenzen
Als eine der Ersten forderte die AfD-Vorsitzende Alice Weidel öffentlich den Rücktritt Faesers. In einer Erklärung bezeichnete sie das Urteil als "gewaltige Ohrfeige" für die Innenministerin und forderte, Faeser müsse "ihren Hut nehmen oder entlassen werden".
Ihr Co-Vorsitzender Tino Chrupalla unterstützte diese Forderung im Kurznachrichtendienst X und bekräftigte, dass Faeser, die "die bürgerlichen Freiheiten mit Füßen tritt", zurücktreten müsse.
FDP und Christdemokraten schließen sich an
Kritik an Faeser kam auch aus den Reihen der FDP. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki äußerte sich zum Thema und stellte einen Rücktritt der Innenministerin in Aussicht, sollte sie auch im Hauptsacheverfahren scheitern. Linda Teuteberg, Bundestagsabgeordnete der FDP, betonte die Bedeutung von Verhältnismäßigkeit und Rechtsschutz in der Demokratie.
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß sprach von einer "Riesenblamage" für Faeser und die gesamte Ampelkoalition und zitierte Kubickis Forderung nach einem Rücktritt der Innenministerin, sollte das Verbot gerichtlich gekippt werden.
Reaktionen der Betroffenen
Compact darf nach der Gerichtsentscheidung vorerst wieder erscheinen. Herausgeber Jürgen Elsässer zeigte sich erfreut über den Erfolg im Eilverfahren und äußerte sich optimistisch für das anstehende Hauptsacheverfahren, das nach seinen Worten mindestens zwei Jahre dauern könnte.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Verbot verteidigt und auf die Grenzen der Pressefreiheit hingewiesen, aber betont, dass in Deutschland nicht Meinungen, sondern nur bestimmte Äußerungen verboten seien.
Bis jetzt zeigt der Fall allerdings nur eines auf: Die Grenzen staatlicher Willkür über den Rechtsstaat und dass eben staatlicher Repression auch im Kampf gegen rechts juristische Grenzen gesetzt sind.
Journalistenverbände mahnen zur Vorsicht
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) und die Organisation "Reporter ohne Grenzen" begrüßten die Entscheidung des Gerichts als Zeichen für den Schutz der Pressefreiheit, auch wenn sie gleichzeitig Faesers Bemühungen im Kampf gegen Rechtsextremismus unterstützen.
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Beide Organisationen betonten, dass das Grundrecht der Pressefreiheit auch für Publikationen gilt, die unbequeme oder extreme Inhalte veröffentlichen.
Was steht nun bevor?
Das Magazin Compact darf also vorerst weiter erscheinen, bis eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen wird. Werden die Lkws mit Polizisten also wieder in das brandenburgische Falkensee fahren und das Redaktionsequipment ausladen und zum Laufen bringen? Werden dann wieder – wie durch ein Wunder – Reporter und Fotografen überregionaler Medien vor Ort sein?
Es gilt auch hier ein im Grunde selbstverständliches Urteil, das dieser Tage der Entertainer Harald Schmidt formulierte, was an sich Aussagekraft hat: Dass der Kampf gegen unliebsame politische Kräfte vor allem dadurch geführt werden muss, ihnen politisch etwas entgegenzustellen.
Bewaffnete Polizisten gehören in einer Demokratie und einem Rechtsstaat nicht dazu.