Corona und kein Ende: Rätselhafte Übersterblichkeit im Jahr 2022
Statistische Analyse: Viele Fragen bleiben offen. Fehlt beim RKI Interesse an Aufklärung? Warum die Impfung in Untersuchungen einbezogen werden muss.
In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die fordern, dass die Coronapandemie gründlich aufgearbeitet werden müsse. Und das ist in der Tat eine wichtige und richtige Forderung.
Doch mangelt es allzu häufig an differenzierten Daten und seriösen Studien, um dem gerecht werden zu können. Das gilt nicht nur für Fragen nach der Wirksamkeit einzelner Maßnahmen, sondern auch für die Frage, wie sich Corona auf das Sterbegeschehen ausgewirkt hat.
Das Meinungsspektrum ist weit und reicht von der Einschätzung, dass Corona keinen relevanten Anstieg der Sterbezahlen zur Folge hatte, bis zu der Annahme, dass Millionen Tote durch die Coronamaßnahmen verhindert worden sind.
Als Statistiker habe ich mich gefragt, welche der beiden Einschätzungen der Realität wohl näher kommt und habe die offiziellen Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes und des Robert-Koch-Instituts (RKI) einer gründlichen Analyse unterzogen. Statistisch ausgewertet habe ich den Zeitraum vom Beginn der Pandemie im Jahr 2020 bis zu deren Ende im Jahr 2022.
In den Jahren 2020, 2021 und 2022 sind insgesamt 3.067.186 Menschen in Deutschland gestorben.1 Darunter befanden sich dem RKI zufolge 161.336 Coronatote.2 Das entspricht einem Anteil von 5,3 Prozent.
Als Coronatote gelten dem RKI alle Verstorbenen, die positiv auf Corona getestet worden sind, unabhängig davon, ob sie an oder mit Corona gestorben sind. Entsprechend wird der Begriff auch in der vorliegenden Studie verwendet.
Modellansatz zur Abschätzung der jährlichen Übersterblichkeit
Die entscheidende statistische Größe, um Sterbefallzahlen angemessen beurteilen zu können, ist die Übersterblichkeit, d.h. ist die Frage, wie stark die Zahl der Toten von der erwarteten Anzahl abweicht. Dabei steht man vor der Schwierigkeit, die Zahl der zu erwartenden Todesfälle verlässlich abzuschätzen.
Es sind verschiedene Vorgehensweisen möglich, und je nachdem für welche man sich entscheidet, wird man höhere oder niedrigere Werte für die Übersterblichkeit erhalten, werden diese differenzierter oder weniger differenziert ausfallen und werden die Ergebnisse für die einzelnen Jahre mehr oder weniger gut miteinander vergleichbar sein.
Im vorliegenden Fall ist eine mittlere Vorgehensweise gewählt worden, bei der vor allem Wert auf die Robustheit des Verfahrens und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse gelegt wurde.
Die Gesamtzahl der Sterbefälle in Deutschland ist im vergangenen Jahrzehnt, trotz der Fortschritte in der Medizin, kontinuierlich gestiegen. Der Anstieg rührt von der zunehmenden Zahl alter Menschen her und ist eine Folge der hohen Geburtenraten in der Vergangenheit.
Der Zuwachs der Zahl alter Menschen wirkt sich stärker auf die Sterbezahlen aus als der, den Anstieg dämpfende medizinische Fortschritt. Wichtig für jede prognostische Überlegung ist, ob sich die Entwicklung so fortsetzen wird oder nicht.
Und hier geht das Statistische Bundesamt davon aus, dass die Zahl alter Menschen im kommenden Jahrzehnt ähnlich stark ansteigen wird wie in den zurückliegenden Jahren.3 Damit ist die Voraussetzung für ein Prognosemodell gegeben, bei dem die jährlichen Sterbedaten entsprechend der Entwicklung in den letzten Jahren in die Zukunft fortgeschrieben werden.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Sterbefallzahlen alle Personen umfassen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. in einem bestimmten Zeitraum gestorben sind. Sie sind unabhängig von der Todesursache.
In Jahren mit ausgeprägtem Infektionsgeschehen (z.B. bei Grippewellen) sind die Werte folglich höher als zu "normalen" Zeiten. Dieser Effekt muss berücksichtigt werden, wenn man verlässliche und aussagekräftige Prognosewerte anstrebt.
Im vorliegenden Fall ist dem Rechnung getragen worden, indem die Jahre mit ausgeprägten Grippewellen um die Zahl der Grippetoten bereinigt worden sind. Hierfür ist auf entsprechende Schätzwerte des RKI zurückgegriffen worden.4
Betroffen von der Korrektur sind die Grippejahre 2013, 2015, 2017 und 2018. Die grippebereinigten Sterbedaten bilden die Grundlage zur Abschätzung des zu erwartenden weiteren Verlaufs der Sterbezahlen.
Die Prognosewerte entsprechen folglich der Anzahl der Toten, die zu erwarten wäre, wenn keine außergewöhnlichen Infektionswellen das Sterbegeschehen beeinflussen. Das Ergebnis der Prognoserechnung kann der Abbildung 1 entnommen werden.
Die Regressionsgerade ist mit einem Bestimmtheitsmaß von 95 Prozent verbunden, stimmt also sehr gut mit den grippebereinigten Ausgangsdaten überein. Als Folge davon, und weil das Statistische Bundesamt davon ausgeht, dass die Zahl alter Menschen zukünftig ähnlich stark zunehmen wird wie in der Vergangenheit, können die Prognosewerte für die Jahre 2020, 2021 und 2022 als recht verlässlich eingestuft werden. Die leichten Abweichungen der Regressionsgeraden vom linearen Verlauf rühren von den Schaltjahren her.
Übersterblichkeit in den Coronajahren 2020 bis 2022
Auffällig an der Entwicklung der Sterbezahlen im Prognosezeitraum ist die stetig wachsende Kluft zwischen der erwarteten Zahl an Sterbefällen und der tatsächlichen Anzahl.
Während die Werte im Jahr 2019 noch nahe beieinander liegen, steigt die Übersterblichkeit danach kontinuierlich an und beläuft sich 2022 auf fast 85.000 Sterbefälle. Das ist eine äußerst überraschende und zugleich irritierende Entwicklung, die niemand so vorausgesehen hat.
In Abbildung 2 sind die jährlichen Übersterblichkeitswerte prozentual dargestellt. Man erkennt, dass die Übersterblichkeit im ersten Coronajahr (2020), als die Pandemie einsetzte und die Angst der Menschen, an einer Covidinfektion zu sterben, extrem groß war, mit einer Quote von 3,10 Prozent gar nicht besonders hoch war.
Sie ging nicht über das hinaus, was man von Jahren mit ausgeprägten Grippewellen gewohnt war. Im Grippejahr 2013 betrug die Übersterblichkeit 3,16 Prozent, 2015 lag sie bei 3,81 Prozent und 2018 bei 2,84 Prozent.
Der Eindruck, dass im Jahr 2020 wesentlich mehr Menschen gestorben sind als in den Grippejahren zuvor, ist nicht so sehr dem realen Geschehen geschuldet, als vielmehr der medialen Berichterstattung und den politischen Reaktionen und Maßnahmen auf das Krankheitsgeschehen.
Außergewöhnlich hohe Sterbequoten sind erst in den Folgejahren zu beobachten. Im Jahr 2021 steigt die Übersterblichkeit auf 5,77 Prozent an und im Jahr 2022 dann sogar auf einen absoluten Rekordwert von 8,65 Prozent. Ob es eine derart hohe Übersterblichkeit wie 2022 in der Bundesrepublik/DDR schon einmal gegeben hat, ist sehr fraglich und eher unwahrscheinlich.
Die extreme Übersterblichkeit überrascht vor allem, weil sie vor dem Hintergrund der immensen Anstrengungen gesehen werden muss, die von politischer Seite unternommen worden sind, um die Coronapandemie einzudämmen und Menschen vor dem Tod zu bewahren.
Und vollkommen ungewiss ist, wie die Entwicklung weitergehen wird. Niemand kann sagen, ob die Übersterblichkeit ihren Höhepunkt erreicht hat oder ob sie weiter ansteigen wird, da niemand weiß, warum die Sterbezahlen so extrem stark zugenommen haben.
Interpretation der jährlichen Sterbezahlen und offene Fragen
Die unten abgebildete Tabelle 1 gibt einen zusammenfassenden Überblick über das Sterbegeschehen während der Pandemie.
Zusätzlich zu den allgemeinen Sterbedaten sind die vom RKI ausgewiesenen Coronasterbezahlen mit angegeben.
Vergleicht man die Coronasterbezahlen mit den Übersterblichkeitswerten, so zeigt sich, dass Letztere in den Jahren 2020 und 2021 niedriger ausfallen, als man nach der Zahl der Coronatoten erwarten würde. Die Übersterblichkeit macht lediglich 68 Prozent bzw. 78 Prozent der Coronatoten aus.
Im Jahr 2022 kehrt sich die Situation dann um, und das in dramatischer Weise. Jetzt ist die Übersterblichkeit plötzlich fast doppelt so hoch wie die Zahl der Coronatoten: einer Übersterblichkeit von 84.580 Verstorbenen stehen "lediglich" 46.426 Coronatote gegenüber.
Warum unterscheidet sich das Sterbegeschehen im Jahr 2022 so sehr von dem der Vorjahre? Woran sind die vielen Menschen, die 2022 über das erwartete Maß hinaus gestorben sind, ohne coronainfiziert zu sein, stattdessen gestorben?
Es ist schon sonderbar, dass die hohe Übersterblichkeit im Jahr 2022 von offizieller Seite bisher kaum zur Kenntnis genommen wird und selbst beim RKI kein intensives Bemühen erkennbar ist, mehr über die Hintergründe in Erfahrung zu bringen – zumal, wenn man bedenkt, wie hektisch und lautstark zu Beginn der Pandemie, als noch jedes Leben zählte, auf steigende Sterbezahlen reagiert worden ist.
Wie lässt sich diese Diskrepanz im Verhalten erklären?
Rührt sie vielleicht daher, dass, wenn man der Frage nach möglichen Ursachen ernsthaft nachgehen wollte, man kaum darum herumkäme, das offizielle, sehr einseitige Narrativ von der lebensrettenden Wirkung der mRNA-Impfstoffe infrage zu stellen?
Haben die Impfungen möglicherweise zwar das Leben vieler alter und vorerkrankter Menschen verlängert, gleichzeitig jedoch die Gesundheit vieler anderer, zum Großteil jüngerer Menschen nachhaltig geschädigt, in vielen Fällen vielleicht sogar deren Tod herbeigeführt?5
Letzteres kann angesichts der Neuartigkeit der mRNA-Impfstoffe nicht ausgeschlossen werden. Dafür, dass es so sein könnte, spricht die starke Zunahme der gemeldeten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Komplikationen nach Coronaimpfungen.6 Besorgniserregend ist besonders die hohe Zahl gemeldeter Todesfälle (vgl. Tab. 2).
Für 2021 sind dem Paul-Ehrlich-Institut sage und schreibe 2.255 Todesfälle gemeldet worden, bei denen der Verdacht besteht, dass die Coronaimpfung den Tod verursacht hat. Und selbst im ersten Halbjahr 2022, als die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, nicht mehr besonders ausgeprägt war und die meisten Menschen lieber auf einen weiteren Piks verzichteten, gingen immer noch 768 Todesfallmeldungen ein.
Leider ist nicht bekannt, wie sich die Zahl der Verdachtsmeldungen im zweiten Halbjahr weiterentwickelt hat, da das Paul-Ehrlich-Institut die Werte nicht mehr allgemein zur Verfügung stellt. Warum man glaubt, auf die Veröffentlichung einer solch wichtigen medizinischen Kenngröße verzichten zu können, wird nicht näher erläutert.
In den fünf Jahren vor Corona sind dem Paul-Ehrlich-Institut hingegen nie mehr als 30 Todesfälle pro Jahr gemeldet worden, und das, obwohl größenordnungsmäßig ähnlich viele Menschen geimpft worden sind wie in der Coronazeit.7
Verheerende Bilanz für Coronaimpfung
Das ist eine verheerende Bilanz für die Coronaimpfung, die von Medien, Politik und Wissenschaft bisher fast vollständig ausgeblendet, man könnte auch sagen totgeschwiegen wird.
Solange der Sachverhalt nicht offen kommuniziert wird, sind die politisch Verantwortlichen wenig glaubwürdig, wenn sie herausstreichen, wie wichtig es doch sei, die bisherige Coronapolitik aufzuarbeiten und aus den Fehlern zu lernen.
Die hohe Zahl gemeldeter Todesfälle ist vermutlich einer unter mehreren Gründen, warum es so lange gedauert hat, bis die mRNA-Impfstoffe regulär zugelassen worden sind. Erst im Oktober 2022 bzw. im Januar 2023 erteilte die EU-Kommission, auf Vorschlag der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), den mRNA-Impfstoffen von Moderna, Pfizer, Janssen und AstraZeneca die Standardzulassung.
Die Zulassung erfolgte, ohne dass grundlegend neue Erkenntnisse von den Pharmakonzernen vorgelegt worden wären und ohne dass die EMA in der Zulassungsbegründung auf die außergewöhnlich hohe Zahl gemeldeter Todesfälle in angemessener Weise eingegangen wäre.
Betrachtet man Tabelle 1 genauer, so kommen auch Zweifel auf hinsichtlich der Wirksamkeit der Impfung. Warum sind im zweiten Coronajahr wesentlich mehr Menschen an Corona gestorben als im ersten Jahr?
71.084 Coronatote im Jahr 2021 gegenüber 43.826 im Jahr 2020. Hat die Impfung möglicherweise nicht so gut gewirkt, wie es Politiker, Mediziner und Impfstoffhersteller erwartet und versprochen hatten?
Immerhin waren Ende 2021 72 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft und sehr viele Menschen hatten sich, den offiziellen Empfehlungen folgend, ein drittes und teilweise sogar ein viertes Mal impfen lassen. Demgegenüber war 2020 praktisch noch niemand in Deutschland gegen Corona geimpft.8
Und wenn man speziell die Personengruppe der Über-60-Jährigen betrachtet, die im Jahr 2020 immerhin 96,5 Prozent aller Coronatoten ausmachte, so ist die Entwicklung noch viel weniger zu verstehen. Denn die alten Menschen konnten sich nicht nur als Erste impfen lassen, sondern sind Ende 2021 auch zu 87 Prozent doppelt geimpft.
Wieso macht sich eine derart hohe Impfquote nicht in den Coronasterbezahlen bemerkbar?
Auch dass im Jahr 2022 mehr Coronatote zu beklagen sind als 2020, wirft Fragen auf. Im ersten Coronajahr, als die gefährliche Wuhan-Variante das Infektionsgeschehen beherrschte und niemand (von wenigen Ausnahmen abgesehen) geimpft war, starben dem RKI zufolge 43.826 Menschen an oder mit Corona.
Zwei Jahre später hat sich die ungefährlichere Omikron-Variante durchgesetzt und der Großteil der Bevölkerung ist mindestens zweimal geimpft oder hat eine Infektion durchgemacht und so einen Immunschutz aufgebaut, und trotzdem sind mit 46.426 Verstorbenen mehr Coronatote zu beklagen als im Jahr 2020. Wie ist das möglich? Warum zeigt sich kein deutlicher Rückgang in den Sterbezahlen?
Fundierte und einleuchtende Antworten auf diese offensichtlichen Ungereimtheiten gibt es von medizinischer Seite bis heute nicht. Und auch die Politik zeigt wenig Interesse, sich mit solchen "Detailfragen" näher zu befassen.
Abschließende Anmerkung
Es liegt auf der Hand, dass mit statistischen Überlegungen allein keine ursächlichen Zusammenhänge begründet werden können. Dafür muss der Nachweise zusätzlich fachlich abgesichert sein.
Doch im medizinischen Bereich tut sich diesbezüglich bisher wenig – trotz der immer wieder geäußerten Ansicht, wie wichtig es doch sei, die Coronapandemie aufzuarbeiten. Bei Fragen nach den Ursachen der Übersterblichkeit bewegt man sich weiterhin (fast wie zu Beginn der Pandemie) im Raum des Spekulativen.
Man vermutet, dass die hohen Übersterblichkeitswerte von verschobenen Operationen oder ausgefallenen Vorsorgeuntersuchungen herrühren oder hält sie für eine Folge des allgemeinen Personalmangels. Datenbasierte Erkenntnisse liegen solchen Erklärungen nicht zugrunde und so wirken sie auch nicht sonderlich überzeugend.
Doch wenn man aus der Coronapandemie für die Zukunft etwas lernen will, ist mit Spekulationen nicht viel gewonnen, egal, wie überzeugend sie klingen. Hier hilft nur konkretes Wissen.
RKI und Paul-Ehrlich-Institut sollten ihrer Verantwortung gerecht werden und die vielen offenen Fragen, die es zum Sterbegeschehen während der Coronapandemie von medizinischer Seite her gibt, endlich unvoreingenommen und ergebnisoffen erforschen.
Und das kann nur bedeuten, dass die Impfung als mögliche (direkte oder indirekte) Ursache für die hohe Übersterblichkeit in die Untersuchungen einbezogen wird und man sie nicht von vorneherein ausschließt, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.