Crack und Waffen: Kostet Joe Biden der Prozess gegen seinen Sohn das Amt?

Hunter Biden

Nun vor Gericht: Hunter Biden. Bild: Domenico Fornas, Shutterstock.com

Verfahren startet im Heimatstaat der Familie Biden, Delaware. Es geht um schwere Drogensucht und illegalen Waffenbesitz. Wie die Republikaner den Fall nutzen.

Der ehemalige US-Präsident und republikanische Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im November, Donald Trump, wurde kürzlich in einem Strafprozess verurteilt – es war das erste Mal, dass ein ehemaliges US-Staatsoberhaupt dieses Schicksal ereilte.

Nun gibt es ein weiteres juristisches Novum: Zum ersten Mal steht das Kind eines amtierenden Präsidenten vor Gericht. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, und der Angeklagte, Hunter Biden, trägt keine politische Verantwortung für das Handeln seines Vaters; und umgekehrt. Auf die Wahl im November könnte der Prozess dennoch Auswirkungen haben.

Das Verfahren gegen Biden hat am Dienstag in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware begonnen. Dies ist das erste Mal, dass ein Kind eines amtierenden Präsidenten vor Gericht steht. Hunter Biden, 54 Jahre alt und einzig überlebender Sohn des Präsidenten, wird vorgeworfen, beim Kauf einer Handfeuerwaffe im Jahr 2018 über seinen illegalen Drogenkonsum gelogen zu haben.

Für die Drogendelikte drohen ihm bis zu 25 Jahren Gefängnis. Zudem ist er wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt, da er die Waffe im Oktober 2018 elf Tage lang besaß.

In seinem Eröffnungsplädoyer betonte Staatsanwalt Derek Hines, dass niemand über dem Gesetz stehe, unabhängig vom Namen oder Status. Hunter Biden habe sich bewusst dazu entschieden, als Konsument von Crack und Drogenabhängiger eine Waffe illegal zu besitzen, so Hines.

Belastende Memoiren

Im Gerichtssaal wurden Ausschnitte aus Hunter Bidens Memoiren "Beautiful Things" abgespielt, in denen er seinen Abstieg in die Sucht beschreibt. Die Anklage präsentierte auch ein Bild der Handfeuerwaffe Colt Cobra, um die es in dem Fall geht.

Die Verteidigung argumentierte, dass Hunter Biden zum Zeitpunkt des Waffenkaufs keine Drogen konsumierte und die Waffe nie geladen, getragen oder genutzt worden sei. Hunter Biden selbst hat erklärt, seit 2019 drogenfrei zu sein.

Brisanter Prozess, brisanter Zeitpunkt

Der Prozess, der bis zu zwei Wochen dauern könnte, findet zu einem politisch brisanten Zeitpunkt statt: Präsident Joe Biden steht vor einer möglichen Wiederwahl und nur Tage vor Beginn des Prozesses wurde Donald Trump, sein Gegner im November, wegen Geschäftsbetrugs verurteilt.

Die Verhandlungen gegen Hunter Biden erschweren die Bemühungen der Demokraten, den Trump ins Visier zu nehmen zu richten. Zumal gegen Hunter Biden ein weiteres Verfahren wegen Steuerhinterziehung in Kalifornien läuft.

Die First Lady Jill Biden und Ashley Biden, die Tochter des Präsidenten, waren am Dienstag im Gericht anwesend. Präsident Joe Biden selbst war nicht anwesend, äußerte aber in einer Stellungnahme, dass er und seine Frau "stolz" auf ihren Sohn seien.

Er betonte, als Präsident nicht zu schwebenden Verfahren Stellung nehmen zu können, aber als Vater "unendliche Liebe für seinen Sohn, Vertrauen in ihn und Respekt für seine Stärke" zu haben.

Prozess persönlich und politisch belastend

Hunter Bidens juristische Probleme stellen nicht nur eine politische Ablenkung dar, sondern haben auch emotionale Wunden der Familie wieder aufgerissen. Er erinnert an seine Zeit als Drogenabhängiger und an frühere Schicksalsschläge.

Sein Bruder Beau starb 2015 an Krebs und seine Schwester Naomi sowie seine Mutter Neilia, die erste Ehefrau Joe Bidens, kamen 1972 bei einem Autounfall ums Leben.

Hunter Biden steht schon seit Längerem im Visier der Republikaner. Es gab sogar Untersuchungen im Kongress wegen Vorwürfen der Korruption und des Machtmissbrauchs. Bisher wurden jedoch keine Anklagen erhoben.

Hunter Bidens Geschäftsbeziehungen in China und der Ukraine dienten ebenfalls als Grundlage für Versuche republikanischer Abgeordneter, Amtsenthebungsverfahren gegen seinen Vater einzuleiten. Alle diese Versuche liefen juristisch ins Leere.

Das Weiße Haus hat letztes Jahr klargestellt, dass im Falle einer Verurteilung keine präsidiale Begnadigung für Hunter Biden erteilt wird.

Trumps Prozess kann ihn nicht stoppen

Daher versuchen die Republikaner, das Verfahren im laufenden Wahlkampf, der nun in seine heiße Phase tritt, zu nutzen. Gewählt wird Anfang November und Trump ist der erste Ex-Präsident der USA, der jemals eines strafrechtlichen Vergehens für schuldig befunden wurde.

Wie schon in der Vergangenheit, ist es Trump aber gelungen, seine Verurteilung vor einem Gericht in New York, zumindest teilweise zu seinen Gunsten zu nutzen: Im Mai hatte er eine Rekordsumme von 141 Millionen Euro Wahlkampfspenden verzeichnet – offen bar auch infolge der Verurteilung.

Auch sein Start auf der Videoplattform TikTok war überaus erfolgreich, dort folgen ihm unmittelbar nach dem ersten Auftritt 1,7 Millionen Menschen. All das zeigt: Donald Trump ist weder pleite noch politisch isoliert, wie das in Teilen der medialen Berichterstattung dargestellt worden ist.