Corona-Krisenmanagement: Brandenburgs Schulen im Stich gelassen
Eltern und Lehrer rebellieren in Brandenburg gegen die Bildungspolitik in der Pandemie. Landeselternrat fordert Rücktritt von Ministerin Britta Ernst
In Brandenburg wird die Luft für Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) immer dünner, die Rufe nach ihrem Rücktritt immer lauter. Am Montag forderte ihn nun auch der Landeselternrat. Das Gremium, in dem die Elternvertretungen aller Landkreise vereint sind, warf der Ministerin Versagen in der Bildungspolitik vor.
In zwei Jahren Corona-Pandemie sei "aus Sicht der Eltern weder der Wille noch die Fähigkeit erkennbar" gewesen, den Schülern in Brandenburg geregelten Zugang zu Bildung zu verschaffen, heißt es in dem Beschluss. Die Landesregierung zeige kein strukturiertes Vorgehen, wenn durch die Pandemie entstandene Probleme bewältigt werden sollen; es würden weder mittel- noch langfristige Aufgaben definiert.
Die Liste der Vorwürfe ist lang – und sie stellt der Bildungsministerin ein vernichtendes Zeugnis aus. Ihr Haus habe seit Beginn des Schuljahres nach dem Prinzip "Hoffnung" gehandelt. Die Schulen seien nicht auf den Herbst und Winter vorbereitet worden, obwohl klar gewesen sei, dass die Infektionszahlen ansteigen würden. Ob bei den Corona-Schnelltests, dem Online-Unterricht oder den Luftfiltern – bei keinem Problem habe Ernsts Ministerium eine Lösung gefunden.
Unmut gibt es nicht nur bei den Eltern, sondern auch unter den Lehrern. Der Hauptpersonalrat der Lehrkräfte fordert angesichts der steigenden Infektionszahlen ein Maßnahmenpaket, damit der Unterricht abgesichert werden kann. Tägliche Corona-Schnelltests zählen dazu – und solange das Ministerium sie nicht zur Verfügung stellen kann, soll es ein Recht auf Heimarbeit für alle Lehrer über 60 Jahre und für die mit Vorerkrankungen geben.
Schon im Frühjahr begehrte der Hauptpersonalrat der Lehrkräfte gegen Ernst auf. Man warf ihr "kurzfristige, teilweise widersprüchliche Entscheidungen" vor. Über Kursänderungen hatten die Lehrer auch meist aus der Presse erfahren. Dieses Problem besteht bis heute: Als das Bildungsministerium Ende November die Präsenzpflicht für Schüler aufhob, erfuhren die Lehrer davon zuerst aus den Medien.
Für Unmut sorgte in diesem Zusammenhang auch, dass Kinder, die zu Hause bleiben, keinen Anspruch auf Digitalunterricht haben. Sie werden wieder mit einem wöchentlichen Aufgabenpaket abgespeist.
Nicht immer die richtige Ansprechpartnerin
Mit den Landkreisen liegt das Ministerium im Clinch: Die Verantwortung für zahlreiche Probleme weist das Bildungsministerium von sich. Die Zuständigkeiten lägen entweder bei den Landkreisen oder im Gesundheitsministerium.
Tatsächlich scheint es, dass Britta Ernst nicht immer die richtige Ansprechpartnerin ist. Zum Beispiel klagte ein Vertreter der Kreisverwaltung der Uckermark gegenüber der Märkischen Oderzeitung (MOZ): "Vor einem Jahr hatten wir klare Regeln, wann Quarantäne ausgesprochen wird, wann Klassen nach Hause geschickt und Schulen geschlossen werden". In der vierten Corona-Welle kämen allerdings überhaupt keine Regelungen mehr von der Landesregierung. Dafür ist allerdings das Gesundheitsministerium unter Ursula Nonnenmacher (Bündnis 90/Grüne) zuständig, das aber in der Pandemie auch kopflos wirkt.
Gerüchte über Sonderstatus als designierte First Lady
Dass Ministerin Ernst aufgrund der massiven Kritik tatsächlich zurücktritt, scheint unwahrscheinlich. Im Landtag hatte bislang nur die AfD-Fraktion den SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke aufgefordert, Ernst aus dem Kabinett zu entlassen. Die Regierungsfraktionen von SPD, CDU und Grünen stellten sich vor die Ministerin. Die Opposition aus Linken und Freien Wählern übt zwar immer wieder heftige Kritik an der Ministerin; aber mit der AfD wollten sie nicht stimmen.
Britta Ernst halte den Gegenwind aus, heißt es dazu aus von der SPD; die gebürtige Hamburgerin könne das wegstecken. Allerdings munkelt man (auch an der SPD-Basis), sie habe als Gattin des künftigen Bundeskanzlers Olaf Scholz einen Sonderstatus. Ob dem so ist, lässt sich nicht überprüfen.
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