Covid-Impfstoffe: Pfizer will Milliarden-Storno-Zahlung von EU

Ursula von der Leyen. Archivfoto (2014): Tobias Kleinschmidt/CC BY 3.0 DE

Nachverhandlungen über zu viel bestellte Impfdosen: Medienberichte über Angebot des US-Pharmakonzerns. EU agiert ohne Transparenz. Zum Stand der Dinge.

Es war ein richtig großes Geschäft und es bleibt ein richtig großes Geschäft – für den US-Pharmakonzern Pfizer: Die EU bestellte im Mai 2021 vertraglich eine riesige Menge Covid-Impfstoff, die Hintergründe sind nicht geklärt.

Jetzt stellt sich heraus, dass man viel zu viel bestellt hat (Corona-Krise: EU bestellte neun Impfdosen pro Bürger) und verhandelt neu mit dem Impfstoff-Hersteller. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Alles unklar.

Wie die Financial Times, gestützt auf gut informierte, aber anonyme Quellen, und Reuters berichten, sieht es ganz danach aus, dass Pfizer eine hübsche Milliardensumme von der EU für Impfstoffe erhalten soll, die gar nicht erst produziert werden müssen.

Zum "Storno" hinzukommt, wie berichtet wird, nach den Wünschen des Herstellers eine garantierte Abnahme von Covidimpfdosen bis 2026, die ebenfalls Milliarden in die Kasse des Unternehmens spülen würde. Die EU müsste bezahlen, ohne Garantie, ob sie die Impfdosen benötigt.

Nur die Hälfte geliefert

900 Millionen Impfdosen wurden von der EU im Mai 2021 bestellt. Wegen ausbleibender Nachfrage sind davon "nur die Hälfte oder mehr" geliefert worden, berichtete Reuters, Ende Januar. Im Text wird "etwas mehr" dann später mit "bis zu 500 Millionen" wiedergegeben.

Es gab im Vertrag von 2021 noch eine Option auf weitere 900 Millionen Dosen bis Ende 2023, die kluger- oder glücklicherweise gestrichen wurde.

Nachverhandlungen

Bei den laufenden Verhandlungen zwischen der EU um eine neue Abmachung über eine Menge zwischen 450 und 500 Millionen Dosen. Laut Financial Times schlägt Pfizer vor, eine gewisse Menge nicht zu liefern, aber dafür 10 Euro pro Dose zu verlangen und bis 2026 jährlich 70 Millionen Dosen zu liefern: Zu einem Preis, der noch nicht festgelegt wurde.

Der ursprüngliche festgesetzte Preis betrug 19,50 Euro pro Dosis. Mittlerweile liest man von horrenden Preisen, die Pfizer für eine Impfdosis verlangt.

Rechnungen

Trotz der Unabwägbarkeiten lässt sich eine Rechnung aufmachen: Nach Pfizers Vorschlag sollen bis 2026 jährlich 70 Millionen Impfdosen geliefert werden: 4 x 70 Millionen = 280 Millionen. Nimmt man die laut Vertrag von Mai 2021 noch ausstehende Gesamtlieferung von 450 bis 500 Millionen Dosen als Grundlage, so beläuft sich die Menge der Impfdosen, die nicht geliefert werden, auf 170 bis 220 Millionen, die mit zehn Euro pro Dosis abgegolten werden sollen. Das wären zwischen 1,7 und 2,2 Milliarden Euro für nichts.

Polen und einige andere mitteleuropäische Länder würden sich weigern, diese Änderungen im Vertrag zu unterzeichnen, "weil sie nicht für ausgefallene Dosen zahlen wollen", berichteten die Quellen, die mit den Verhandlungen vertraut sind, der Financial Times.

Die Nachrichtenagentur Reuters, die zum Deal-Vorschlag "Halber Preis für nichts" auch Biontech erwähnt, stellt eine andere Rechnung auf:

Der neue Vorschlag von Pfizer Inc. und BioNTech an die Europäische Union inmitten eines Überflusses an Covid-19-Impfstoffen sieht vor, dass die Mitgliedstaaten für jede der etwa 70 Millionen stornierten Dosen die Hälfte des Preises, d. h. etwa 10 Euro zahlen.

Reuters

Reuters beruft sich dabei auf Angaben der Financial Times (FT). Dort heißt es zwar:

Der neue Vorschlag sieht vor, dass die Mitgliedstaaten für jede stornierte Dosis die Hälfte des Preises - etwa 10 Euro - zahlen, so Personen, die den Verhandlungen nahe stehen und auch die Zahl von 70 Millionen pro Jahr bestätigten.

FT

Aber die bestätigte Zahl von 70 Millionen pro Jahr gehört in einen anderen Kontext – damit ist nicht die Zahl der stornierten Dosen gemeint, sondern der Vorschlag der Lieferung von "über rund 70 Millionen Covid-19-Impfungen pro Jahr bis 2026".

Die beiden Artikel zu den laufenden Verhandlungen im Hintergrund – die noch nicht abgeschlossen sind – sind schon eine Woche alt. Sie datieren vom 30. April. Mag sein, dass sich die deutschen Medien mit Berichten zurückhielten, weil es noch kein spruchreifes Verhandlungsergebnis gibt.