Covid-19: Einkaufsfenster für Rentner - aber nicht in deutschen Supermärkten

Symbolbild: Paul Townsend. Lizenz: CC BY-SA 2.0

In der Bundesrepublik gibt es im Vergleich zu anderen Ländern nur wenige besondere Anstrengungen zum Schutz besonders gefährdeter Gruppen

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Das Risiko, an einer Covid-19-Erkrankung zu sterben, ist unter älteren Menschen und Personen mit Vorerkrankungen sehr viel höher als unter jüngeren und gesunden, bei denen die Symptome häufig nur milde oder moderat sind. Deshalb ist das Risiko, das Senioren aktuell mit einem Einkauf eingehen (vgl. Coronavirus: "Verhinderung einer unerwünschten räumlichen Dichte von Menschen"), sehr viel höher als das von Millenials, die sich häufig entsprechend sorgloser verhalten. Auch beim Einkauf.

Supermärkte in Ländern wie Irland, Wales, Norwegen, Belgien und Australien haben nun auf dieses Problem reagiert. Sie bieten Zeitfenster an, in denen sie nur noch alte Menschen hereinlassen, die auf diese Weise die nötigen ein- bis eineinhalb Meter Sicherheitsabstand zu anderen Einkäufern einhalten können.

In den irischen Filialen der britische Supermarktkette Tesco dürfen nun Montags, Mittwochs und Freitags zwischen (je nach Öffnungszeit) sieben oder acht und neun Uhr morgens ausschließlich Personen einkaufen, die mindestens 65 Jahre alt sind oder eine besondere Gefährdung nachweisen können.

Mitarbeiter der Gemeinde bewachen den Eingang

Tescos ebenfalls britischer Konkurrent Iceland bietet diese Leistung täglich zwischen 8 und 9 Uhr an - und zwar nicht nur in Irland, sondern auch Wales. In Belgien sorgt die Supermarktkette Delhaize darüber hinaus mit Kundenzählungen an den Ein- und Ausgängen dafür, dass sich nicht zu viele Gefährdete auf einmal im Laden befinden.

Im norwegischen Salangen, wo die Einkaufsstunden für Rentner zwischen 7 und 9 Uhr liegen, sorgen Mitarbeiter der Gemeinde dafür, dass in dieser Zeit nicht auch Personen, denen Verbote egal sind, ihre Einkäufe verrichten. Bei Woolworths in Australien müssen Kunden im Rentnereinkaufsfenster zwischen 7 und 8 Uhr einen Ausweis vorzeigen, um hereingelassen zu werden. Zu dieser Maßnahme entschloss sich Managing Director Claire Peters wegen nicht näher ausgeführter "Ereignisse" in der letzten Woche.

Fast eine Woche Wartezeit beim Zustelldienst

Supermärkte in Deutschland wollen sich diesen Beispielen bislang nicht anschließen, wobei sie die Gründe dafür offen lassen. Bei Aldi Nord. Kaufland und Real heißt es lediglich, man habe keine entsprechenden Pläne. Edeka ließ eine Anfrage von Telepolis, ob es entsprechende Vorkehrungen gibt und ob man der der Meinung ist, dass der in Bayern verkündete Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern ausschließlich für Gaststätten, aber nicht für Supermärkte gilt, ebenso unbeantwortet wie das bayerische Innenministerium.

Bei Rewe hat zwar die österreichische Tochter Billa ein freiwilliges Senioreneinkaufszeitfenster zwischen 8 und 9 Uhr ausgerufen, aber nicht die deutsche Führung. Und auch bei Lidl gilt das nach "Kundenfeedback" eingeführte Zeitreservat zwischen neun und elf Uhr nur in Irland und Nordirland, aber nicht in der Bundesrepublik. Lebensmittellieferdienste könnten hier eine Ansteckgedrängelvermeidungsalternative für Rentner sein - aber nur dann, wenn sie bereits genügend Vorräte angelegt haben, um die nächsten Tage über die Runden zu kommen. Bei Amazon Fresh beispielsweise gibt es den nächsten freien Zustelltermin in München erst am Dienstag den 24. März.

Auch Terminals sind nicht ganz ungefährlich

Eine weniger große Gefahr als durch Personen, die keine ein- bis eineinhalb Meter Abstand halten, droht dem Berliner Virologen Christian Drosten nach durch Oberflächen und Gegenstände (vgl. Covid-19: Achtung bei Geruchs- und Geschmacksverlust!). Von manchen Akteuren verbreitete Warnungen vor Bargeld lassen zudem außer Acht, dass man sich beim elektronischen Bezahlen möglicherweise einem größeren Ansteckungsrisiko aussetzt. Auf Kunststoff hält sich das Virus nämlich mit bis zu 72 Stunden deutlich länger als auf Papier (24) oder Kupfer (4).

Die Gesetzgeber in den deutschen Bundesländern haben bis auf Besuchsverbote in Krankenhäusern und Altenheimen bislang kaum besondere Anstrengungen zum Schutz besonders gefährdeter Gruppen unternommen. Man konzentriert sich stattdessen mit der Schließung von Universitäten, Schulen, Kindertagesstätten und Spielplätzen auf Kinder und junge Leute, die die meisten und körperlich engsten Sozialkontakte haben (wie man regelmäßig an der Verbreitung von Läusen sieht).

In Berlin bleiben in acht der zwölf Stadtbezirke sogar die Spielplätze offen, was die dortige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci damit begründete, dass man ja mit Kindern über Abstandsregeln "reden" könne.

In Sozialen Medien stieß das ebenso auf Skepsis wie die Ankündigung des Berliner Senats, zusammen mit der Bundeswehr ein Corona-Krankenhaus für 1000 Patienten zu errichten. In der russischen Hauptstadt Moskau ist man mit dem Ziel von 500 bis 600 Betten etwas bescheidener, will dafür aber auch innerhalb eines Monats fertig werden.

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