Computerkompetenz

Die beste Computerausbildung erfolgt nach dem Motto: "Schwimm oder geh unter"

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Wer sich noch daran erinnern kann, in den behelfsmäßigen "Computerlabs" der Oberschulen BASIC-Programme geschrieben zu haben, muss sich nicht länger für einen Nerd betrachten, sondern ist einfach alt geworden.

In der Zeit, die man stolz das "Goldene Zeitalter" des Programmierens nennen könnte, wurde Oberschülern, die an Computern interessiert waren, nicht beigebracht, wie man Software benutzt oder den RAM erweitert. Uns wurde, genau genommen, nicht einmal das Programmieren gezeigt. Wir erforschten stattdessen die Funktionsweise dieser neuen Maschinen mit wohlmeinenden und unterbezahlten Mathematiklehrern an unserer Seite.

Wir hatten keine PCs, sondern nur ein paar "dumme" Terminals, die mit dem Board of Education oder einem anderen nahegelegenen Mainframe verbunden waren. Als wir In die Oberstufe kamen, verstanden wir normalerweise die Maschine besser als die Erwachsenen, die sie die ganze Zeit benutzten. Einem von uns, dem Alpha-Nerd, der gezeigt hat, dass er das System absolut beherrscht, wurden die geheimsten Sicherheitscodes anvertraut, und er musste das ganze System warten.

"Extra Life", ein Buch des Wired-Autors David Bennahum, gab mir die Gelegenheit, mich an diese alten Tage zu erinnern, als die Jugendlichen noch frei die Netze beherrschten. Jetzt sind diese Jugendlichen die Erwachsenen, die für alles von Netscape bis zum Palm Pilot verantwortlich sind.

Indem die Lehrer uns die Schlüssel zum Königreich übergaben, vermittelten sie uns, vielleicht unwissentlich und nur der Notwendigkeit folgend, die beste Computerausbildung nach dem Prinzip "Schwimm oder geh unter", die wir verlangen konnten. Sie - und die Verbreitung von Tandy-, Commodore- und Atari-Rechnern, die ein wirkliches Programmierwissen zur Benutzung voraussetzten - brüteten eine Generation von Computergeeks aus, die mit den grundlegenden Bausteinen spielten, aus denen die heutige Kommunikationsinfrastruktur aufgebaut wurde.

Diese frühen Maschinen waren, wie dies Bennahum darstellt, "ungezähmt, undiszipliniert durch 'ernsthaften' Gebrauch für Tätigkeiten wie Buchungen oder Textverarbeitung. ... Zu was sie dienten, konnten nicht die Vermarktungsexperten und Werbeagenturen bestimmen. Das lag in unserer Entscheidung."

Nachdem ich diese Geschichte des Älterwerdens gelesen habe, verbrachte ich eine Woche mit nostalgischen Träumereien, die erst aufhörten, als ich mir vornahm, die Computerausbildung, die wir glücklichen Pioniere genossen haben, mit dem zu vergleichen, was heute in den meisten Schulen angeboten wird. Auch wenn unsere besten Schulen jetzt Räume haben, die voll von Apple-Computern mit Internetverbindungen sind, so wird unseren Kinder heute eher beigebracht, wie man die Computer benutzt, aber nicht, wie man sie baut oder programmiert. Das ergibt bestenfalls eine Ausbildung auf dem gegenwärtigen Stand der Software, also dem, was wir lernen, wenn wir Bücher wie "Wordperfect for Dummies" oder ein Benutzerhandbuch für Windows 98 lesen.

Man mag mich einen Fundamentalisten nennen, aber dieser traurige Zustand scheint mir mit dem Lernen vergleichbar zu sein, wie man eine Doktorarbeit organisieren kann, ohne jemals herausgefunden zu haben, wie man einen Satz konstruiert, oder wie man Sätze bildet, ohne das Buchstabieren gelernt zu haben.

Vielleicht haben Rechtschreibprogramme solche grundlegenden Schreibfertigkeiten ebenso unnötig gemacht, wie moderne Software nicht mehr verlangt, dass man Programmieren kann. Ich hege aber den wachsenden Verdacht, dass Computerkompetenz ähnlich wie Schreibkompetenz mehr bedeutet, als zu begreifen, wie man kommerzielle Software bedient. Unser Wettbewerbsvorteil in der Wirtschaft und bei der Verteidigung kann davon abhängen.

Der große Sprung bei der Erforschung des Weltraums in den 60er und 70er Jahren war in den USA die Folge eines Plan der Regierung. 1961 gab Präsident Kennedy aus Angst vor der Vorherrschaft der Sowjets im Weltraum vor, dass Amerika einen Menschen innerhalb von 10 Jahren auf den Mond bringen wird. Die Lehrpläne der Schulen wurden verändert, um Algorithmen und die neue Physik zu integrieren, und die amerikanischen Studenten nahmen die neuen Inhalte begierig auf, weil sie nach den Sternen greifen wollten. Das Space Shuttle und der Mars Rover wären ohne diese vorwärtsdenkenden Plan nicht möglich gewesen.

Die heute Explosion der Computertechnologie ist ein Ergebnis der einer kaum beabsichtigten, aber gleichfalls großartigen Renaissance von Ausbildungsmöglichkeiten. Es kostete nicht viel - weniger jedenfalls als die Ausstattung der Schulen mit PCs -, nötig waren nur viele Geräte, die gemeinsam genutzt wurden, und Geduld. Aber das Zusammenarbeiten auf den alten Mainframes lehrte uns, die Computerzeit als wertvolle Ressource zu verstehen, und flößte uns die Gemeinschaftsethik und soziale Verantwortlichkeit ein, die die Entwicklung der Internetstandards und der Netzetikette ermöglichte.

Noch wichtiger ist, dass das Lernen, mit dem Computer umzugehen, bedeutete, Programmieren zu lernen, also wie das alles funktioniert und wie man ein Programm schreibt, mit dem die Computer tolle und wichtige Dinge machen konnten. Der Grund, warum ich so unverbesserlich jede neue Version von Microsoft beklage, liegt darin, dass ich ein grundlegendes, wenn auch begrenztes Wissen habe, wie ineffizient das Meiste gemacht wurde. Ich denke nicht gerne an die Zukunft der Computer, wenn diese von Menschen herbeigeführt wird, die ohne nähere Kenntnis der Programmzeilen aufgewachsen sind, die sie kompilieren.

Wenn die Regierungen versuchen, den Terroristen überlegen zu bleiben - US-Sicherheitsexperten behaupten, dass unsere Kryptographie im Augenblick gegenüber den Möglichkeiten unserer "Feinde", sie zu knacken, ein halbes Jahr Vorsprung hat -, dann werden sie von den Kindern von Heute abhängen, da diese dann als die Codekämpfer von Morgen dienen müssen. Eine auf der Höhe des technischen Stands befindliche Informationsverteidigung zu entwickeln, bedeutet, jetzt Kinder auszubilden, die eines Tages besser Programmieren können als die Kinder der "Anderen".

Für jeden Staat, der für die Informationsökonomie der Zukunft wettbewerbsfähig bleiben will, wird ähnliche Schritte unternehmen müssen, um jetzt die Computerliteracy zu fördern. Ironischerweise werden über die Anstellung von Lehrern hinaus, die den jungen Köpfen die Kompliziertheiten des Code erklären können, auch weniger und nicht mehr Kontrolle über die Maschinen und Netzwerke, an denen die Ausbildung stattfindet, ausüben müssen.

Wir werden zu akzeptieren haben, dass die jungen Menschen eines Tages die Computer besser als wir verstehen werden. Wir müssen es zulassen und sie sogar darin verstärken, dass sie über die fertigen Schnittstellen hinausgehen, deren Bedienung wir ihnen heute auf so bequeme Weise beibringen.

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