Das Scheitern der Neuen Linken
Seite 3: Grüne, Hipster, Bobos, Genderisten und Veganer
- Das Scheitern der Neuen Linken
- "Heimat" ist schuldig
- Grüne, Hipster, Bobos, Genderisten und Veganer
- Mittelschichtdenken
- Auf einer Seite lesen
Der zahlenmäßig größere Teil der Nachfolgegeneration der 1968er-Eltern hat sich mittlerweile weitgehend mit dem System arrangiert. Das Selbstverständnis dieser Postmaterialisten bzw. Multikulturalisten ist links-grün (was nicht zwangsläufig Grünwählen heißt) und Elektronik-affin, also mit "kalifornischer Ideologie" aufgeladen.
Die Gesellschaft wäre zwar grundsätzlich zu reformieren, aber dabei geht es nicht mehr um ökonomische Ungleichheit, sondern in erster Linie um kulturellen Umbau und Umerziehung: bio-sauberes, fleischloses Essen, Handwerkliches zählt, angelesene oder abgeschaute distinktionsfähige Kennerschaft, eigene Behaglichkeit, das Gruppengefühl und vor allem das Respektiertwerden. Typisch ist die grüne Lehrerin, die wegen ihres Sicherheitsempfindens mit dem Rad lieber auf dem Gehsteig fährt - so viel Toleranz und Verständnis müssen die anderen Fußgänger schon aufbringen.
Die weitgehende Abhängigkeit vom links-grünen Gruppendenken (Vernetztsein als Lebensziel, das Gruppenparadoxon, also die Vernichtung der Individualität durch die Gruppe, der Herdentrieb, wird dabei akzeptiert) ist übrigens eines der schweren Versäumnisse dieser Großgruppe. Meist überbehütet aufgewachsen, viel Lob, kein Tadel, jede Kränkung wurde ferngehalten, also ganz anders als die 68er-Eltern erzogen, mitunter nie erwachsen, geschweige denn fit für eine brutale Wettbewerbsgesellschaft geworden. Und ja klar, bei manchen Äußerungen von Multikulti- oder Gender-Exponent*innen ließe sich, nach herkömmlichen Maßstäben, auch am Geisteszustand zweifeln.
Armutsfeindschaft
An die verwahrloste und fettgefressene Unterschicht will man nicht anstreifen, dazu wäre sie ohnedies unbelehrbar und an ihrer Malaise selbst schuld (was übrigens eine schöne neoliberale Denkfigur abgibt). Jedoch Oberflächliches, Kleingruppen-Fragen und mangelnde Gleichstellung werden gerne skandalisiert, etwa wenn es um die insgesamt 2 Prozent Nichtheterosexuelle (Der Berg kreißte und gebar eine Maus) geht oder die 7 Prozent Vegetarier und Veganer.
Das Hochjazzen von Minderheitsbefindlichkeiten, das Anklagen der "gruppenorientierten Menschenfeindlichkeit" und der ganze Hokuspokus um Respekt und Achtung der Gefühle von postmaterialistischen Mittelschicht-Sensibelchen, auch wenn es um höchstpersönliche Ausdrucksformen wie die Sprache eines anderen Menschen geht (in der Art von "Ich fühle mich durch nichtgegenderte Sprache rassistisch verfolgt"), hat natürlich die alten und harten Konflikte in der Gesellschaft: wie krass unterschiedliche Lebenschancen und Einkommen, die Ausbeutung am Arbeitsplatz, ebenso am Konsumgütermarkt, den totalitär werdenden Überwachungsstaat und die Entwertung des Politischen in der Öffentlichkeit, völlig aus Denken, Verstehen und Sprache verloren.