DMT in der Therapie: Wie Psychedelika das Gehirn verändern
DMT und andere Psychedelika haben das Potenzial, positive Veränderungen im menschlichen Gehirn zu induzieren
(Bild: OLaLa Merkel/Shutterstock.com)
Psychedelika wie DMT können das Gehirn schnell verändern. Doch wie genau funktioniert dieser Prozess? Ein Gastbeitrag.
Der menschliche Geist kann sich verändern – allerdings meist nur langsam und unter großen Anstrengungen, wie etwa beim Erlernen einer neuen Sportart, einer Fremdsprache oder bei der Genesung nach einem Schlaganfall.
Das Erlernen neuer Fähigkeiten korreliert mit Veränderungen im Gehirn, wie die neurowissenschaftliche Forschung an Tieren und funktionelle Hirnscans beim Menschen zeigen. Es ist wahrscheinlich, dass sich etwas in Ihrem Gehirn verändert, nachdem Sie Analysis gelernt haben.
Außerdem dehnen sich die Motoneuronen im Gehirn aus und ziehen sich zusammen, je nachdem, wie oft sie benutzt werden – ein neuronales Abbild von "use it or lose it".
Die Menschen würden sich wünschen, dass sich ihr Gehirn schneller verändern könnte – nicht nur beim Erlernen neuer Fähigkeiten, sondern auch bei der Bewältigung von Problemen wie Angst, Depression und Sucht.
Kliniker und Wissenschaftler wissen, dass es Zeiten gibt, in denen sich das Gehirn schnell und dauerhaft verändern kann. Am häufigsten sind dies traumatische Erlebnisse, die einen unauslöschlichen Eindruck im Gehirn hinterlassen.
Aber auch positive Erlebnisse, die das Leben zum Besseren verändern, können schnell eintreten. Man denke an ein spirituelles Erwachen, eine Nahtoderfahrung oder ein Gefühl der Ehrfurcht vor der Natur.
Sozialwissenschaftler bezeichnen solche Ereignisse als psychologisch transformierende Erfahrungen oder einschneidende mentale Zustände. Für den Rest von uns sind es Wendepunkte. Es wird vermutet, dass diese positiven Erlebnisse schnell einige "Verdrahtungen" im Gehirn verändern.
Wie kommt es zu diesen schnellen positiven Veränderungen? Es scheint, dass das Gehirn einen Weg hat, schnelle Veränderungen zu ermöglichen. Und hier wird es wirklich interessant: Psychedelisch unterstützte Psychotherapie scheint sich diesen natürlichen neuronalen Mechanismus zunutze zu machen.
Psychedelisch gestützte Psychotherapie
Menschen, die eine psychedelische Erfahrung gemacht haben, beschreiben sie gewöhnlich als eine mentale Reise, die sich nur schwer in Worte fassen lässt. Sie kann jedoch als ein veränderter Bewusstseinszustand mit Wahrnehmungsverzerrungen, veränderter Selbstwahrnehmung und schnell wechselnden Gefühlen beschrieben werden.
Es wird vermutet, dass es zu einer Entspannung der höheren Kontrolle des Gehirns kommt, die es tiefer liegenden Gedanken und Gefühlen ermöglicht, ins bewusste Bewusstsein zu treten.
Psychedelisch unterstützte Psychotherapie kombiniert die Psychologie der Gesprächstherapie mit der Kraft der psychedelischen Erfahrung. Forscher haben Fälle beschrieben, in denen Probanden nach einer sechsstündigen Sitzung mit der psychedelischen Substanz Psilocybin in Kombination mit Psychotherapie über tiefe, persönlich transformierende Erfahrungen berichteten.
Beispielsweise erlebten Patienten, die sich Sorgen um das Fortschreiten ihrer Krebserkrankung machten, rasch Erleichterung und eine unerwartete Akzeptanz des bevorstehenden Endes. Wie kommt es dazu?
Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass neue Fähigkeiten, Erinnerungen und Einstellungen im Gehirn durch neue Verbindungen zwischen Neuronen kodiert werden – ähnlich wie die Äste eines Baumes, die zusammenwachsen. Neurowissenschaftler bezeichnen diesen Wachstumsprozess als Arborisation.
Mit Hilfe der sogenannten Zwei-Photonen-Mikroskopie können Forscher diesen Prozess in lebenden Zellen beobachten, indem sie die Bildung und Rückbildung von Dornfortsätzen an Nervenzellen verfolgen. Dornfortsätze sind die Hälfte der Synapsen, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen ermöglichen.
Wissenschaftler gingen davon aus, dass eine dauerhafte Dornfortsatzbildung nur durch fokussierte, sich wiederholende mentale Energie erreicht werden kann.
Ein Labor in Yale hat jedoch kürzlich eine schnelle Dornfortsatzbildung im frontalen Kortex von Mäusen nach einer Dosis Psilocybin dokumentiert.
Die Forscher fanden heraus, dass Mäuse, denen das aus Pilzen gewonnene Medikament verabreicht wurde, eine um etwa 10 Prozent erhöhte Dornfortsatzbildung aufwiesen. Diese Veränderungen traten einen Tag nach der Behandlung auf und hielten über einen Monat an.
Ein Mechanismus für psychedelisch induzierte Veränderungen
Psychoaktive Moleküle verändern die Gehirnfunktion hauptsächlich über Rezeptoren auf den Nervenzellen.
Der Serotonin-Rezeptor 5HT, von dem bekannt ist, dass er durch Antidepressiva beeinflusst wird, existiert in verschiedenen Subtypen. Psychedelika wie DMT, der chemische Wirkstoff des pflanzlichen Psychedelikums Ayahuasca, stimulieren einen Rezeptortyp, der als 5-HT2A bekannt ist. Dieser Rezeptor scheint auch hyperplastische Zustände zu vermitteln, wenn sich das Gehirn schnell verändert.
Diese 5-HT2A-Rezeptoren, die durch DMT aktiviert werden, befinden sich nicht nur auf der Oberfläche der Nervenzellen, sondern auch im Inneren der Nervenzellen. Nur der 5-HT2A-Rezeptor im Zellinneren ermöglicht schnelle Veränderungen der neuronalen Struktur.
Serotonin kann die Zellmembran nicht durchdringen, weshalb Menschen nicht halluzinieren, wenn sie Antidepressiva wie Prozac oder Zoloft einnehmen. Psychedelika hingegen dringen durch die Zellmembran und beeinflussen den 5-HT2A-Rezeptor, was zu dendritischem Wachstum und vermehrter Dornfortsatzbildung führt.
Hier trifft sich die Geschichte. DMT ist nicht nur der Wirkstoff von Ayahuasca, sondern auch ein endogenes Molekül, das natürlicherweise im Gehirn von Säugetieren synthetisiert wird. Menschliche Neuronen sind also in der Lage, ihr eigenes "psychedelisches" Molekül zu produzieren, wenn auch wahrscheinlich nur in winzigen Mengen.
Es ist möglich, dass das Gehirn sein eigenes körpereigenes DMT als Werkzeug für Veränderungen nutzt – zum Beispiel bei der Bildung von dendritischen Dornfortsätzen an Neuronen –, um entscheidende mentale Zustände zu kodieren.
Und es ist möglich, dass psychedelisch unterstützte Psychotherapie diesen natürlich vorkommenden neuronalen Mechanismus nutzt, um Heilung zu ermöglichen.
Ein Wort der Vorsicht
In ihrem Essayband "These Precious Days" beschreibt die Autorin Ann Patchett, wie sie mit einer Freundin, die an Bauchspeicheldrüsenkrebs litt, Pilze nahm.
Die Freundin hatte eine mystische Erfahrung und spürte eine tiefere Verbindung zu ihrer Familie und ihren Freunden. Patchett hingegen sagte, sie habe acht Stunden lang "Schlangen in einem Kessel aus pechschwarzer Lava im Zentrum der Erde hochgewürgt". Für sie war es wie der Tod.
Psychedelika sind stark, und keine der klassischen psychedelischen Drogen wie LSD ist bisher für die Behandlung zugelassen.
Die US-amerikanische Food and Drug Administration hat 2019 Ketamin in Kombination mit einem Antidepressivum zur Behandlung von Depressionen bei Erwachsenen zugelassen. Psychedelisch unterstützte Psychotherapie mit MDMA (oft als Ecstasy oder Molly bezeichnet) bei PTBS und Psilocybin bei Depressionen befinden sich in Phase-3-Studien.
Edmund S. Higgins ist Außerordentlicher Professor für Psychiatrie und Familienmedizin an der Medizinischen Universität von South Carolina (USA).
Dieser Text erschien zuerst auf The Conversation auf Englisch und unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.