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Dachlos

Wie uns die Deutschen ganz normal vorkamen und sich das langsam änderte. Eine Erfahrung in einer speziellen deutschen Sprache.

Beim J tut sich im wunschdeutsch nix, also gleich weiter zum K. Die deutshen haben sich im 19. jarhundert allmälich zu groszen K-fäns entwickelt, und irgendwann war die communication vollkommen durch kommunikation ersetzt. Dabei würde das C auch genügen, es war ja nich irrefürend. Aber beim CH mit /k/-laut haben sich die deutshen gelerten gedacht, das is doch so schön komplizirt und irrefürend, dass wir es so lassen müssen! Irrefürend is es weil das CH normalerweise für die laute wie in bach und wie in gicht benutzt wird. Na ja, vollenden wir, was wir schon vor so langem angefangen haben, die totale herrschaft des K! Die kaotischen kristen erfanden die kromatografie, die natur das kromatofor.

Es gibt auch die fälle mit CH's, die im norden als SCH, im süden als K ausgesprochen werden: chemie, chirurg. Kann man schreiben wie mans ausspricht, kemie, schirurg, oder um nich noch eine deutshland-teilung zu riskiren, weiterhin CH schreiben, als kompromiss.

Ach so ja: 'weg' im sinne von 'Ich bin weg' schreibt sich 'wek'. Heute mal wider was unpolemisches, damit es nich durch die hitze zum kurzschluss kommt.

Meine damalige frau und ich waren auf einer trämp-reise um die welt und fanden einen jobb in einer minga (München, münchner) fabrik, die brillenramen färbt. Bis jetz kamen uns die deutshen ganz normal vor, allmälich merken wir doch einen unterschid: sie schimpfen auf wildfremde leute nach herzenslust – wir brasilianis schimpfen nur im ramen der familie und des engen freundeskreises.

Und man denkt sich als auslander in Deutshland, mit dem werd ich nie wider ein wort reden! Eine halbe stunde später kommt der mensch daher und redet mit einem als wär nix gewesen.

Die deutshen sind erlicher als vile auslander, und das heisst auch, dass die wut leicht sichtbar wird, wenn sie welche haben. Man sagt 'ja', wenn man 'ja' meint, und 'nein', wenn man 'nein' meint. Im japanishen gibt es sowieso kein richtiges wort für 'nein', und wenn man dem japaner was vorschlägt und er nich begeistert is, sagt er, er wird es sich ernsthaft überlegen.

Der brasilianer sagt ja, ja, sogar mit begeisterung, meint aber nein. In Brasilien sagt man, dise gringos sind schon komisch: man sagt inen beim abschid, sie sollen mal vorbeikommen, und die kommen tatsächlich vorbei!

'Gringo' is übrigens in Brasilien jeder, der kein brasilianer is. Argentinier oder paraguayer in Brasilien ärgert das ser, wenn sie gringos genannt werden.

In Brasilien, wie auch in andren kulturen wie der angelsaxishen und der japanian, is der umgang miteinander ser sanft, vor allem im japanian, im deutshen is er deutlich rauer, dafür weiss man meist ganz klar, was der andre meint. Einmal felt ein mitarbeiter, am näxten tag kommt er wider, der chef fragt ihn was passirt is. Der mitarbeiter erklärt, er hatte vorgestern ein risenrausch und gestern ein risenkater. Aha, sagt der chef und get.

In Brasilien würde nich der chef gen sondern der mitarbeiter. Der brasilianishe mitarbeiter erzält deteijirt, wie sein opa auf der autoban überfaren wurde oder wie ein samurai ihn überfallen und den kopf abgeschnitten hat. Der chef glaubt ihm kein wort, kann es aber nich beweisen und der mensch hat wenigstens eine dramatische geschichte erzält.

Zu sagen, man hatte einen kater is eine grenzenlose respektlosigkeit! Ausserdeem kann der brasilianishe chef sicher sein, dass der mitarbeiter die ausrede nich zu oft benutzen kann, so vile opas kann keiner haben. Übrigens, japanishe brasilianer gibt es millionen, aber wenige sind von beruf samurais.

Die bauhütte

Wir wonen bei freunden, aber die zin irgendwann aus und in der neuen wonung is kein platz für uns. Wir suchen verzweifelt eine wonung, finden keine und müssen den chefs sagen, wir können nich weiter arbeiten weil wir keine wonung finden. Sie biten uns an, in der bauhütte zu bleiben, bis wir was besseres gefunden haben. Die wurde von den bauarbeitern benutzt, die die fabrik bauten.

Es is kurz vor weinachten und sie sagen, wir dürfen keinen weinachtsbaum mit kerzen drin haben, das wär nach ansicht der feuerweer eine straftat. Ich sage, wir werden nur ein par feuerwerke in der hütte krachen lassen. Einer der chefs sagt, "Nein nein, um gottes willen!" Der hat meinen scherz ernstgenommen, aber nich jeder deutshe hat keinen sinn für scherze.

Die freunde versorgen uns mit möbeln und allerlei haushaltszeugs und es wird ser wonlich in der hütte, wir machen sogar oft partis. Dann wird es aber richtig kalt und windig, etwas problematisch weil wir schlaf- und wonzimmer haben, plus bad und küche, und nur zwei elektro-heizkörper.

Um 3 ur in der nacht wachen wir auf weil es auf unser bett schneit: ein groszes dachstück is weggeflogen. Ich besorge mir ter und leiter (nich leicht um die urzeit) und versuch das dachstück wider am dach festzukleben, was gar nich leicht is weil der ter so schnell einfrirt – wir haben ca. minus 10 grad. Ich ste auf dem dach, meine laune is im keller.

Ein andermal frirt das ganze wassersysteem ein, wir müssen warmkompressen an den rören machen, das zeigt mer wirkung als wir wollten: ein ror im bad platzt und schiszt mit voller wucht einen wasserstral ununterbrochen auf die wand gegenüber.

Wo is aber der schalter, verdammt noch mal, mit dem man das wasser stoppen kann? Wir finden ihn nich in der hütte, ich ge in die fabrik, da is ein maschinenraum wie in einem u-boot mit hunderten von hebeln und tasten – keine ahnung!

Die feuerweer kann man nich anrufen, weil wir da verbotenerweise wonen, und die telefonnummern von den chefs haben wir auch nich, die lage is verzweifelt. Aber am ende finden wir doch einen hebel hinter/unter der klobrille. Wir zin uns dann aus und hängen unsere sachen auf, am näxten morgen kann meine hose one fremde hilfe sten, alles is eingefroren. Und wir könnten in der ganzen hütte schlittschu faren, wenn wir schlittschu faren könnten.

Eines morgens klopft es an der tür, wir machen auf und da sten ein par unbekannte männer: sie sind von der baufirma und wollen die hütte mitnemen. Wir beeilen uns mit dem packen, aber lange bevor wir fertig sind, sind die bauarbeiter fertig und die hütte is wek. Die möbel und das ganze zeug stet da auf freier fläche.

Die chefs biten uns an, in der fabrik drinnen zu schlafen. Wir schlafen dann im labor, aber es stinkt bestialisch. Wir zin dann in den umkleideraum, und in der frü, wenn die mitarbeiter kommen, müssen wir unser lager aufräumen. Irgendwann zin wir dann weiter, um Europa zu erkunden, kommen später wider, da finden wir aber eine wonung.

500 mark wek

Kurz vor der abreise holen wir geld von der bank. Später zuhause merken wir, dass 500 mark felen, wo sind die nur gebliben??? Und wärend wir uns gedanken machen, ruft die bank an und fragt ob wir was verloren haben. Ja, geld! 500 mark! Wir gen hin und krigen es zurück. Ein mädchen wollte grade die bank betreten und sa die 500 mark vor der tür.

Sie nam es rein, die bankangestellten dachten sich, das kann nur dises kaotische brasilianishe par gewesen sein, und haben uns angerufen. Ich hatte merere grosze noten in die innentasche der jacke gesteckt, aber irgendwie is ein schein rausgerutscht. Das mädchen sa gut aus und bekam ein finderlon.

Einmal hat eine mitarbeiterin einen schönen fladen mitgebracht. Das soll käse sein, wir bewundern ihn und die mitarbeiterin schenkt uns eine hälfte, sie meint, so vil käse braucht sie e nich. Zuhause schneiden wir uns 2 scheiben erwartungsvoll raus, und nach dem ersten biss fragen wir uns gleichzeitig: Denkst du was ich denk? Ja! Da is scheisse drin – wörtlich! Es war aber nur ein stinkkäse, allerdings ein ganz brutaler.

In Brasilien haben die meisten leute keine ahnung, dass es so was geben kann, wir essen auch keine stinktire! Inzwischen hab ich sogar gelernt, das zeug zu essen one zu jammern, aber eine rindsroulade is mir immer noch liber.


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